Um sechs aufgewacht (ohne Kopfweh, einigermaßen ausgeschlafen!) und eine knappe Stunde gelesen bis sieben (mit dem Entschluss, das Buch abzubrechen und in Mexiko zu lassen, nachdem ich gute hundert Seiten gelesen hatte: Joey Goebel, Vincent – erstens konnte ich mich mit keiner einzigen Figur anfreunden, alle waren furchtbar unsympathisch, zweitens nervte mich die deutsche Übersetzung), dann eine halbe Stunde zoomen mit dem Liebsten (der im Büro war und dort Pause machen konnte). Schnelle Dusche, und dann war schon H da, und da wir Frühstück auswärts geplant hatten, fuhren wir auch gleich los. (Man muss hier quasi alles immer mit dem Auto machen.)
Ab neun waren wir zum Frühstücken in einem sehr netten Restaurant (das sich auf Frühstück, Brunch, Lunch spezialisiert hat, es hatte von 8 bis 15 Uhr offen). Ein gutes vegetarisches Angebot, und man konnte problemlos einige Sachen veganisieren (H fragte beim sehr netten Kellner), aber ich entschied mich für ein gefülltes Pita, das sowieso vegan war (mit Pilzen und Avocado, sehr gut). Dazu zwei Tassen Milchkaffee (das Konzept war dem Kellner nicht so ganz bekannt, aber als wir es erklärt hatten – wie Latte, nur nicht aufgeschäumt und in der Tasse statt im Glas – war es gar kein Problem) mit Mandelmilch. Sehr gutes Frühstück.
Gegen halb elf kam P dazu, eine Freundin von H und Kollegin von ihrem Mann (also auch Lehrerin, im Gegensatz zu H und mir halt im Schuldienst und mit Kindern arbeitend), die außerdem bei H (neben Deutsch- auch Spanischlehrerin) Spanisch lernte. Die dritte im Bunde hatte sich wegen Magen-Darm-Virus in der Familie abgemeldet. Wir waren also zu dritt und redeten über alles Mögliche (ich hörte viel zu, weil P und H logischerweise mehr gemeinsame Themen hatten und sich darüber unterhielten, war aber alles durchaus interessant für mich – mit Lehrergesprächen habe ich langjährige Erfahrung).
Gegen halb eins verabschiedeten wir uns und fuhren gleich weiter nach Cholula, einem Vorort von Puebla, um uns dort das Städtchen und die Pyramide anzusehen.
Naja, „Pyramide“. Die Pyramide ist zu einem großen Teil unter der Erde, man sieht also in erster Linie einen großen Hügel. Das stimmt nicht ganz, denn große Teile wurden in den letzten Jahrzehnten ausgegraben, es gibt also weitläufige Ausgrabungsstätten und einen Teil der schrägen Pyramide sieht man auch – aber vor allem sieht man eine Kathedrale. Denn Córtes war der Meinung, da ist halt irgendwie ein Hügel, whatever, stellen wir halt mal eine Kathedrale drauf. Hm. (Manche Quellen behaupten, er habe nicht gewusst, dass das eine besondere Stätte war, andere sagen, er habe die Pyramide sogar extra zuschütten lassen.)
Wir schauten ein bisschen die Ausgrabungen an (in erster Linie aus der Ferne, man müsste Eintritt zahlen und könnte dann trotzdem nicht so richtig nah ran) und gingen dann nach oben (ziemlich schwer atmend, ich bin sowieso nicht so wahnsinnig fit und die Höhe von über 2000 Metern merkt man total). Die Kirche ignorierten wir, stattdessen bewunderten wir den schönen Blick von dort auf die Stadt und das Tal. Den großen Vulkan Popocatépetl konnte man leider überhaupt nicht sehen, er war im Dunst und der Aschewolke komplett verschwunden, aber den kleineren Iztaccíhuatl sah man sehr schön.
Anschließend ausführlichst über die Marktstände und durch die kleinen Lädchen dort. Es war alles schon recht touristisch, aber ich fand es trotzdem angenehm authentisch und nicht kitschig – viele handgemachte Sachen, vieles, was für die Region typisch war. Ich kaufte mir drei Paar Ohrringe (zwei Paar Stecker, ein Paar Hänger), ein Fünfer-Set bemalte kleine Totenköpfe aus Keramik (sehr, sehr typisch für die Gegend und für Mexiko generell, überall sieht man Totenköpfe und Skelette) und schließlich noch eine wunderschöne weiße Bluse mit bunter Stickerei und ein schwarzes Shirt mit einem sehr farbenfrohen (alles sehr bunt hier) Kolibri-Motiv. Das Shirt zog ich gleich an, ich hatte nämlich morgens meinen Pullover angezogen und diesen beim Frühstücken auch gebraucht, aber mittlerweile war es sehr sonnig und hatte ungefähr 24 Grad, gefühlt mehr. Definitiv T-Shirt-Wetter also. Und sowieso hatte ich ja zu wenig Kleider dabei, das Shirt war also willkommen.
Gegen halb sechs trafen wir uns mit J und dem Sohn der Familie S zum Essen in einem winzigen, veganen Restaurant im Zentrum (Vale Vegan). Das Restaurant war eher eine Art Imbiss mit drei Tischen, es war alles ein bisschen handgestrickt (die Möbel aus Pressspan zusammengeschraubt, und während wir da waren, wurde gerade eine Wand mit einem Motiv bemalt), und das Essen dauerte dementsprechend länger. Aber es war ausgesprochen gut. Ich nahm mir drei unterschiedlich gefüllte Tacos (mit einer Art Seitan, mit Pilzen, mit Blumenkohl) und einen Apfelkuchen als Nachspeise. Die anderen teilweise auch Tacos, teilweise Burger oder Hot Dog. Wir wurden ordentlich satt.
Nach dem Essen fuhren J und S wieder heim und H und ich gingen noch einmal schnell durch die Läden: Ich wollte für den Liebsten einen Pullover als Geschenk. Ich wurde auch sehr schnell fündig und kaufte ihm eine Art grauer Trainigsjacke mit einem bronzefarben glitzernden Löwenmotiv (nicht so ganz sicher, ob es ihm nicht zu viel Glitzer ist, aber nun ja) und mir, weil ich halt schon dabei war und er supertoll aussah und gut passte (und extrem günstig war) für mich noch einen schwarzen Hoodie mit grün-gelbem irgendwie mexikanischen Aufdruck. (Man könnte vermutlich genauer herausbekommen, was die Muster bedeuten, aber – nun ja. Für mich war es ein hübsches Design-Feature.)
Daheim dann ein ruhiger Abend. Die drei Kinder durften sich einen Film aussuchen und verschwanden nach oben, und wir Erwachsenen blieben im Wohnzimmer, wo J ein Feuer im Ofen machte (die einzige Heizquelle für den Winter dort, Heizung gibt es nicht, wird aber auch quasi nicht gebraucht) und wir uns über alles Mögliche unterhielten – Deutschland, Mexiko, Arbeit, Politik, Privates, wir hatten genug Gesprächsthemen. Um kurz nach zehn ins Bett (problemlos – ich war im mexikanischen Zeitrhythmus angekommen).