Unruhige Nacht mit vielen blöden Gedanken (das geht ja quasi immer Hand in Hand), aber wenigstens noch ein paar Stunden gutem Schlaf in den frühen Morgenstunden, wach geworden durchs Weckerlicht. Beim Runterkommen begrüßte mich das Handy mit der Meldung, dass vor zwanzig Minuten eine orangene Stromsparphase begonnen hatte – etwas blöd, weil die Spülmaschine dringend laufend musste und ich nicht bis zum Abend warten wollte (ich hätte sie nachmittags anmachen können, aber das hätte ich unter Garantie vergessen) und die Handys gehörten natürlich auch geladen. So wirklich viel Einsparpotenzial hatten wir also nicht. Von meinem Arbeitsrechner mal ganz zu schweigen. …und in dem Gedanken verschob ich die Spülmaschine dann doch gegen Mittag.
Der Liebste machte uns ein Müsli, wir blätterten uns durch die Zeitung, und als hätte ich es am Wochenende nicht geahnt, war dort tatsächlich eine Anti-AfD-Demo für den Abend um 18 Uhr angekündigt. Zwar hatte der Liebste zum Bastelverein gehen wollen und ich kochen und so, aber egal, wir disponierten um und planten es uns ein.
Dann ruhiger Morgen, bis ich mir an der Tür zum Esszimmer einen fiesen und sehr schmerzhaften Spreißel in den kleinen Finger der rechten Hand holte. Mit normaler Pinzette und so war dem nicht beizukommen, aber zum Glück wohne ich ja mit einer Person zusammen, die aus Modellbau-Bastelgründen ein Mikroskop im Arbeitszimmer hat: Damit und mit einer extra-spitzen Präzisionspinzette operierte der Liebste mir den Spreißel wieder heraus. Blödes Teil, aber guter Mann.
Um kurz vor acht ging der Liebste aus dem Haus und ich unter die Dusche und dann an den Schreibtisch. Den Vormittag über beschäftigt mit einer Menge Mails und Chatnachrichten, viel klein-klein, viel Gedöns, außerdem Warten im Zoom-Call auf einen Beratungsmenschen, der zwar um einen Termin gebeten, aber dann offensichtlich nicht mehr seine Mails gelesen hatte (der zweite hatte sich zu spät zurückgemeldet, da wartete ich wenigstens nicht). Nebenher und drumherum bereitete ich eine interne Didaktik-Fortbildung zum Thema Unterrichtsplanung vor und las mich dafür mal wieder in diverses Fachmaterial ein. Es machte mir erstaunlich viel Spaß, die Sachen noch einmal zu durchdenken und zusammenzutragen – immer wieder gut, sich Sachen ins Gedächtnis zu rufen und zu vergegenwärtigen.
Pause von halb eins bis halb zwei mit zwei halbwegs zufriedenen Katzen (sie hatten mich den Vormittag über einigermaßen in Ruhe gelassen, mittags wollten sie dann aber schon so eine Kleinigkeit), Zeitungsrätsel und dem restlichen Chili, wunderbar durchgezogen. Ein Stück Zitronenkuchen und eine Tasse Kaffee nahm ich wieder mit an den Schreibtisch. (Vorher stellte ich noch die Spülmaschine an – hurra, dran gedacht.)
Den Nachmittag über war ich dann, neben dem nebenher laufenden Orgakrams, selbst mit Unterrichtvorbereitung für den kommenden Kurs beschäftigt (und versuchte natürlich die vormittags aufgefrischten Grundlagen gleich mal wieder einfließen zu lassen, klar). Leicht abgelenkt war ich durch den Blick aus dem Fenster: Ab mittags hatte es leicht zu schneien begonnen, und das nahm im Lauf des Tages immer mehr zu. Als es dunkel wurde, lag draußen schon eine zwar dünne, aber geschlossene Schneedecke. Hihi.
Der Liebste kam um zwanzig vor sechs nach Hause, zog sich um, wir packten uns (einigermaßen) kälte- und schneesicher ein und gingen in die Innenstadt: Wenn man schon mal wenigstens ein kleines bisschen etwas zur Verteidigung der Demokratie machen kann, dann lässt man sich vom Wetter ja nicht abhalten.
Als wir ankamen, war der Holzmarkt schon so überfüllt, dass wir nicht mehr draufkamen und – neben vielen anderen – in einer der zuführenden Seitengassen stehen bleiben mussten. Was ein bisschen schade war, weil wir dadurch die Redenden nur so halb zu hören bekamen, aber egal, es kam in erster Linie auf die Masse an. Viele, viele sehr junge Leute (aufgerufen hatten die FFF-Ortsgruppe und der Jugendgemeinderat, einige Gewerkschaften, SPD, Grüne und andere Organisationen hatten sich angeschlossen), aber auch viele Eltern mit Kindern, ältere Menschen, insgesamt sehr gemischtes Klientel, mit vielleicht einem leichten Antifa-Überhang. Saukalt, aber die dicht gedrängten Leute wärmten ein bisschen (einige standen mit Maske da, was eine schlaue Idee war, ich ärgerte mich ein bisschen, dass mir das nicht eingefallen war). Ein bisschen zu viele Sprechchöre für mich, ich mag das Brüllen im Chor ja generell nicht und fand die Aussagen oft anstrengend unterkomplex. Aber andererseits auch nichts, was ich gar nicht hätte unterstützen mögen.
Um kurz vor sieben war die Kundgebung vorbei und wir gingen wieder heim – sehr vorsichtig, weil der Schnee in der ganzen Stadt zu Matsch getappt worden und bei Minusgraden wieder festgefroren war, die meisten Bürgersteige im Zentrum waren spiegelglatt. (Die Straßen waren dagegen alle frei, und das abends – mal wieder ein Fall von Prioritäten, denn die Gehwege vor Häusern waren teilweise bereits gestreut, aber die öffentlichen Wege halt nicht.)
Daheim streute der Liebste auch großzügig bei uns und machte sich dann ans Kochen, während ich den Rechner noch einmal hochfuhr und die letzten Takte Unterricht und Mails bearbeitete. Um acht gemeinsames Essen, ein Eintopf mit weißen Bohnen, Weißkohl und Austernpilzen, was bei uns selten auf den Tisch kommt, aber sehr gut war. Und dann Aufwärmen im Wohnzimmer, der letzte Zitronenkuchen und ein paar Folgen Star Trek Prodigy, bis der Liebste auf dem Sofa einzuschlafen begann und wir uns nach oben verzogen.