Etwas erschrocken aufgewacht: Draußen zeigte sich der erste leichte Dämmerschein und ich fühlte mich komplett wach und ausgeschlafen – das konnte nur bedeuten, dass der Lichtwecker nicht funktioniert und ich verschlafen hatte. Drei Minuten später ging allerdings das Licht an: Es war einfach nur eine gute, durchgeschlafene Nacht gewesen. Wie viel die (fehlende) Arbeitsüberlastung ausmacht.
Der Liebste hatte für den Tag Home Office eingetragen (ohne krank zu sein, hurra) und wir hatten Zeit für ein Frühstück (Brot mit einem neuen Apfel-Meerrettich-Aufstrich im Pfandglas, den wir am Wochenende im Alnatura entdeckt haben, ziemlich lecker, dazu etwas Organgensaft und ein Apfel) und ich für zwei Sonnengrüße, bevor ich um halb neun am Rechner war.
Der erste Termin am Tag war ein Austausch mit Kolleg:innen zum Ukraine-Krieg: Wie geht es uns damit und vor allem, wie gehen wir damit in unseren Kursen um? Die Antworten waren sehr unterschiedlich, je nachdem aus welchen Ländern die jeweiligen Teilnehmenden kommen (Deutschland, Europa (West? Ost?), andere Kontinente?) und wie sehr sie davon, auch emotional, betroffen sind. Eine „Checkliste“ gab es am Ende nicht, haha, aber ein paar verschiedene Perspektiven, die für mich interessant waren (ob hilfreich, weiß ich noch nicht – ich finde es in den Kursen generell schwer, mich auf aktuelle äußere Gegebenheiten einzulassen, ich plane immer sehr sorgfältig – was gut ist – finde es dann aber schwer, spontan von meinem Plan abzuweichen – was schlecht ist).
Den restlichen Vormittag administrative Arbeit, im Gegensatz zum Montag hatte ich einige Dinge zu tun und war gut beschäftigt (und auch motivierter). Um zwölf machten wir Mittagspause mit der zweiten Hälfte Süßkartoffelcurry + Reisnudeln. Dazu eine Runde Zeitungsrätsel, immer mit dem Blick auf die Uhr. Ein Kaffee reichte nicht mehr, aber der Liebste hatte am Morgen eine Kanne Filterkaffee gemacht, davon nahm ich mir eine Tasse nach oben, als ich um kurz vor eins weiterarbeitete.
Von eins bis zwei hatten wir eine Art „Verkaufsschulung“: Zusammen mit einem Gesprächsführungs-Profi erarbeiteten wir eine Stunde lang Tipps und Strategien für unsere Beratungsgespräche. Ich bin von solchen Laberschulungen ja immer nicht so angetan, aber das war wirklich erstaunlich hilfreich, ich ging mit einer ganzen Latte an Ideen aus der Schulung heraus.
Beim Thema Beratung habe ich ja immer ein bisschen ein Impostorsyndrom. Ich arbeite bei einem Bildungsträger, der sprachliche und berufliche Qualifikationen für Erwachsene anbietet, es ist also ein bisschen ein anderes Verhältnis als bei „Kund:innen“ im Einzelhandel (an meine Verkaufsschulungen aus der Buchhändlerlehre nach dem Abi erinnere ich mich mit ziemlich gemischten Gefühlen zurück, die Tendenz damals war es zu trainieren, den Kunden möglichst etwas aufzuschwatzen). Ich habe also wirklich eher eine beratende Funktion, gerade im Vorschriften- und Zertifikate-Dschungel. Trotzdem denke ich manchmal, dass man es besser machen könnte, die Wünsche der Leute herauszuhören und darauf einzugehen, positiv zu kommunizieren… keine Ahnung. Wie gesagt könnte es sein, dass ich meine Sache ganz gut mache, aber ich hatte nach der Schulung schon ein bisschen das Gefühl, dass es bei allen anderen besser, professioneller abläuft als bei mir – Impostorsyndrom wie gesagt.
Nach der Schulung eine ganze Reihe administrativer Sachen und eine Beratung (wo ich gleich das Wissen hätte praktisch anwenden können, wenn es denn zu schwierigen Gesprächssituationen gekommen wäre, es lief aber alles prima, haha), nur unterbrochen von einer kleinen zweiten Pause mit einem Espresso. Dabei kippte mir zuerst einmal die Kanne um und der komplette Espresso lief über den Herd, yay, während ich mit Putzen beschäftigt war, machte der Liebste einen neuen. Naja, jetzt ist wenigstens der Herd wieder gründlich sauber.
Um Viertel nach fünf machte ich Feierabend und ging zum Liebsten in die Küche: Wir machten schnell einen salzigen Mürbteig fürs Abendessen und packten ihn in den Kühlschrank. Eigentlich hätte ich die Möglichkeit gehabt, ab fünf an einem Online-Vortrag zum Thema „Soldatische Männlichkeit“ teilzunehmen (passend zum Frauentag in Kriegszeiten), aber schweren Herzens entschied ich mich dagegen und stattdessen dafür, mit dem Liebsten eine Runde rauszugehen: Bewegung, Muskeln lockern und benutzen, Zeit mit dem Liebsten verbringen, das war mir am Ende alles doch wichtiger als der Vortrag.
Wir gingen also eine große Runde, und zwar einmal in einer Zickzackrunde durch die Altstadt und die innere Weststadt. Einen Zwischenstopp machten wir im Spirituosenladen in der Altstadt: Am Morgen hatte ich den Newsletter des Ladens bekommen mit den neuen Terminen für Whiskeytastings (und Rum- und Gintastings) bis zum Sommer, und da man sich ja ein paar Sachen für nach der Fastenzeit vornehmen muss, kauften wir für drei Tastings Karten. Eines davon wird im Freien sein, die anderen beiden zwar in den Räumlichkeiten, aber im Frühsommer bzw. Hochsommer – ich hoffe sehr, dass die Pandemieentwicklung es bis dahin verantworten lässt teilzunehmen.
Um kurz vor sieben waren wir mit knurrendem Magen wieder daheim und machten mit dem Abendessen weiter: Der Mürbteig kam in eine Springform, darauf eine Creme aus Sojasahne, Pfeilwurzelstärke und gerösteten, pürierten Nüssen, und darauf dann Lauch und noch mehr Nüsse: Eine wunderbare Lauchquiche, die auch nicht kompliziert zu machen war, nur halt etwas Zeit brauchte – bis wir essen konnten, war es Viertel nach acht. Dann aber hatten wir, mit Quiche und Vanillequark und zwei Folgen bei den queeren Jungs (Staffel fünf in Philadelphia, wir schauen die Staffeln umgekehrt an) einen schönen und sehr entspannten Abend. Und tatsächlich auch einen Abend zur Abwechslung mal ohne Nachrichten, ich hatte mich tagsüber so viel mit dem Ukrainekrieg beschäftigt, dass es mir gut tat, den Kopf für zwei Stunden davon freizubekommen, Psychohygiene und so.