In der Nacht fielen die Temperaturen auf ungefähr 16 Grad, und das bedeutete: viel besser geschlafen und richtig ausgeschlafen am Morgen. (Doof nur, dass die Stechmücken uns gefunden hatten – nicht nur den Liebsten, mich auch. Mäh.) Meine Achillessehnen taten allerdings scheußlich weh, der Rücken auch, außerdem war an dem Tag Bullenhitze vorhergesagt, und wir entschieden einfach im Rustico zu bleiben und einen Ruhetag einzulegen, mit Lesen und so Urlaubszeugs. Und ohne Baden, denn zum Baden müsste man zum Fluss absteigen und, noch wichtiger, später wieder aufsteigen, und wir tendierten eher dazu, das mal sein zu lassen.
Also Frühstück um acht mit Müsli (Wir hatten eine prima Müslimischung im Bioladen gefunden, zwar mit ein bisschen zu viel Zucker („Maltodextrin“ und so Sachen), aber ohne Trockenfrüchte und sonst schön ausbalanciert. Mit Hafermilch, Sahne (wir hatten von C und W noch Hafersahne mitbekommen), einem Apfel und einer Nektarine sehr gut) und einer Kanne Tee, kühle Dusche (es gab warmes Wasser, aber lauwarm war völlig ausreichend) und ab da: Diverse Sitzplätze auf dem Gelände, wir wanderten immer mit der Sonne mit. (Oder mit dem Schatten – für mich doppelt wichtig, weil ich morgens ein bisschen auf dem Tablet schrieb, und Tablet + Sonne – alles spiegelt.) Recht lang blieben wir auf zwei Liegestühlen unter einem Walnussbaum, wo ich mein Buch zu Ende las.
Das Buch: Friends, Lovers, and The Big Terrible Thing, die vielbeachtete Autobiographie von Matthew Perry, wo er schonungslos von seiner jahrzehntelangen Alkohol- und Drogenabhängigkeit berichtet. Das Buch nimmt einen schon sehr in Beschlag, und man beginnt, das „Monster“ Suchtkrankheit etwas besser zu verstehen, soweit man das kann (man hört zumindest auf, so Quatsch zu erzählen wie „der hat doch alles als Hollywood-Multimillionär, was beschwert er sich“). Und das ganze Buch über hat man das bittere, tieftraurige, beklemmende Wissen, dass Perry wenige Monate nach Veröffentlichung des Buches starb. Das letzte Kapitel so hoffnungsvoll: Endlich komplett clean, endlich mit Wünschen und Plänen für die Zukunft, endlich mit einem Ausblick, was jetzt alles vielleicht möglich wäre, nach den Jahrzehnten, die die Sucht ihm gestohlen hatte – und man weiß als Lesender mehr als der Autor, weiß, was kommen würde. Das war schon recht erschütternd. (Vermutlich eine gute Idee, das Buch im Urlaub zu lesen.)
Mittagessen war Brot mit Aufstrich (wir aßen den restlichen in Zürich gekauften Laib auf, dazu Rote Bete-Aufstrich, den wir auch von C und W mitbekommen hatten), danach ein Kaffee – wir hatten ein bisschen Espressopulver gekauft, Hafermilch hatten wir sowieso, in der Küche gab es italienische Kaffeemaschinen in verschiedenen Größen – voilà.
Den Nachmittag verbrachten wir mit Spielen – zuerst auf einer Holzpritsche unter dem Walnussbaum, bis zuerst mir der Würfel und dann dem Liebsten ein roter Spielstein unter die Pritsche ins Gras fiel. Wir suchten ausführlich und fanden tatsächlich beides wieder, zogen dann aber doch wieder nach vorne zu den fest installierten Tischen (in der Nähe des Hauses gibt es einen sehr schönen Granit-Steintisch und einen großen, langen Holztisch). Dort noch ein paar Runden Carcassonne und Criss Cross, und dann war es Zeit für eine zweite Dusche (den Gartenstaub abwaschen) und das Abendessen.
Vorher allerdings brachten wir noch den Biomüll aus der Küche weg. Es war nicht so ganz klar, wer sich darum kümmern würde – im Zweifelsfall alle und niemand – und der Mülleimer war extrem voll. (Für den Restmüll hatten wir eine Mülltüte in die Hand gedrückt bekommen, um sie am Ende unseres Aufenthalts ins Tal zu bringen und in die öffentlichen Container zu werfen.) Wir beschlossen also, ihn zu leeren, was nach weniger Aufwand klingt, als es war, weil der Komposthaufen einige Gehminuten entfernt am äußeren Rand des Geländes war (wie gesagt, alter Weinberg, also sehr weitläufig und alles sehr steil und so). Das hätte alles trotzdem problemlos geklappt, wenn nicht in Sichtweite vom Komposthaufen der Henkel des Eimers abgekracht wäre und sich der Biomüll der letzten Woche (…oder zwei oder drei) über vier Treppenstufen ergossen hätte.
SEHR eklig. Nun ja. Der Liebste nahm einen größeren Stein, um den Inhalt wieder in den Eimer zurückzukratzen, und wir haben damit jetzt hoffentlich jede Menge Gemeinschaftsunterkunfts-Karmapunkte gesammelt. (Und die Dusche kam dann doppelt gelegen.)
Im Lauf des Tages hatte irgendwann mein Handy gefiepst: Mein Datenvolumen war aufgebraucht, das Handy wurde für Internet auf sehr langsam gedrosselt – so langsam, dass normale Chatprogramme quasi nicht mehr liefen. Da man nur an der Rezeption WLAN hatte, gingen wir noch dort vorbei, damit ich für fünf Minuten das WLAN nutzen konnte – um ein paar gemachte Fotos in die Cloud hochzuladen, ein paar Nachrichten zu empfangen und vor allem der Katzensitterin Bescheid zu sagen, dass sie bei Notfällen besser dem Liebsten aufs Handy schreiben sollte als mir (er hat mit seinem Vertrag eine Flatrate). Danach dann: Digital Detox, sozusagen. Haha.
Abendessen: Wir hatten schon am Sonntag entschieden, dass unsere Woche im Tessin eine Pastawoche werden würde, denn ich hatte keine Lust, Reis zu kochen oder Kartoffeln zu schälen oder was auch immer, und ich habe überhaupt gar keine Probleme damit, eine Woche lang Pasta zu essen. Als Abendessen schmorten wir eine Zwiebel und zwei Zucchini in etwas Olivenöl, Salz und Pfeffer, dann kam die restliche Sahne dazu (die erste von zwei Packungen), dazu Penne, und das war extrem lecker.
Nach dem Abendessen fing ich ein neues Buch an (hihi), dazu setzten wir uns auf den Steinbalkon ans Haupthaus an einen kleinen Tisch, tranken jeder ein Glas Weißwein (wir hatten am Montag eine Halbliterflasche im Coop gekauft und den Berg hochgeschleppt – also der Liebste hatte), dazu ein paar Erdnüsse und generelle Friedlichkeit. Wir sahen den kleinen Eidechsen zu, die überall auf dem Gelände auf den Steinmäuerchen wohnten (inklusive der Steinmauern, die das Haus bildeten – sie waren also sozusagen unsere Mitbewohner, schade nur, dass sie sich nur unzureichend um die Stechmücken kümmerten), schauten auf den Berg, redeten ein bisschen, lasen ein bisschen und fühlten uns insgesamt recht urlaubig.