Summer in the city, Samstag 24.7.2021

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch

Nach recht guter Nacht um sieben Uhr aufgewacht und ganz froh gewesen, dass der Kater uns hatte ausschlafen lassen, bis mir einfiel, dass der Kater nicht da war. Besorgt aufgestanden, Sorge punktuell unterbrochen von „wir haben so viel zu tun heute“ und „hahaha URLAUB!!“. Das unzuverlässige Tier kam dann um kurz vor acht zur Klappe reinmarschiert.

Für den Tag hatte sich älterer Verwandtenbesuch in Form von G angekündigt, der eigentlich in Berlin lebt, aber zurzeit verschiedene Dinge in „Westdeutschland“, wie er es albernerweise nennt, zu tun hat und deshalb bei uns vorbeischaute. Eher ein bisschen ein Pflichttermin für mich, aber oh well. Wir machten also morgens nicht lang, gingen nach einer Tasse Tee bald duschen und packten dann die Taschen für den großen Wocheneinkauf. Vorher wälzte ich noch ein paar Kochbücher für das Essen am Sonntagabend, damit wir alles Notwendige auf den Einkaufszettel schreiben konnten.
Um Viertel vor zehn kamen wir los, holten uns zuerst noch beim Lieblingsbäcker ein kurzes Frühstück auf die Hand, dann zum Unverpacktladen. Dort standen wir allerdings vor verschlossenen Türen, denn der Laden macht samstags erst um 11 auf. (Er hat vor kurzem die Öffnungszeiten samstags von 9-13 auf 11-16 Uhr geändert, was uns grundsätzlich eigentlich sehr entgegen kommt, nur heute leider nicht.) So lange konnten wir nicht warten, um 11 wollten wir auf jeden Fall wieder daheim sein. Also weiter zum Alnatura, wo wir dann Sonnenblumenkerne und Olivenöl, die wir sonst im Unverpacktladen geholt hätten, mit einpackten (die anderen Unverpackt-Sachen sind weniger dringend und können warten). Wir waren die letzten Wochen nicht mehr richtig groß einkaufen gewesen, immer nur ein paar kleine Runden mit dem Notwendigsten aus dem Supermarkt, dementsprechend waren unsere Vorräte leer und der Einkaufswagen jetzt voll bis obenhin. Hatte sich also gelohnt.

Daheim nach dem Wegräumen sah ich, dass G (mehrfach) angerufen hatte, während wir weg waren (er hatte natürlich auch am Vorabend angerufen, um zu bestätigen, dass er morgen losfährt, und dann um 9 Uhr morgens, um zu sagen, dass er jetzt tatsächlich aus dem Haus geht). Dieser Anruf hatte jetzt ausnahmsweise einen echten Anlass, auf dem AB die Bitte, ihn auf dem Handy anzurufen, und als ich das machte, dann die Information: Er hatte den ersten Zug morgens verpasst, musste also einen späteren nehmen, bei diesem war dann der Anschlusszug ausgefallen, sodass er einen anderen Anschlusszug nehmen musste (später und über eine andere Strecke), und das bedeutete noch einen Teil Schienenersatzverkehr. Langer Rede kurzer Sinn: Statt wie geplant um zwölf würde er jetzt erst gegen halb drei da sein (nicht schlecht, Deutsche Bahn).
Uns nahm die Ankündigung erst einmal ziemlich Stress raus. Der Liebste legte sich ein bisschen aufs Sofa, er hatte doofe Kopfschmerzen, und ich telefonierte mit meiner Schwester, um unseren kommenden Besuch dort zu planen. Aus dem kurzen Anruf wurde dann eine gute Dreiviertelstunde (es gab einiges zu bequatschen, nicht nur wegen des Besuchs). Dann machten wir uns eine Portion Nudeln mit dem restlichen Pesto, dazu etwas Blattsalat. Um Viertel vor zwei gingen wir los zum Bahnhof.

Es war erstaunlich warm geworden, viel wärmer als angekündigt, und wir waren beide ziemlich überhitzt. Außerdem waren wir viel zu früh da, also kauften wir im Bioladen neben dem Bahnhof erst einmal einen Liter Ingwer-Eistee ohne Zuckerzusatz (gut gegen den Durst, aber scheußlicher Geschmack) und setzten uns etwas in den Park. Um zehn nach zwei gingen wir wieder zum Bahnhof, da als Ankunftszeit 14:13 angekündigt war. Nur kam um 14:13 Uhr überhaupt kein Zug an, weder auf dem Ankunftsplan noch in real. Wir warteten am Ende bis 14:35 Uhr (um 14:29 war ein Zug aus der passenden Richtung angekündigt), dann rief ich schließlich auf dem Handy an: G nahm aufgeregt ab, er war zwar um 14:29 angekommen, aber brauchte für den Weg zur Bahnhofshalle locker fünf Minuten (und hatte auch versucht, mich anzurufen, statt einfach nach vorn zu kommen). Er war etwas empört, dass er es mehrfach auf meinem Handy versucht hatte, dort aber immer „besetzt“ gewesen war (vermutlich hat er sein Prepaid-Guthaben nicht aufgeladen, sodass er keine Anrufe außerhalb seines Netzes machen kann), wollte wissen, ob wir unseren AB abgehört hätten, er hätte auf dem Festnetz angerufen (äh, nein, wir waren ja nicht daheim, sondern am Bahnhof) und verstand nicht, warum ich ihn nicht um zehn nach zwei angerufen hatte, um zu fragen, „ob jetzt alles klappt“. Ich war innerhalb von drei Minuten schon wieder am Ende meiner Toleranzgrenze, der Liebste vermittelte mir telepathisch „es ist egal, er ist alt, reg dich nicht auf“. Spoiler: Nach dem Start wurde der Tag dann erstaunlich okay.

Da G mittlerweile extrem schlecht zu Fuß ist und quasi nur noch in langsamen Trippelschritten laufen kann, und da er durch die misslungene Zugfahrt auch kein Mittagessen gehabt hatte, gingen wir in ein Bistro in der Nähe des Bahnhofs (das Ludwigs, Anhängsel zum gutbürgerlichen Hotel Krone). Es ist ein bisschen zu spießig für meinen Geschmack, aber es gab drei ganz entscheidende Pluspunkte: Erstens nötigen sie einen nicht dazu, die bescheuerte Luca-App zu nutzen, sondern man kann sich alternativ auch mit der CWA einchecken, zweitens haben sie sowohl vor dem Haus als auch nach hinten Außensitzplätze, und drittens war das vegane Angebot für so einen gutbürgerlich-schwäbischen Laden recht ordentlich. Wir blieben am Ende den gesamten Besuch dort, um halb fünf musste G wieder zurück zum Bahnhof (er wollte einen früheren Zug nehmen, damit er in Stuttgart genug Zeit hatte, um den Anschlusszug zu bekommen, was eine gute Idee war – wie gesagt schlecht zu Fuß). Der Liebste und ich teilten uns einen Antipastiteller, als „Nachtisch“ hatte ich dann ein Glas Prosecco (etwas säuerlich) und der Liebste eine Portion Nicecream (also veganes Eis aus pürierten Bananen und Erdnussbutter mit Vanille, sehr gut).
Die Unterhaltung drehte sich wie erwartet um G’s ausufernde Krankheitsgeschichte (er hat neben den arthritischen Knien, dem Bluthochdruck und den Herzrhythmusstörungen mittlerweile noch kaputte Hüften und Altersdiabetes, alles nicht überraschend), dazu diverse Erklärungen, warum alle Ärzte quasi keine Ahnung haben (außer denen, die seiner Meinung sind). Es war etwas ermüdend, aber wie gesagt nicht lang, und außerdem merkte ich, dass ich mittlerweile mehr geneigt war, das als „typisch alter Mann“ abzutun und weniger genervt zu sein. War aber vielleicht auch nur der Prosecco.

Um halb fünf brachten wir G wieder zum Bahnhof und verabschiedeten ihn, hatten dann aber noch keine Lust, wieder heimzugehen: Urlaub, Sonne, Besuch vorbei, schlagartig sehr gute Laune. Wir spazierten also einmal durch die Altstadt und setzten uns bei Michele, unserem Lieblings-italienischen Bistro, auf die Terrasse ans Flüsschen. (Apropos Flüsschen: Die Stadt ist neben dem Neckar noch von mehreren Flüsschen, Bächen und Kanälen durchzogen, und bei Starkregen nehmen diese das Wasser der mehr oder weniger gesamten Westalb auf. Würde hier so etwas wie in der Eifel passieren, sähe die Stadt ganz schön alt aus.)

Gewitter war erst für den Abend angekündigt, die Sonne schien, und wir würdigten mit einem Glas Aperol Spritz eine ehrwürdige Sommertradition. Danach machten wir eine Runde durch die Buchhandlung (ganz nebenbei, die kleine inhabergeführte Buchhandlung, zu der ich vor ein paar Monaten gewechselt bin, weil ich die große Kette nicht unterstützen will, macht zum August zu, weil die Inhaberin altersbedingt aufhört und keine Nachfolge gefunden hat, toll). Natürlich standen wir eine Stunde später mit einem Stapel Bücher wieder an der Kasse, immer das Gleiche. Ich muss aber dazu sagen, dass ich in den letzten Monaten sehr wenig Bücher gekauft habe, das relativiert es ein bisschen. (Vielleicht.)

Auf dem Heimweg kamen wir dann noch am Biergarten unserer Stammkneipe vorbei, setzten uns dort noch für eine Stunde hin und blätterten in den neu erworbenen Büchern. Da es dort einen feinen Grauburgunder gibt, war das Abendgetränk damit auch festgelegt. Um halb acht gingen wir sehr zufrieden heim.
Daheim merkte ich den Alkohol ordentlich, der Liebste (der bis auf den Aperol beim Bier geblieben war) übernahm größtenteils das Kochen (ich half ein bisschen): eine große Portion Chili mit Pilzen, Kidneybohnen und schwarzen Bohnen. Sehr lecker. Der Liebste machte zum Kochen einen spanischen Rotwein (Demba) auf und schenkte sich selbst ein Glas ein, ich verzichtete allerdings, nach diversem Alkohol über den Tag hätte das sonst ein Unglück gegeben. Zum Essen dann etwas YouTube (die Quatschnasen und Mirella hatten etwas Neues), dann TNG, und dann wurde ich ab Viertel nach neun plötzlich todmüde und schleppte mich sozusagen mit letzter Kraft, gefällt vom Weißwein, hoch ins Bett.