Ich war ziemlich verkatert, als ich um sechs aufwachte, obwohl ich nicht so furchtbar viel Wein getrunken hatte – aber ich hatte den vorherigen Tag über eben auch deutlich zu wenig anderes getrunken, und das bisschen Wasser am Abend konnte das nicht ausgleichen. (Hätte ich nur Wasser statt Wein getrunken, wäre das vermutlich schlauer gewesen.)
Der Liebste war eine Viertelstunde vor mir schon aufgestanden. Als ich runterkam, war er schon völlig in seinem Arbeitszimmer von irgendeiner Bastelei absorbiert, so sehr, dass er den miauenden Kater auf dem Balkon vergessen hatte. Ich ließ das arme Tier rein und war froh, dass er kam, den vorigen Abend hatte ich ihn nicht gesehen. Es ist aber auch einfach alles viel zu spannend draußen im Moment für ihn. Er war dementsprechend unruhig, fraß drei Happen, wollte dann auf den Balkon, wieder rein, ins Wohnzimmer, schnurrend um unsere Beine, die nächsten drei Happen… irgendwann ging er noch eine Runde nach draußen, kam wieder rein und fraß die Schüssel endgültig leer, bekam von mir noch etwas Trockenfutter und zog sich dann ins Wohnzimmer zu einem komatösen Tiefschlaf zurück. Alles sehr aufregend, so ein Frühling.
Ich machte uns ein Müsli zum Frühstück, ansonsten starteten wir langsam mit viel Tee und Kaffee. Der Liebste fühlte sich auch nicht so auf der Höhe, draußen regnete es: Wir verbrachten den Morgen mit Buch und Zeitung. Irgendwann dann eine warme Dusche und ein Kräutertee, eine Ibuprofen und die neueste Folge des Science Cops-Podcasts (über Prince Charles, den Schwurbelprinzen): So langsam waren meine Lebensgeister wieder hergestellt.
Gegen elf hörte der Regen auf und wir gingen aus dem Haus. Zunächst in den Bastelverein des Liebsten, wo er über den 3D-Drucker schimpfte (er hatte eine Kabinenhaube für eines seiner Modellflugzeuge drucken wollen, und der Druck hatte nicht geklappt), während ich die Chance nutzte und eine Club Mate Cola auf einen Rutsch leer trank. Ich trinke ja selten Cola und wir haben sie nie daheim (eigentlich viel zu süß für mich), aber im Bastelverein steht sie im Kühlschrank und häufig, wenn ich dort bin, bekomme ich plötzlich große Lust auf Cola (speziell mit leichtem Kater, wenn der Körper noch seinen Mineralstoffhaushalt ausgleichen will). Außerdem gibt es dort eine lustige Getränkekasse, bei der die Münze über eine kleine Spirale in einen Behälter rollt. (Wobei man auch nicht-zuckerhaltige Getränke dort kaufen könnte, wenn man Münzen in die Kasse werfen will.)
Der Liebste startete seinen Druck also neu und wir gingen (mit Zwischenstopp bei der Hauptpost und beim Bäcker für eine Brezel) weiter in Richtung Stadtzentrum, wo an dem Wochenende der Regionalmarkt, Fair-Trade-Markt und Klimatag stattfinden sollte: Händler aus der Region, Fair-Trade-Händler (der lokale Eine-Welt-Laden beispielsweise), außerdem Infostände zum Thema Energiesparen und so weiter. Wir hatten gehofft, auf dem Markt einen Bürstenmacher zu finden, bei dem wir seit ein paar Jahren unsere Bürsten kaufen, die normalen Bürstenmacher auf den Krämermärkten sind mit diesem nicht zu vergleichen (wann bin ich eigentlich in eine siebzigjährige Frau mutiert).
Der Bürstenmacher war aber leider nicht da, und wir mäanderten ziellos etwas durch die Altstadt und schauten uns die Stände an. Eher im Vorübergehen, das Angebot sprach uns nicht so richtig an. Der Liebste kaufte ein Fässchen Tinte in einem Schreibwarengeschäft, ansonsten waren wir nicht so auf Shoppen eingestellt (das ist ja sowieso ein Konzept, das für mich an Schwachsinn grenzt). Dann gingen wir zum Asialaden im Zentrum, weil uns die Thai Curry-Paste ausgegangen war. Und tja. Vielleicht waren wir irgendwie doch in Einkaufslaune, eine halbe Stunde später kamen wir auf jeden Fall mit drei verschiedenen Currypasten, geröstetem Sesamöl, Mirin, frischen Shiitake, einem Kilo schwarzer Bohnen, Reispapier für Summer Rolls, veganer „Fisch“-Soße, Panko Breadcrumbs und geräuchertem Paprikapulver wieder heraus. Hihi.
Dann machten wir uns auf den Heimweg: Die Stadt war voll, die vielen Leute begannen vor allem dem Liebsten auf die Nerven zu gehen, wir hatten Hunger. (Allerdings war der Drang nach Hause dann doch nicht so groß, um nicht kurz am Flüsschen halt zu machen und der Entenfamilie zuzusehen, die am Flussufer schwamm: Aufmerksame Entenmutter hinten, Entenvater seitlich, acht klitzekleine frische Flauschknäuel eifrig am Rand paddelnd.)
Der Liebste bog noch einmal in den Bastelverein ab, um die Kabinenhaube zu holen, ich machte daheim währenddessen die restliche Laksa mit frischen Reisnudeln warm. Auf den anschließenden Kaffee verzichteten wir (wir hatten am Morgen schon genug gehabt), der Liebste machte aber eine Portion Ananasquark als Nachtisch.
Dann Sofazeit mit Buch. Wir waren beide ziemlich kaputt, ich machte nach ein paar Seiten für ein kurzes Nickerchen die Augen zu.
Als ich aufwachte, war es Viertel vor vier und ich hatte über eine Stunde geschlafen. Leicht matschig, leicht über meiner Wohlfühl-Mittagsschlaf-Zeit, aber ganz gut gelaunt. Ich schaute nach dem Liebsten (der im Schlafzimmer gelegen hatte und wach wurde, als ich reinkam) und legte mich dann aufs Sofa, um einen Blick auf Instagram zu werfen. Der Liebste brachte währenddessen den Kater in den Garten.
Irgendwann fiel mir auf, dass der Liebste nicht wieder reingekommen war, wir hatten morgens über das Unkraut auf der Terrasse gesprochen, draußen schien mittlerweile die Sonne… ich zählte zwei und zwei zusammen und schaute auf der Terrasse vorbei. Dort hatte der Liebste schon ungefähr ein Viertel der Terrassenplatten vom Unkraut befreit. Durch den Regen die letzte Woche und die Wärme war alles noch einmal ordentlich gewuchert, es ließ sich aber prima herausziehen. Wir jäteten Platte für Platte vor uns hin, der Liebste holte noch etwas Giersch aus dem angrenzenden Blumenbeet, und um halb sechs waren wir fertig, Terrasse wieder hübsch. (Zwanzig Schnecken sehr beleidigt.)
Für den Alnatura waren wir jetzt ziemlich spät dran, wir gingen schnell los und brauchten auch nicht viel. Eine halbe Stunde später hatten wir alles und waren wieder daheim. Der Liebste ging noch einmal in den Bastelverein, ich begleitete ihn (ein repetitives Element in unserer Samstagsgestaltung, wenn der 3D-Drucker auf Anhieb funktionieren würde, hätte das definitiv Vorteile), und um halb sieben hatten wir schließlich alles erledigt für den Tag. Und uns immerhin ein bisschen bewegt.
Das Kochen übernahm ich allein: Laut Rezept (aus dem VF&L-Heft von Januar) sollte es sich um „Black Bean Spaghetti Bolognese“ handeln, irgendwie fand ich die Zutatenliste aber merkwürdig. Schwarze Bohnen, rote Linsen, Weißwein, Suppengemüse und -brühe, Tomatenmark, alles zwanzig Minuten köcheln lassen, plus Spaghetti. Ich machte noch ein Glas gestückte Tomaten in den Topf, was geschmacklich eine gute Idee war, aber das Ganze sehr in Richtung Bohnensuppe verschob. Um die viele Flüssigkeit loszuwerden, ließ ich alles am Ende 45 Minuten köcheln: Und das war dann eine gute Idee, dadurch wurde es tatsächlich zu einer schönen dunklen Pastasauce, die mit etwas Fantasie sogar an eine Bolognese erinnern konnte. (Naja, mit Fantasie und viel gutem Willen.) Sehr lecker auf jeden Fall.
Den Fernseher ließen wir für den Abend aus: Mein Krimi neigte sich dem Ende entgegen und ich wollte ihn gern auslesen. Um kurz nach neun war ich durch: Der zweite Band der Duval-Reihe von Christine Cazon, und wieder eine gut geschriebene, schlüssige und spannende Geschichte mit einer Menge Lokalkolorit. Nur dass auch im zweiten Band, wie schon im ersten, am Ende zwar die Täter gefunden werden und der Tathergang klar ist, aber die eigentlich Verantwortlichen in einem Dickicht aus Korruption und Beziehungs-Netzwerken verschwinden können. Sehr unbefriedigend für den Kommissar und auch für die Lesenden: Deshalb liest man doch Krimis, damit am Ende die klare Dichotomie von Gut und Böse hergestellt ist, das Gute triumphiert, die Welt sich weiterdrehen kann…? Dass die eigentlich Schuldigen ungeschoren davonkommen, davon haben wir im realen Leben schon mehr als genug. Mal sehen, wie das in den anderen Bänden wird (ich lese auf jeden Fall weiter: schöne Abendunterhaltung).