Recht gut und vor allem lang geschlafen: Ich wurde von Klapperei unten wach, schaute auf den Wecker und sah die Uhrzeit 7:22. Und schreckte vier Sekunden später aus dem Bett auf, als mir einfiel, dass der Liebste ja früh aus dem Haus musste (Aufbau Glühweinstand für den Sportverein beim Nikolauslauf) und ich mich sputen musste, wenn ich ihn noch sehen wollte. Also Blitzstart, mein Kreislauf wollte nicht so richtig, aber musste mit (gut immerhin: keine Knieschmerzen). Der Liebste hatte schon gefrühstückt und die Kater versorgt (Medikament für Magi dieses Mal gemörsert und mit der Bauchpaste vermischt, das hatte prima geklappt) und war dabei, seine Sachen einzuräumen. Ich machte eine kleine Wohnzimmer- und Küchen-Aufräumrunde, spülte den Topf vom Vorabend, startete die Spülmaschine. Dann machte sich der Liebste um kurz vor acht auf den Weg (nicht ohne eine alte Plastikkarte – ironischerweise seine abgelaufene BahnCard – zu holen, damit er die Autoscheiben freikratzen konnte) und ich setzte mich erst einmal mit einer Tasse Tee an den Esstisch, um die zweite Kerze anzuzünden und den Adventskalender zu öffnen (Gunpowder, ein Klassiker natürlich, ich war sehr gespannt).
Kein englisches Frühstück, das wurde durch den frühen Start des Liebsten verhindert. Ich hatte da leider beim Einkauf nicht dran gedacht, weshalb wir jetzt eine Schüssel der allerschönsten Pilze in der Küche stehen hatten. Ich überlegte kurz, sie für mich allein anzubraten, machte mir dann aber stattdessen lieber ein Müsli (klassisch, mit ein paar Himbeeren aus dem Gefrierschrank). Dann ein bisschen Internetleerlesen, zweite Katerfütterung, und plötzlich war der Morgen quasi vorbei und ich musste duschen gehen und in die Küche, zwei Seitanschnitzel anbraten. Der Plan war, wie schon einige Male die Jahre davor, dass ich mit dem Bus hoch an die Laufstrecke fahren würde, um dem Liebsten ein Schnitzelweckle als Mittagessen zu bringen (vegane Angebote dort oben eher dünn gesät).
Also schnelles Anbraten, Rucksack packen, sehr warm anziehen (drei Schichten unter dem Wintermantel, zur üblichen Winterausstattung auch noch Stulpen) und noch die Naldo-App, also die App des regionalen Verkehrsverbundes, wieder aktivieren. Das ist ja die am schlechtesten gemachte Verkehrs-App auf der Welt (oder zumindest die zweitschlechteste Deutschlands, es gab da mal eine Umfrage), aber immerhin haben sie die Fehlfunktion wieder behoben, aufgrund derer man keine Tickets mehr am Handy kaufen konnte. Ich loggte mich wieder ein (immerhin wurde mein Passwort noch erkannt), hinterlegte meine Kreditkarte und konnte nach etwas Suchen tatsächlich ein Tagesticket kaufen. Wie so ein Mensch des 21. Jahrhunderts.
Bus superpünktlich, leider sehr voll (naja – ich bekam trotzdem recht bald einen Sitzplatz), sodass ich mir gleich beim Einsteigen meine Maske aufzog. Um Viertel vor zwölf war ich oben und sah gerade den großen Pulk der Läufer an mir vorbeikommen in Richtung Zieleinlauf (meinen Chef hatte ich leider schon verpasst, wie der Liebste mir sagte, er war etwas zu schnell und schon durch).
Prima Wetter: Es war Regen angekündigt, aber das bewahrheitete sich nicht. Stattdessen immer wieder Sonne, gar kein Wind, und zwar kalt (morgens waren die Pfützen gefroren gewesen), aber nicht eisig. Ich blieb also gute zwei Stunden da, aß mit dem Liebsten Schnitzelweckle und trank zwei Tassen Kaffee, feuerte die Leute ein bisschen an und hörte der lustigen Brassband zu. Heimfahrt mit einer Vereinskameradin des Liebsten (nachdem wir erst vergeblich versucht hatten, das Geld für den Glühweinstand zu bekommen, dort läuft aber mittlerweile alles digital und ohne Barkasse), die in der Südstadt wohnt und mich netterweise bis vor die Haustür fuhr.
Der Liebste kam so ungefähr 40 Minuten nach mir und legte sich gleich aufs Sofa: Er hatte das Gefühl, sich einen Schnupfen geholt zu haben, und zog sich deshalb kränkelnd zurück. Für mich den restlichen Nachmittag Haushaltszeug: Wir ließen Howard im Erdgeschoss fahren (aufs Wischen verzichteten wir), ich putzte das obere Bad und wusch insgesamt drei Maschinen Wäsche. Außerdem zwei Nachzügler-Weihnachtskarten, und ich blätterte das November-Heft VF&L durch und machte einen Wochenplan. Mit so ein paar Fragezeichen, denn währenddessen wurde der Liebste immer kränker, am Abend war er richtig erkältet und es war klar, dass er am nächsten Tag nicht zur Arbeit gehen würde.
Trotzdem eine spontane Umräumaktion: Mir missfiel die Tatsache, dass ich im Wohnzimmer (ein Sessel als Katzenplatz eingerichtet und deshalb nicht gut benutzbar, das Sofa von einem Mann und zwei Katzen belegt) keinen guten Leseplatz hatte und der wunderschöne Lesesessel, den wir von der Schwiegermutter übernommen hatten, in meinem Arbeitszimmer eigentlich nicht benutzt wurde (außer von Magi). Dazu stand die große Holztruhe mit den Campingsachen im Wohnzimmer eigentlich ziemlich doof im Weg… also räumten wir sie aus, trugen (unter Mühen) den Sessel nach unten und die Truhe nach oben, räumten sie oben wieder ein. Schweißtreibende 20 Minuten Arbeit, aber jetzt haben wir eine sehr schöne Leseecke.
Die Katzen nahmen den Sessel sofort in Beschlag, Magi war leicht empört, als ich ihn hochhob und den Sessel für mich beanspruchte. Apropos Magi. Der hat ja die letzten Wochen häufig in meinem Arbeitszimmer geschlafen, wo ja jetzt die Schlafzimmertür zu ist, und dieser Schlafplatz fehlt jetzt natürlich. (Die Truhe passt eigentlich prima ins Arbeitszimmer, gibt mir sogar eine zusätzliche Arbeitsfläche, aber ist halt nichts zum Schlafen.) Das machte mir ein ziemlich schlechtes Gewissen – das arme Tier! – und ich muss mal überlegen, ob wir da etwas anderes für ihn finden.
Ein bisschen Lesezeit auf dem neuen Sessel also (zuerst hatte ich ein neues Buch überlegt, aber ich las dann doch im zweiten Thursday Next-Band weiter), dazu zwei Aufgüsse des Gunpowder-Tees. Sehr aromatisch, ganz fein, einen dritten Aufguss würde ich allerdings eher nicht mehr machen (da verliert er dann vermutlich doch zu sehr an Aroma). Um halb sieben machte ich uns das Abendessen (der Liebste half kurz beim Schnippeln), ein einfacher, aber sehr herzhafter und wirklich gut gewordener Topf Pasta e Fagioli (ergänzt um Tiefkühl-Brokkoli, der weg musste, und die übrigen Pilze). Gutes Essen.
Den ganzen Tag über waren vom Guardian schon Update-Meldungen zur Lage in Syrien gekommen, und kaum waren wir daheim, die Nachricht: Assad ist also nun tatsächlich nicht nur aus Damaskus, sondern aus dem Land geflohen und hat in Moskau Asyl bekommen. Nach so vielen Jahren des Stillstands, nach so vielen verzweifelten Kämpfen (und nachdem ich den Vormarsch der Rebellen auf Aleppo und dann Damaskus erst kaum glauben konnte) gibt es nun tatsächlich einen Umsturz und eine Bewegung in diesem festgefahrenen Bürgerkrieg. Wir schauten uns deshalb die Tagesschau und den ARD-Brennpunkt an und sahen Bilder von jubelnden Syrer:innen überall auf der Welt. Absolut ein sehr bewegender Moment.
Ich bin allerdings nur vorsichtig optimistisch. Es hat nun einmal nicht die Demokratiebewegung, sondern der syrische Al Kaida-Ableger HTS die Auseinandersetzung (vorläufig) gewonnen, und man darf sich zu Recht fragen, ob das nicht die Wahl zwischen Pest und Cholera ist, auch wenn HTS sich bemüht gemäßigt und pragmatisch gibt. Und die anderen Gruppierungen sind halt auch noch da (im Übrigen auch die Kurden im Norden des Landes). So frage ich mich als ewige Pessimistin, ob man hier in ein paar Jahren vom Ende des Bürgerkriegs oder nur vom Beginn einer neuen Phase sprechen wird. Wenn es aber der erste Schritt zu einer Befriedung – und Demokratisierung – des Landes wäre: Das wäre natürlich schon fantastisch. Und so hatte ich doch so ein bisschen das Gefühl, gerade bei einem historischen Moment der Weltgeschichte Zeugin zu sein.
Kleiner Nachtrag : Maximilian Buddenbohm beschreibt den Moment in seinem Blog sehr schön:
https://www.buddenbohm-und-soehne.de/2024/12/09/zoon-politikon/