Ich wachte um sieben Uhr auf, weil der Liebste nach oben kam (er hatte mir noch einmal aus Krankheitsgründen das obere Schlafzimmer überlassen und war runter gegangen). In der Nacht hatte ich einige düstere, traurige Träume gehabt und war irgendwann aufgestanden, um mein schweißnasses T-Shirt zu wechseln. Danach lag ich noch etwas wach und hörte den Lastwagen auf der Bundesstraße zu, schlief schließlich wieder ein. Am Morgen fühlte ich mich recht wach.
Gleich nach dem Aufstehen (und Tee machen und richtig Wachwerden) schrieb ich eine E-Mail in die Firma, dass ich heute meine Termine abgesagt hatte und auf E-Mail-Standby bin (also per Mail mehr oder weniger erreichbar, aber sonst im Erholungs-Modus). Ich fühlte mich wieder besser und die Mandeln sahen auch deutlich weniger angeschwollen und belegt aus (Antibiotikum sei Dank), aber ich war froh, wirklich etwas Pause machen zu können. Es fühlte sich auch gut an, nicht richtig krankgeschrieben zu sein (sondern Minusstunden zu machen – ich sollte sowieso Stunden abbauen). So konnte ich den Tag in dem Tempo einteilen, wie es mir gut tat, ohne schlechtes Gewissen in beide Richtungen (zu wenig – aber ich würde gern XY, das würde mir gut tun / zu viel – aber das darfst du nicht, du bist doch krankgeschrieben).
Beim Frühstück waren wir beide recht uninspiriert und hatten einfach zwei Scheiben Brot mit Pflanzenaufstrich, eine übrige aufgeschnittene grüne Paprika (gute Idee, rohes Gemüse zum Frühstück mag ich sehr, sollte ich öfter machen) und etwas Multivitaminsaft. Danach ging der Liebste arbeiten, ich ließ mir etwas mehr Zeit: Beim Mailschreiben am Morgen hatte ich gleich gesehen, dass meine Inbox ziemlich leer war, ich hatte also keine Eile. Nach etwas Lage-Podcast und Zeit im Bad fuhr ich um kurz vor zehn meinen Rechner hoch.
Die nächsten Stunden verbrachte ich im Arbeitszimmer damit, dass ich durch einige alte Unterlagen und Erinnerungsstücke durchging, die sich angesammelt hatten, während der Rechner lief und mich durch Signalton bei ankommenden Mails benachrichtigte. Soweit zumindest die Theorie, in der Praxis kamen nur sehr wenige Mails, die ich schnell beantwortet hatte. Komisches Gefühl: Habe ich meine Arbeitsorganisation so gut im Griff, oder ist meine Anwesenheit überflüssig…? (Der Grund war eher, dass ich am Freitag/Montag selbst wenig aktiv war und deshalb auch weniger Reaktionen und Rückfragen kamen.)
Mein Plan war gewesen, einmal durch alle Stapel an Zetteln durchzugehen, die noch von meinem Sabbatical im Arbeitszimmer lagerten, aber das stellte sich schnell als etwas überambitioniert heraus. Ich schaute mir als erstes einen kleinen Stapel an, der noch von einer Hochzeit einer Freundin in England 2018 übrig war (da war ich mit dem Liebsten zusammen das erste Mal in England gewesen). Das ging recht schnell, einiges warf ich weg, ein paar Dinge klebte ich in meinen 2018er-Kalender.
Damit war ich schon mal sehr zufrieden und ging mit dem Liebsten für die Mittagspause aus dem Haus, Essen beim afrikanischen Imbiss holen (auch das etwas, was ich mich nicht „getraut“ hätte, wenn ich richtig krankgeschrieben gewesen wäre, dabei taten mir die Schritte an der frischen Luft gut).
Als nächstes also das Sabbatical. Ich hatte während meiner Zeit in England regelmäßig „Reiseberichte“ geschrieben und schon länger mit dem Gedanken gespielt, sie auf den Blog zu stellen (als eine Art Reisearchiv in erster Linie für mich). Ich suchte also nach den Reiseberichten (kurzer Moment der Panik, als ich dachte, sie wären verschwunden) und ging sie einmal durch, editierte ein bisschen und begann dann, sie Stück für Stück online zu stellen und in die Chronologie einzusortieren (also mit passendem 2019er-Datum). Das dauerte, mit gleichzeitigem Fotos-Ansehen und Auswählen, insgesamt länger als gedacht. Am Ende hatte ich gerade einmal die ersten 14 Tage London online, war damit aber sehr zufrieden. Nur die Zettelstapel hatten sich nicht wirklich verringert, aber irgendwo muss man ja anfangen.
Ausreichend „erholt“ fühlte ich mich, und ich nahm mir zwischendrin sogar die Zeit, den Kater im Garten zu besuchen (wäre da gern länger geblieben, wenn es nicht dem reinsten Pollen-Bad gleichgekommen wäre). Emotional war es interessant: Viele meiner Gefühle aus dem Februar 2019 waren wieder sehr präsent (und diese waren durchaus ambivalent, neben Aufregung und Gespanntheit auch viel Einsamkeit, Unsicherheit und Überforderung – das war schlagartig besser geworden, als ich dann aus London abreiste).
Der Liebste hatte am Abend ein Treffen mit Kolleg:innen (eine Einweihungsfeier, weil die Abteilung in ein neues Gebäude gezogen ist, etwas ironisch, wenn man bedenkt, dass quasi alle im Home Office sind) und war um halb sechs aus dem Haus gegangen. Er wollte eigentlich nur eine Stunde bleiben, kam aber dann erst um kurz nach neun wieder. So hatte ich den Abend allein, fuhr um halb sieben den Rechner runter und machte mein Essen warm (eine Portion Lasagne, die ich am Morgen aus dem Gefrierfach geholt hatte). Nachdem ich den Tag mit viel Denken und Lesen verbracht hatte, bestand die Abendunterhaltung aus etwas YouTube. Als der Liebste dann wiederkam, hatten wir noch eine Cantaloupe-Melone als Nachtisch und ließen das Italien-Schweiz-Spiel nebenher laufen, schalteten aber vorzeitig ab und gingen ins Bett.