Ich merkte deutlich, dass die Nacht recht kurz gewesen war, auch wenn ich eigentlich gut geschlafen hatte. Der Liebste war schon mitten in der Nacht aufgestanden und ins Wohnzimmer gewechselt, am Morgen zeigte er mir die langen Kratzer auf dem Schenkel, wo der Kater ihn nachts angefallen hatte – nicht aus Aggression, sondern weil er beim Versuch aufs Bett zu springen abgestürzt war und sich mit den Krallen festgehalten hatte. Das fand ich lustig, der Liebste eher nicht so. Auf jeden Fall war er dann hellwach gewesen und hatte sich zum Lesen ins Wohnzimmer gelegt. Am Morgen waren wir also beide nicht in bester Form. Allerdings hatten wir beide einen Tag im Büro geplant und konnten uns deshalb keinen gemütlichen Start erlauben. Nach einem Porridge mit restlichen Bananen, Tierversorgung und einer schnellen Dusche gingen wir um halb neun aus dem Haus.
Mit meinem Vormittag war ich ganz zufrieden, ich bereitete etwas Unterricht vor und arbeitete einiges im Büro weg, was sich nur vor Ort machen lässt. Außerdem hatte ich mit meiner Kollegin eine längere, wichtige Besprechung (produktiv, auch wenn sie in den Seilen hing, da sie am Abend zuvor ihre zweite Impfung erhalten hatte – sie ging dann früher nach Hause). Unter anderem schauten wir uns die seit Montag geltende Corona-Verordnung an und stellten fest, dass es da nicht wirklich Interpretationsspielraum gibt: Ab jetzt werden alle Präsenzveranstaltungen bei uns (und damit auch die Prüfungen) nur noch für Geimpfte, Genesene oder aktuell Getestete zugänglich sein. Ich änderte dann gleich mal unsere Dokumente um und informierte die Teilnehmenden an den nächsten Prüfungen darüber. Ich hatte schon darüber nachgedacht, ob wir das als Institution sowieso einführen, es ist mir ehrlich gesagt Recht, dass es jetzt eine klare Basis dafür gibt.
Mittags holte der Liebste mich ab und wir gingen zum Essen in die Stadt (eigentlich hatten wir zum afrikanischen Imbiss gewollt, aber da wir jetzt beide im Büro waren, passte das nicht). Wir gingen zu einem Bistro, in dem man sich im Grunde genommen Eintopf mit verschiedenen Komponenten selbst zusammenstellen kann, da das Ganze aber „Buddha Bowl“ genannt wird, finden es die Leute toll und wollen es alle haben. Immerhin gab es trotzdem keine Schlange. Und keine Sitzplätze: Das Bistro hatte wohl keinen Bock auf die 3G-Regel (und sowieso recht wenig Platz drinnen) und bot das Essen nur zum Mitnehmen an. Davon wurden wir etwas überrascht (hätten wir das gewusst, hätten wir Essensschüsseln mitgenommen – immerhin waren die Verpackungssachen dort alle plastikfrei und kompostierbar). Wir setzten uns dann zum Essen auf die Mühlstraßen-Treppe auf eine Bank in die Sonne, sehr gemütlich.
Danach noch einen doppelten Espresso bei Michele, wo wir dann das erste Mal unsere Impfnachweise vorzeigen konnten. Freute mich ein bisschen.
Nachmittags hatte ich eine Besprechung mit meiner Kurskollegin für den kommenden Unterricht und anschließend einen Einzelunterricht. Der Teilnehmer hatte darum gebeten, den Unterricht vor Ort in Präsenz zu machen, also ließ ich mir (es war der erste Termin) gleich am Eingang den digitalen Impfnachweis zeigen. Dann freuten wir uns beide ein bisschen darüber, dass wir vollständig geimpft sind. Im Unterricht hantierte ich dann seit Monaten wieder mit Papierdokumenten und Whiteboard – ungewohnt. Aber ich kann es noch.
Um halb sechs ging ich heim und bespaßte erst einmal ein bisschen den Kater. Der Liebste war noch nicht zu Hause und der Kater fand es offensichtlich doof, so lang allein gewesen zu sein (war er nicht mehr gewöhnt). Leider hatte ich nur wenig Zeit, ab kurz vor sechs saß ich wieder am Rechner für einen zweiten Einzelunterricht. Allerdings loggte sich die Teilnehmerin nicht ein – als ich per Mail nachfragte, hatte ich die Uhrzeit falsch notiert, wir starteten erst um halb sieben bis halb acht. Das war für mich etwas doof – ich konnte zwar von sechs bis halb sieben etwas arbeiten, trotzdem wurde der Abend dadurch lang.
Der Liebste war mittlerweile heimgekommen, hatte frische Pilze geholt und eine wunderbare Tom Kha gekocht, also aßen wir gleich nach meinem Unterricht zu Abend, dazu ein bisschen englische Häuslebauer auf Netflix. Um halb neun ging ich wieder ins Arbeitszimmer: Ich musste noch den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten. Ich hatte gedacht, ich wäre in einer halben Stunde fertig, aber Pustekuchen: Als ich den Rechner endlich runterfuhr, war es Viertel nach zehn. Ich war total kaputt, aber auch total aufgekratzt, bis wir dann endlich richtig ins Bett gehen konnten, war es fast elf. Was für ein Marathon-Tag.