Nach einer ganz guten Nacht stand ich um sechs Uhr auf, der Liebste bald nach mir. Ich fütterte erst einmal unseren Kater und versuchte, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass wir jetzt nur noch ein Tier zu füttern haben. (Ein ziemlich lautes, penetrantes, quengeliges.)
Wir hatten einen ausführlichen Arbeitstag geplant, der Liebste war dementsprechend gestresst. Ein Müsli zum Frühstück, eine schnelle Dusche, dann gingen wir aus dem Haus und holten ein Auto (dieses Mal einen großen Kombi), weil der Liebste beim Baumarkt Material für seine Werkstatt vorbestellt hatte und ich noch ein paar Blumen für das Riesenkaninchen holen wollte. Wir waren eigentlich zu früh für den Termin, aber wurden trotzdem drangenommen. Während der Liebste zum Klick-and-Collect ging, wurde ich zu den Pflanzen geschickt.
Am Baumarkt konnte man schön sehen, wie schwachsinnig das ganze Modellprojekt gewesen war: Der Liebste ging zur Abholstelle (die war groß ausgeschildert), ich ging zum Haupteingang. Dort stand ein ganzes Grüppchen Baumarkt-Mitarbeiter und fragte mich nach meinen Wünschen. Ich würde Pflanzen suchen? Ja dann dürfte ich einfach so rein, die Pflanzen seien ganz rechts. Ich ging also unbehelligt und unkontrolliert nach rechts, vorbei an langen Gängen und Regalreihen, die alle abgehängt und abgesperrt waren mit großen Schildern „hier Zugang nur mit Tagesticket!“ Es waren extrem viele Mitarbeiter zu sehen, deutlich mehr als Kunden (wir waren allerdings auch früh dran). Aber selbst wenn es im Lauf des Tages mehr werden: Ich kann mir im Leben nicht vorstellen, dass dieser Wahnsinns-Personaleinsatz durch die Umsätze abgedeckt wird. Hätte man den Laden zu und nur die Pflanzenabteilung auf (sie ist am Rand, man könnte sie also räumlich gut abtrennen, es gibt auch einen extra Eingang) und Click-and-Collect (auf der anderen Seite), stünde Aufwand und Ertrag in einem besseren Verhältnis. Click-and-Collect wurde gut angenommen und funktionierte prima und war mit deutlich weniger Mitarbeitern machbar. Und irgendwelche Tickets musste man auch nicht kontrollieren. Immerhin wird dieses Quarkprojekt jetzt wohl endlich, endlich ab Montag eingestellt. Vier Wochen zu spät.
Ich kaufte für das Riesenkaninchen zwei Lavendelstöcke. Frühlingsblüher gibt es quasi keine mehr zu kaufen, und an dem Standort, wo wir sie begraben haben, wächst auch nicht so viel. Wenn der Lavendel anwächst, dann haben wenigstens auch die Bienen was davon.
Wieder daheim, lud der Liebste das Material aus und ich packte währenddessen unseren Rucksack: Wir hatten eine Tagesausfahrt nach „München“ geplant, wo der Liebste eine Abluftanlage auf Ebay Kleinanzeigen „an Selbstabholer“ gekauft hatte, unser Tagesplan also eine lustige Fahrt über Land. „München“ in Anführungszeichen, da der Liebste mir zu Beginn der Fahrt eröffnete, dass wir eigentlich gar nicht nach München fuhren, sondern nach Freising, einem Vorort von München. Da man nur mit masochistischen Zügen freiwillig mit dem Auto direkt nach München fährt, war mir das nicht unrecht.
Ich packte also für uns Essen ein (das Mie Goreng von gestern als Mittagessen, noch zwei Brote mit Pflanzenaufstrich als zweites Frühstück – frühes Abendessen, ein Liter Kräutertee, ein Liter Wasser, ein halber Liter Kaffee), während der Liebste Werkzeug und Geräte ins Auto lud. Was mir auch nicht so ganz klar gewesen war: Die Abluftanlage war inklusive Rohren noch fest in der Wand verbaut und musste erst abmontiert werden. (Ich bin mir in solchen Situationen immer nicht so ganz sicher, ob der Liebste das irgendwann mal vorher erwähnt und ich es nicht wahrgenommen oder nicht verstanden hatte, oder ob es ihm „entgangen“ war, das zu erwähnen, oder ob es für ihn selbsterklärend war und er deshalb gar nicht auf den Gedanken kam, dass andere Leute das nicht wissen könnten…)
Auf der Autobahn war wenig los, die Sonne schien (es wurde ziemlich warm), insgesamt eine entspannte Fahrt. Es tat uns richtig gut, endlich mal wieder rauszukommen und etwas Anderes zu sehen, auch wenn es ziemlich bizarr ist, dass eine dreistündige Autobahnfahrt, um eine Maschine einzuladen, in uns schon Ausflugsgefühle hervorruft. Es war faktisch seit über einem Jahr das erste Mal, dass wir die Stadtgrenzen verließen, von der Friedhofspflege in der Nachbarstadt und einem Besuch beim Gynäkologen in der anderen Nachbarstadt mal abgesehen.
In Freising hatten wir noch etwas Zeit und setzten uns auf den Marktplatz zum Mittagessen. Wir konnten uns nicht darauf einigen, ob wir den Marktplatz / die Fußgängerzone / das …Stadtzentrum?? schön finden sollten oder nicht. Der Architektur nach vermutlich aus den neunziger Jahren und eigentlich nicht schlecht gemacht, wirkte es trotzdem etwas seelenlos. Man konnte halt deutlich sehen, dass hier das Projekt „Stadtzentrum“ am Schreibtisch geplant worden war, nachdem das Dörfchen durch die Pendler und Zuzüge aus München so gewachsen war, dass die bisherige Dorf-Hauptstraße nicht mehr ausreichte. (Das war unsere Vermutung, wir haben uns mit der Freisinger Stadtgeschichte nicht näher beschäftigt.)
Die beiden Leute, die die Abluftanlage verkauften, waren ausgesprochen nett. (Wieso wird eigentlich so viel über Ebay Kleinanzeigen gemeckert? Wir hatten bis jetzt überwiegend ganz positive Erfahrungen mit wirklich netten Leuten.) Wir waren ungefähr eineinhalb Stunden mit dem Abbau beschäftigt, der Liebste baute ab, ich reichte Werkzeuge an und drehte die eine oder andere Schraube raus. In den Kombi passte erstaunlich viel, wir konnten einen Großteil der Rohre zusätzlich zur Maschine mitnehmen. Um halb drei fuhren wir wieder zurück. Daheim luden wir zu zweit das Auto wieder leer und räumten alle Maschinenteile ins Vereinsheim (ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich im Verein gar kein Mitglied bin), um sechs waren wir wieder zu Hause.
Daheim fiel ich ein bisschen in ein Loch. Die ganze Aktion war zwar eine schöne Abwechslung gewesen, aber hatte auch ziemlich müde gemacht, und mir steckte der Freitag emotional auch noch in den Knochen. Der Liebste war auch ziemlich kaputt. Wir stellten uns also schnell unter die Dusche, dann sorgte ich fürs Abendessen und der Liebste zog sich aufs Sofa zurück. Während des Kochens hörte ich die neueste Folge des NDR-Podcasts Die Idee, dieses Mal mit Christian Karagiannidis vom DIVI-Intensivregister. Große Podcast-Empfehlung, bisher hat sich jede Folge sehr gelohnt.
Das Abendessen war ein neues Bosh-Rezept, es nannte sich „Nuevos Rancheros“, eigentlich so eine Art mexikanisch angehauchter Bauernpfanne mit Kartoffelwürfeln, Tomaten, Tempeh (in Ermangelung von Tofu, aber Tempeh geht gut), schwarzen Bohnen, Spinat und einer Menge Gewürze. Einfach zu machen und gut. Dazu ein Helles, der Liebste hatte nochmal zwei Flaschen bei unserer Stammkneipe geholt.
Wir hatten keine Lust auf komplizierten Input und schauten auf Netflix eine neue David-Attenborough-Reihe: Die Macht der Farbe, erster Teil. Sehr schöne Bilder, sehr schöne – haha – Farben.