Feiertag, Donnerstag 1.8.2024

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch / Tessin
Spoiler: Man kann hier schwimmen, auch wenn es nicht so aussieht.

Die Nacht war wieder okay – trotzdem wachten wir am Morgen erst um halb neun auf. Offensichtlich waren wir jetzt so allmählich im richtigen Urlaubsmodus angekommen. Für den Tag hatten wir geplant, auf dem Berg zu bleiben und in erster Linie zu lesen und so, deshalb ein langsamer Start. Schnelle Dusche, dann gemütliches Frühstück mit Brot und Aufstrich (wir schnitten das in Intragna am Montag gekaufte Brot an – SEHR gut), und dann saßen wir die nächsten Stunden auf diversen Bänken, bei uns eine Kanne Tee, später etwas Kaffee, dann noch einmal eine Kanne Tee, wechselten immer wieder mal den Platz, wenn die Sonne wanderte. Ich schrieb ein bisschen, ansonsten lasen wir. Irgendwann von den Klappstühlen auf die Liegestühle. Das war mehr oder weniger der Tag. Sehr ruhig, da die anderen alle irgendwohin unterwegs waren und das Haus deshalb leer.

Zum Mittagessen machten wir eine große Schüssel Salat mit Tomaten, Gurke und Mandelfeta, danach Kaffee und ein paar Nüsse. Reichte völlig aus. Wieder in die Liegestühle, wo ich einigermaßen entspannt dalag, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass das Wildschwein jetzt bestimmt schläft und erst am Abend wieder kommt und das Rascheln nur irgendwelche Vögel sind oder so.
Prompt raschelte es DIREKT neben mir SEHR laut und irgendwas marschierte aus dem Gebüsch und erschreckte mich zu Tode. Es war dann aber kein Schwein, sondern eine glitzernd grüne, große Eidechse (die mindestens ebenso erschrocken war, quer durch den Garten flitzte und im Gebüsch neben dem Liebsten verschwand). Vermutlich eine Smaragdeidechse, wie ich googelte. Hatte ich auch noch nie gesehen.

Apropos Googeln. Mein Handy hatte ja mehr oder weniger seinen Dienst eingestellt, nachdem ich mein Datenvolumen verbraucht hatte und deshalb die Geschwindigkeit gedrosselt worden war. Eigentlich hätte es trotzdem noch funktionieren sollen, nur langsamer, aber dem war nicht so. Stattdessen suchte es permanent nach dem Netz, brach die Verbindung wieder ab, suchte weiter, meckerte herum und verbreitete generellen Unfrieden. Ich stellte also das Datenroaming aus (und hatte damit praktisch nur noch ein Telefon, kein Smartphone mehr) und ging am späten Nachmittag noch einmal zur Rezeption, dort für 10 Minuten das WLAN nutzen (Bilder hochladen, Mails abrufen, auf ein paar Nachrichten antworten. Darüber hinaus richtete der Liebste an seinem Handy einen Nutzer für mich ein und wir speicherten meinen Fingerabdruck in sein Handy – einfach damit ich den Tag über nach Informationen suchen konnte. Erstens weil ich immer wieder Sachen zu meinem Buch nachlesen wollte, zweitens wegen der tausend kleinen Informationen, die man so braucht und bei denen man sich so komplett daran gewöhnt hat, dass sie einem ständig zur Verfügung stehen (bedeutet die Wolke dahinten, dass es in den nächsten 50 Minuten zu regnen beginnt, wann fährt noch einmal am Samstag der Zug, Schweizer Nationalfeiertag – hören wir dann hier Böllerei?, wo gibt es in der Nähe eine Badestelle am Fluss, ohne dass man Zug fahren muss).

Unser heutiges Badeplätzchen.

Apropos Badestelle. Von unserer Berghütte aus konnten wir den Fluss rauschen hören und wussten, dass dort auch Leute zum Baden gingen, hatten aber die praktische Stelle noch nicht gefunden (waren auch etwas ratlos, denn der Fluss war natürlich im Tal, und das waren ungefähr 400 Höhenmeter steil nach unten). Am Abend davor hatten wir einmal einen kleinen Pfad ausprobiert, der sich aber innerhalb kürzester Zeit als Klettersteig herausstellte und damit deutlich außerhalb meiner Komfortzone lag (wir fingen an herunterzuklettern, brachen das aber schnell wieder ab). Aber da wir immer wieder Leute in Badekleidung und mit Schlappen vorbeilaufen sahen, wussten wir, dass man theoretisch baden konnte – nur wo? Das versuchten wir am Spätnachmittag herauszufinden.

Hier kann man richtig schwimmen!

Als erstes fragte der Liebste die Leute aus der Nachbarhütte, die gerade mit Bikini, Handtuch und Schlappen unterwegs wären (und mit kleinem Baby im Tragerucksack auf dem Rücken), wo sie denn zum Baden gingen, denn den Kletterweg doch wohl eher nicht…? – Ähm, doch, wie sich herausstellte, machten sie genau das: Sie kletterten ins Tal und badeten da unten. Vermutlich braucht man dafür Schweizer Gene oder so, aber für mich war es völlig unbegreiflich, wie sie da in Sandalen herunterkamen. Der Weg fiel also für uns weg. Wir entschieden uns stattdessen für den „offiziellen“ Wanderweg, der ein paar Meter hinter der Hütte vorbeiführte (breiter, mit Geländer, mehr oder weniger auf der gleichen Höhe), in der Hoffnung, dass der Bach dort oben auch irgendwo zu finden sein würde. „Ah ja, ihr geht zur Mühle, das ist auch sehr schön“ war der Kommentar unserer Nachbarn.
Und das stimmte auch: Nach ungefähr 10 Minuten Fußweg kamen wir an eine Stelle, wo der Fluss (eher „das Flüsschen“) sich etwas staute, bevor er über einen Wasserfall ins Tal fiel, und dort konnte man über die Felsen in den Fluss gehen, etwas herumwaten und an einem ungefähr 15 Meter langen Stück war es sogar so tief, dass man nicht mehr stehen konnte und ein paar richtige Schwimmzüge möglich waren. Unglaublich idyllisch, das Wasser zwar ordentlich kalt, aber bei der Hitze genau richtig, dazu komplett klar bis auf den Grund, und einfach toll. Wir waren natürlich nicht allein, aber es waren außer uns nur wenige Leute dort (darunter eine Gruppe, die ein mannsgroßes aufgeblasenes Krokodil mitgebracht hatte, was ich *leicht* übertrieben fand, aber jeder wie er mag). Sehr, sehr schönes Fleckchen Erde. Oberhalb des Flusses gab es ein Steinhaus, das dem Aussehen nach vermutlich früher tatsächlich eine Mühle gewesen war, wir sahen in der Mauer das alte Mühlrad eingebaut (Mühlenflügel oder so etwas sahen wir allerdings nicht). Ich war total glücklich, dass wir dieses Kleinod entdeckt hatten (und nebenbei sparten wir uns damit auch das Duschen am Abend).

Blick von der Mühle aus in Richtung Wasserfall.

Abends ein paar Sachen ausgewaschen (das Reisewaschmittel hat sich sehr bewährt), während wir uns mit den anderen unterhielten: Sie gingen alle (bis auf eine Familie) zu einem Treffpunkt irgendwo in den Bergen, wo es Gedöns gab zum Schweizer Nationalfeiertag. Wir überlegten kurz mitzugehen, aber wir wussten nicht genau wo und wollten nicht groß bergsteigen und überhaupt hatten wir nichts gegen einen ruhigen Abend. Also blieben wir da und hatten bald das Haus für uns.
Kochen: Wieder das gleiche Essen wie am Dienstag, Zucchini und Zwiebeln in einer Sahnesauce (damit war die Sahne verbraucht) mit den restlichen Penne. Wieder sehr gutes Essen. Den restlichen Abend blieben wir am Balkontisch, warteten auf das Wildschwein (kam aber nicht), tranken zwei Dosen Schweizer Bier, spielten Carcassonne und Backgammon und schauten dem Hof auf dem benachbarten Berghang (auf der anderen Talseite) dabei zu, wie er zur Feier des Nationalfeiertags ein Lagerfeuer anmachte. Um 20 Uhr läuteten ausdauernd die Glocken durchs Tal, und später hörten wir ein paar wenige Böller. Das war es an Besonderheiten. Höchstens dass die anderen recht spät zurückkamen und wir deshalb erst gegen halb zwölf zum Schlafen kamen. Das war aber völlig okay.