Um halb sieben hörte ich im Halbschlaf, wie der Kater miaute und der Liebste zum Füttern aufstand (bester Mann). Ich drehte mich um und schlief noch einmal fest ein (träumte irritierenderweise von dem Animal Sanctuary in Irland, auf dem ich während meines Sabbaticals gewesen war, alles ziemlich wirr). Um halb neun wachte ich schließlich auf, recht gerädert und mit ordentlich Muskelkater, kein Wunder. Immerhin weiß ich jetzt, wo die Adduktoren sitzen.
Zum Frühstück hatten wir ein improvisiertes Müsli: Es war noch Kuchencreme übrig (Vanillepudding und Sahne), das wurde vermischt mit Joghurt Ananas, Banane, Nüssen und Haferflocken. Sehr süß, ziemlich lecker.
Am Vorabend hatten wir überlegt, ob wir vielleicht doch, doch irgendwie spontan irgendwohin in den Urlaub fahren könnten, wenigstens ein paar Tage…? Meine Schwester half uns ein bisschen nach, indem sie uns fragte, ob wir auf einen spontanen Besuch am Bodensee Lust hätten. Wir überlegten also ein bisschen hin und her, und als wir die Nachbarin draußen sahen, ging der Liebste spontan raus und fragte nach: Klar, sie könnten den Kater übernehmen für die vier Tage. Damit war die Entscheidung klar, wir fuhren ein verlängertes Wochenende nach Konstanz. Wenigstens ein bisschen Urlaub weg von daheim. Wir buchten ein Auto für den Nachmittag (die Idee einer Zugfahrt verwarfen wir wegen Sorge vor übervollen Zügen), dann duschen und schon mal ein bisschen grob zusammenpacken, Katzenfutter hinrichten und so. Plötzlich hatten wir viel zu tun und eine Deadline, mussten also etwas in die Gänge kommen.
Um elf fuhren wir mit den Rädern in die Stadt, zuerst zur Post, dann zum Vaude-Store. Die zur Ansicht bestellte Lenkertasche war gekommen – sie hatte eine etwas andere Farbe als gedacht (etwas zu Türkis für meinen Geschmack), da ich aber keine komplett graue Tasche wollte (die andere wäre rein grau gewesen), nahm ich sie trotzdem. Dazu noch eine Klarsichthülle mit Klettverschluss, mit der man ein Handy oben auf der Tasche befestigen kann. Das sah ein bisschen plastikmäßig und nicht so hübsch aus, aber ich kaufte sie trotzdem, in der Hoffnung, dass sie total praktisch sein wird.
Der nette junge Mann vom Laden befestigte die Halterung gleich an meinem Lenker. Die Tasche lässt sich damit ganz einfach rein- und rausklicken. Sehr schlaues Design, ich war super zufrieden.
Wir beeilten uns, wieder heimzukommen, es war schon kurz vor halb eins und ziemlich heiß, die Sonne nahm Anlauf zu 30 Grad. Wir machten den Rest Pastítsios heiß (einen Teil hatten wir auch eingefroren), dann weiter Taschen packen, Zeug richten, Tablet laden und so weiter. Außerdem zogen wir uns um, weil wir um zwei noch auf die Beerdigung unseres alten Nachbarn wollten, der in der Woche davor gestorben war, auch das ein eher spontaner Entschluss. Einerseits sehr heiß, andererseits festliche Kleidung, das war ein gewisser Widerspruch, am Ende lief es auf grauen Rock/graue kurze Hose und schwarze T-Shirts heraus (damit waren wir leicht underdressed, aber oh well). Um kurz vor halb zwei gingen wir los zur Beerdigung.
Der Bergfriedhof liegt im Wald am Stadtrand, eigentlich nicht so weit von uns entfernt, aber eben bergauf und durchs Wohngebiet – und es war heiß. Deshalb waren wir sehr froh, als nach zehn Minuten Fußweg gerade ein Bus Richtung Friedhof neben uns hielt und wir einsteigen konnten. So waren wir zwanzig Minuten vor Beginn da, konnten noch mit anderen Nachbarn sprechen, die auch gekommen waren, und auch mit den Töchtern des alten Nachbarn.
Die Beerdigung war eigentlich ganz „schön“, soweit man das von Beerdigungen sagen kann. Der Nachbar war mit seiner Familie in der örtlichen Baptistengemeinde verwurzelt, hatte über Jahrzehnte einen Handwerksbetrieb gehabt und war in der Nachbarschaft gut bekannt – es waren also einige Menschen da, die ihn gekannt hatten und man merkte, dass hier jemand ein langes und positives Leben abgeschlossen hat und friedlich gehen konnte. Was kann man sich mehr wünschen?
Interessant war für mich die Bestattungsform: Es war eine Erdbestattung, aber die Gräber waren kreisförmig um ein Rosenbeet in der Mitte angeordnet. Und es gab auch keine Grabstätte mehr, sondern wurde dann wieder zugemacht und als Rasen eingesäht (wie man an den Beeten sehen konnte, wo rechteckige Flächen mit frischem Gras zu erkennen waren). In der Mitte gab es eine Fläche, wo man, wenn man wollte, Gestecke oder Blumen aufstellen konnte, aber ein eigentliches Grab, um das man sich hätte kümmern müssen, gab es nicht mehr. Und auch keinen Grabstein. Das fand ich als Konzept durchaus interessant (vielleicht außer dem Grabstein, der fehlte mir ein bisschen).
Um drei war die Zeremonie vorbei, die Trauergemeinde ging zum Trauerkaffee und wir verabschiedeten uns. Schließlich wollten wir spontan in den Urlaub fahren und hatten etwas Sorge, dass am ersten Ferientag die Autobahn voll ist. Daheim meldete sich zunächst meine Schwester mit der Bitte, an Badeschlappen zu denken, weil am Bodensee zurzeit vor Muscheln am Ufer gewarnt würde. Das versprachen wir, nur um dann festzustellen, dass der Liebste so etwas nicht besitzt. Ich ging also in den Supermarkt nebenan, fand dort keine Badeschlappen, aber dafür den Nachbarn, der dem Liebsten schon zugesagt hatte, sich um den Kater zu kümmern, und mit dem ich jetzt noch ein paar Details absprach. Dann nach Hause, der Liebste hatte den Koffer fertig gepackt, wir nahmen noch eine Melone mit, die verbraucht werden musste, warfen einen letzten Blick in die Räume und fuhren um halb fünf endlich los.
Entgegen der Befürchtung war die Autobahn zwar nicht leer, aber staufrei und wir kamen gut durch. Wir fuhren nicht direkt zu Schwester und Schwager nach Hause, sondern hielten schon eine halbe Stunde vorher direkt am Seeufer, weil die Familie dort ein kleines Grundstück hat. Nach einer ganz kurzen Begrüßung wechselten wir sofort in Badeklamotten (und für mich Badeschlappen, der Liebste hatte keine) und gingen ins Wasser.
Das Wasser war ordentlich warm, was mir recht war, es war schon halb sieben. Wir blieben so eine halbe Stunde im Wasser, schwammen eine gute Runde, plantschten ein bisschen, ich versuchte mich am Kraulen (das ging ganz gut, war nur unglaublich anstrengend) und gingen dann wieder raus. Oder versuchten es zumindest, der Boden war unglaublich schlammig und da das Ufer sehr flach abfällt, muss man ein ganzes Stück nach draußen waten und versinkt dabei ziemlich im Schlick. Dabei verlor ich erst eine meiner Badeschlappen, die nach oben floppte und auf dem Wasser trieb, und während ich nach ihr angelte, riss von der anderen die Sohle ab. Die Schlappen habe ich seit bestimmt 20 Jahren, kein Wunder, dass das Gummi mürbe war. Die Sohle tauchte nicht mehr auf, wir tasteten zwar noch ein bisschen den Boden ab, aber bei dem tiefen Schlamm machten wir nur das Wasser trübe, fanden aber nichts mehr.
Wir trockneten uns ab, blieben noch ein bisschen am Ufer sitzen, unterhielten uns und schauten dem Gewitter zu, das sich am Schweizer Ufer aufbaute und langsam in unsere Richtung zog. So um Viertel vor acht fuhren wir los, kurz darauf begann es zu regnen.
Bei meiner Schwester angekommen, stellten der Liebste und ich uns erst einmal kurz unter die Dusche und spülten dann Badekleider und Handtücher aus (alles ziemlich schlammig). Dann duschte der Schwager (der mit dem Fahrrad nachgekommen und klatschnass geworden war), während wir uns ums Abendessen kümmerten: Eine große Schüssel Salat, Brötchen mit Aufstrich, etwas Couscous mit Gemüse, Schwester und Schwager hatten noch eine gefüllte Zucchini (auf die wir verzichteten, da mit Käse), zum Nachtisch die Charentais-Melone. Der mittlere Neffe kam auch dazu, wir quatschten über alles Mögliche, irgendwann stellte der Schwager Williamsbirne und Kirschwasser auf den Tisch. Alles sehr gemütlich, als wir um halb elf ins Gästebett verschwanden, waren wir froh, dass wir uns zum Spontanbesuch entschieden hatten und dadurch wenigstens noch so ein bisschen rausgekommen waren.