Wieder ein früher Morgen, wir waren beide um 6:30 wach (vermutlich zum Missfallen der anderen Hausbewohner, denn die Straße ist grundsätzlich zwar ruhig, aber im Haus hört man Türenschließen, Bodenknarzen und so etwas schon, und wir machten halt morgens gleich Tee und Porridge). Frühstück dieses Mal mit Äpfeln, weil die Nüsse aus waren und wir im Waitrose am Tag davor einen Viererpack „Original British“ Äpfel geholt hatten. Original ziemlich geschmacklos, würde ich sagen. Nun ja.
Das Wetter war ja am Tag davor in Dauerregen umgeschlagen, und morgens war es zwar trocken und einigermaßen sonnig, aber für später war wieder Regen angekündigt, dazu Sturmböen. Wir planten also an dem Tag einen zweiten Stadtspaziergang aus dem neuen Reiseführer mit Museumsstopp, um das Beste aus beiden Welten – Sonnen- und Regenwetter – abzugreifen. Um halb neun gingen wir aus dem Haus.
Mit dem Bus fuhren wir erst einmal zum Bahnhof Waterloo und gingen von dort aus die South Bank entlang, also das Südufer der Themse in Richtung Tower Bridge. Links von uns waren die Royal Festival Hall und Queen Elizabeth Hall, wir bogen rechts ab und wanderten am National Theatre vorbei und dann den Uferweg entlang, der angenehm wenig belebt war (es war auch noch keine zehn Uhr). Ein schöner Spaziergang in der Sonne, nur war es empfindlich kalt geworden (und sollte auch die nächsten Tage so bleiben), das Maximum waren 10 Grad. Ich war froh über Schal und Mütze.
Direkt auf dem Weg lag die Tate Modern, die auf unserer London-Wunschliste gestanden hatte. Wir unterbrachen also unseren Spaziergang und verbrachten ungefähr zwei Stunden dort, natürlich im Museumscafé (guter Tee, sehr gute Zimtschnecken) und in den beiden Museumsshops (…irgendwie wenig, was mir gefiel, ich kaufte eher pflichtschuldig einen Bleistift und einen Kühlschrankmagneten, hätte mehr erwartet) und ansonsten in zwei Dauerausstellungen – einmal zum „Verhältnis von Wort und Bild“ in moderner Kunst (also Kunstwerke, die mit Schrift und Wörtern arbeiten, Inschriften in Skulpturen, Plakate und so) und einmal zum „Verhältnis von Künstler:in und Material“ (also Kunstwerke aus ungewöhnlichen Materialien, zusammengelötete Haushaltsgegenstände, von der Decke hängende Ketten und Schnüre, ein Haufen orangener Sand mit Loch in der Mitte). Relativ viel aus der Sparte „ist das Kunst oder kann das weg“, eher weniger, das mich so richtig ansprach. (Unter anderem kein Pferd.) Die Laune war aber auch bei uns beiden nicht so toll und es war kalt und überhaupt und dann war auch noch die zehnte Etage geschlossen, so dass wir nicht einmal auf die Dachterrasse mit dem tollen Ausblick konnten, was mit ein Grund gewesen war, warum wir überhaupt in die Tate Modern gewollt hatten. Schade. Und zu allem Überfluss fing es jetzt auch noch richtig zu regnen an.
Wir gingen also um kurz vor zwölf wieder (unlogisch, wo es doch draußen regnete, aber wir wollten weiter), spannten unseren Schirm auf (nur noch einen, beim anderen hatten wir am Dienstag schon festgestellt, dass er leider kaputt war) und wanderten einmal fürs Foto auf die Millenium Bridge und dann weiter am Globe Theatre vorbei und die South Bank entlang, an diversen durchgentrifizierten, sehr hübschen, aber auch sehr laut TEUER schreienden ehemaligen Wharfs vorbei. Da es Mittagsessenszeit war, gingen wir in den Borough Market, wo es alle möglichen Varianten an Street Food gibt und eigentlich keine Wünsche offen bleiben sollten.
Nur war es da schon wieder so voll und obwohl die Schlangen an den Ständen mit veganem Angebot sich in Grenzen hielten, hatte ich überhaupt keine Lust, im Stehen mit Holzgabel eine winzige Pappschale mit Udon oder Falafel oder Curryreis zu essen, mich dabei vollzusauen und dafür vierzehn Pfund pro Portion zu zahlen. Wir schauten uns also den Markt an (hübsch anzusehen ist das ja alles schon) und gingen dann weiter ins Viertel Southwark und dort in der Nähe der London Bridge einfach in einen PizzaExpress.
PizzaExpress ist ja eine britische Kette, die man mittlerweile auch international finden kann, allerdings nicht in Deutschland – für uns also „fremd“ genug, auch wenn der Liebste und ich 2018 in Reading und ich 2019 auch mehrmals in einem PizzaExpress essen waren. War uns aber egal. Wir hatten die letzten Male gute Erfahrungen gemacht, und so war es auch dieses Mal: guter Service, gutes Essen (eigene vegane Karte), und zwar recht laut (wie in jedem Restaurant, in dem wir waren), aber nicht so, dass man sich nicht hätte unterhalten können. Ich bestellte mir einen Prosecco, einfach so für die Laune, und dann hatte der Liebste eine vegane „Mezze“-Pizza und ich Penne Peperonata mit wunderbaren geräucherten Paprika. Dazu für mich ein gemischter Salat, für den Liebsten ein veganes Coleslaw, und das war alles schon ganz prima. Nur der Espresso am Ende, der war leider (wieder einmal) wirklich scheußlich.
Danach weiter durch Southwark – wir gingen von der Themse (und den überlaufenen Wharfs) weg und ein bisschen ins Stadtviertel hinein, was den Vorteil hatte, dass nach drei Seitenstraßen die Menschenmassen weg waren und wir durch „normale“ Straßen mit normalen kleinen Läden und normalen (wenn auch topp renovierten und sichtlich sehr teuren) Wohnblocks gingen. Alles sehr angenehm.
Weniger angenehm war, dass es nach einiger Zeit wieder zu regnen anfing und wir dabei feststellten, dass wir den einen funktionierenden Regenschirm im PizzaExpress vergessen hatten. Zum Zurückgehen waren wir da schon zu weit weg, außerdem musste ich aufs Klo und der Liebste wollte Kuchen und die Laune war insgesamt unterirdisch. Die Kuh zeigte ein Café an, das es dann leider irgendwie überhaupt nicht gab (es war vermutlich ein mobiler Kaffeestand in einem kleinen Park gewesen, nur halt jetzt nicht da), und am Ende landeten wir in einem Costa, was mir ziemliche Sabbatical-Erinnerungen bescherte und uns einen okay-en Kaffee und viel zu süßes Schokozeugs. Damit waren wir dann bedient, und da es sich wieder richtig einregnete und es außerdem windig wurde, gingen wir noch zur Tower Bridge, machten ein paar Fotos und suchten dann (unter Mühen) einen Bus, der uns nach Hause brachte. Um 17 Uhr waren wir wieder daheim.
Das war es für den restlichen Tag – wir waren beide ziemlich durchgefroren, beim Liebsten waren die Schuhe feucht und draußen regnete es in Strömen. Also blieben wir den Abend über daheim, toasteten uns als Abendessen das restliche Brot (für die nächsten Tage hatten wir uns für 6 Pfund ein winziges Brot bei einem Artisan Bakery-Stand vor King’s Cross gekauft, aber hey, der Preis ist völlig gerechtfertigt, denn es war natürlich aus Sauerteig) und hatten ein paar Chips danach. Dazu ein bisschen Musik und Buch, später ein wenig britisches TV, und das war dann total okay.