Nach einer relativ unruhigen Nacht stand ich sehr früh auf, draußen war es noch stockfinster. Ein Blick auf die Uhr (und ein sehr hungriger Kater) zeigten mir dann allerdings Viertel vor sieben, von wegen sehr früh, einfach nur sehr dunkel. Ich setze große Hoffnungen in den Lichtwecker, so er noch in dieser Dunkelperiode fertig wird. Auf jeden Fall ein bisschen Ruhe am Morgen, Tee und Schreiben, der Liebste stand erst um halb neun auf.
Nach einem sehr reichlichen englischen Frühstück verbrachten wir beide den Vormittag mehr oder weniger vor dem Laptop, der Liebste schrieb das Protokoll für die Vereins-Mitgliederversammlung, ich dachte noch ein wenig bei der Stadtbahn hin und her und fasste meine Gedanken schließlich in einem längeren Blogbeitrag zusammen. Um zehn gingen wir duschen, schauten aus dem Fenster auf den strömenden Regen (die Sonne vom Vortag war erst für den Nachmittag wieder angekündigt) und entschieden uns, mit Regenjacke zum Wählen zu gehen. Gute Idee: Wir waren nach einer Viertelstunde fertig, kaum kamen wir raus, war die Schlange viermal so lang. (Ich darf seit 1992 wählen und noch immer macht mich der Anblick dieser gelebten Demokratie ein bisschen glücklich, ich hätte jedem einzelnen Schlangesteher gratulieren wollen.)
Wieder daheim kümmerte der Liebste sich um die Wäsche und setzte einen Hefeteig an, während ich noch ein bisschen Konservengläser durch die Gegend trug und die Speisekammer-Nische im Keller weiter auffüllte. Leider stellte ich fest, dass sowohl das große Dinkelglas als auch das kleine Weizenglas mit Lebensmittelmotten befallen waren, ich kippte die Körner also schweren Herzens auf den Kompost. Die Gläser sind eigentlich dicht, das Getreide muss also schon vorher befallen gewesen sein. Kommt schon vor, trotzdem ärgerlich.
Anschließend gab ich ein bisschen Geld aus und bestellte im Internet Unterwäsche für den Liebsten (also er suchte raus, es läuft nur über mein Kundenkonto bei Comazo) und außerdem etwas Bettwäsche für uns. Für die Bettwäsche nahm ich einen lokal ansässigen Bettenhändler, der einen zwar unübersichtlichen, aber einigermaßen bedienbaren Onlineshop anbietet. Wenn es klappt, dann habe ich ja gar nichts dagegen, im lokalen Handel zu bestellen. Auch wenn das eine halbe Niere kostet (aber es war immerhin alles in Bioqualität).
Zum Mittagessen machten wir die zweite Hälfte Süßkartoffeleintopf heiß, danach Espresso, Schokolade und Laptop auf dem Sofa. Ich las einiges und bestellte dann ein Holzregal für die Speisenische. (Das Regal unten funktioniert zwar, ist aber eigentlich zu klein, mit einem etwas größeren in Kombination mit diesem sollte es gut reichen.) Ich wartete relativ angespannt auf die Wahlergebnisse und vertrieb mir eine Stunde auf Twitter, wo die Stimmung genauso nervös war.
Der Liebste hatte gleich nach dem Mittagessen aus dem schön gegangenen Hefeteig einen Zwetschgenblechkuchen gemacht und gebacken, als er um vier aus dem Ofen kam, duftete das ganze Haus. Allerdings war der Kuchen nicht für uns, sondern am Montag für die Kolleg:innen am neuen Arbeitsplatz – etwas schade, ihn sehen zu können, aber nichts abzubekommen. Wir kompensierten das mit einer Portion Kokoseis (ganz okay, aber kein Kuchen).
Um halb sechs schalteten wir das ARD-Wahlstudio ein und schauten die ersten Vorgespräche. Ich startete parallel mit dem Abendessen und machte einen Mürbteig für eine Zucchinitarte. Dann die erste Prognose, ich wollte es nicht so richtig glauben und wartete die zweite Prognose ab, hatte dann erst einmal genug und ging zum Kochen in die Küche.
Das Rezept (aus dem Juli-VF&L-Heft) war eigentlich einfach zu machen, nur recht zeitaufwendig: Zunächst einen salzigen Mürbeteig, der dann eine halbe Stunde kühlen muss, parallel dazu rösten auf dem Blech im Ofen Paprika, Knoblauch und Zwiebeln 20 Minuten. Diese kommen in den Blender und werden dann mit einer Dose Tomaten verrührt, das muss (mit Gewürzen und Gedöns) eine halbe Stunde köcheln. Dann wird der Tarteteig in der Form eine Viertelstunde blindgebacken, danach mit geschnittenen Zucchini und Paprika-Tomatensoße belegt und kommt dann noch einmal für 45 Minuten in den Ofen. Als wir schließlich essen konnten, war es Viertel vor neun.
Zu dem Zeitpunkt war immer noch nicht klar, wer am Ende die meisten Prozentpunkte (und noch wichtiger, Mandate) hatte, die Zahlen von ARD und ZDF unterschieden sich ziemlich, es war alles knapp und die ganze Analysiererei dementsprechend inhaltsleer. Auch das Direktmandat in unserem Wahlkreis war weit davon entfernt, entschieden zu sein. Um neun war nur sicher: Es hatten viel zu wenige Leute grün oder rot und viel zu viele Leute schwarz oder gelb gewählt. Und: Es werden auch in der kommenden Legislaturperiode wieder Nazis im Bundestag sitzen. Wir hatten bald keine Lust mehr auf Wahlstudio und entschieden uns, einfach das Endergebnis am nächsten Tag in der Zeitung zu lesen. Stattdessen machten wir einen Joghurt mit Nüssen als Nachtisch und zogen uns dann, müde, auf die Raumstation zurück.