Pferde, Dinos, Tauben – Mittwoch 9.4.2025

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch / Wien
Ohne Pferde. (Mit Pferden durfte man nicht fotografieren.)

Recht gute Nacht, am Morgen fühlte ich mich ausgeschlafen und wieder einigermaßen auf dem Damm. Wir wachten beide vor dem Handywecker um halb sieben auf und hatten damit einen entspannten Morgen mit Granola, Tee und Orangensaft (was den restlichen Vormittag reichte, sehr gut). Der Wecker war gestellt worden, weil wir um 10 Karten für die spanische Hofreitschule hatten (das einzige Event, das wir im Vorfeld festgelegt und auch schon gebucht hatten). Um 8:40 gingen wir aus dem Haus und nahmen die Tram bis ins Zentrum. Reichlich frühzeitig da, auch wenn wir Platzkarten hatten, aber wir wussten nicht, wie groß das alles war und wie unübersichtlich, und da „Einlass ab 9:30“ auf dem Ticket stand, vermutete ich, es würde einen Grund haben. Tatsächlich war dann alles recht entspannt, schon eine kleine Menschentraube vor dem Eingang, als wir um kurz vor halb ankamen, aber der Einlass war reibungslos und wir hatten beide noch Zeit fürs Klo. Passte alles.

Wir hatten Karten für das Morgentraining der Lipizzaner – man hätte auch Karten für die Nachmittagsvorführung bekommen, aber erstens war das deutlich teurer und zweitens interessierte mich das Training ehrlich gesagt mehr als die Vorführung. Wir waren auf der zweiten Galerie, nicht die besten Plätze (man schaute von oben und hatte nur die Hälfte der Reitbahn im Blick), aber das war egal, wir sahen genug. Zweimal dreißig Minuten Reitenden beim klassischen Dressurtraining und der „Hohen Schule“ zuzuschauen, das war wirklich hochinteressant. Es wurde viel mit positiver Verstärkung gearbeitet, und man konnte die unterschiedlichen Trainingsstände der verschieden alten Hengste gut sehen. (Überhaupt, Hengste: Die sieht man ja generell wirklich selten. Und was für ein beeindruckender Anblick das immer wieder ist: diese Brustkörbe, diese Kruppen, diese Muskelpakete! Ich hätte zwar (einfach, um das Bild rund zu machen) auch gern ein paar zierliche Stuten gesehen, aber dann wäre es mit der konzentrierten Morgenarbeit vermutlich deutlich schwieriger geworden.) Man kann natürlich am Reitsport einiges kritisieren. Aber ich hatte da generell schon den Eindruck, dass man mit den Tieren gut umgeht und sie Spaß an der Sache haben. Eine Augenweide waren sie sowieso.

Um kurz nach elf kamen wir aus der Reithalle und blinzelten etwas ins Sonnenlicht (immer noch recht frisch, wenig bewölkt). Wir waren natürlich komplett mitten in der Touristenzone, ständig latschten geführte Gruppen hinter einem Menschen mit Infoschild und Headset an uns vorbei. Die eigentliche Hofburg schenkten wir uns deshalb auch (hatten wir sowieso nicht vorgehabt), stattdessen gingen wir ein bisschen in den Hofgarten (schön, aber noch etwas vor der Frühlingsblüte – in drei, vier Wochen wird er sicher noch einmal deutlich prächtiger sein). Wir schauten uns den Park ein bisschen an und gingen dann zum Naturhistorischen Museum, unserem zweiten Programmpunkt für den Tag.

Allein schon die Decke. Wahnsinn.
Tür mit Unterkiefer (?) von Bartenwal (?).

Das Naturhistorische Museum ist wirklich einen Besuch wert, schon allein wegen der fantastischen Architektur des Gebäudes. Der Eintritt ist nicht ganz billig (wir bekamen mit der Wien City Card ein bisschen Rabatt), aber wenn das dazu führt, dass man so ein tolles, schön durchdachtes, gut ausgestattetes Museum hat, dann ist das Geld mehr als gerechtfertigt. Wahnsinnig voll war es auch nicht, immer sehr angenehm.
Wir schauten uns erst einmal den Plan an, bewunderten das Treppenhaus, beschlossen von oben anzufangen und stoppten dann mehr oder weniger sofort beim Museumscafé. Das war noch mehr oder weniger leer, und es war schon kurz vor zwölf und wir hatten Hunger. Also frühes Mittagessen, vor allem als wir sahen, dass es einen alkoholfreien Crodino Spritz und ein veganes Pilzgulasch auf der Karte gab. Großartig. Während wir aßen, wurde es zunehmend voller, und als wir nach zwei großen Mokka (das Wort „Espresso“ gewöhnt man sich schnell ab) dann schließlich in die Ausstellung gingen, war es schon grenzwertig. Gerade richtig gekommen.

Dinos, oder so, an der Wand.

Die Ausstellung war eine sehr schöne Mischung aus naturwissenschaftlich interessanten (neue Infokästen, Bildtafeln, Erklärtexte) und historisch interessanten (alte Schaukästen aus dem 19. Jahrhundert, teilweise noch mit der alten Beschriftung, ergänzt und erläutert) Elementen. Sehr umfangreich und jeder Saal mit schönen Details (unter anderem die Wand- und Deckengestaltung: In jedem Saal fand man im Deckenfries Figuren eingearbeitet, die zum Saal passende Dinge in den Händen hielten, im Bereich „Ozean“ beispielsweise also Fische, Rochen, Muscheln, im Bereich „Paläontologie“ die Vorstellung des 19. Jahrhunderts von Dinosauriern).
Wir blieben sehr lang und konnten trotzdem nicht alles anschauen (wollten wir auch nicht, Ausstellungsübersättigung wollten wir vermeiden). Zum Abschluss noch ein Blick in den Museumsshop (wir kamen mit ein bisschen Kleinzeugs – Steinen und so – wieder heraus, aber ohne Plüschdino), und um Viertel vor drei waren wir bereit für die nächste Tasse Kaffee.

Also weiter zum Museumsquartier und dort ins Café Leopold – das dem Museum Leopold angeschlossene Café, das man aber auch von außen besuchen kann. Zu diesem Zeitpunkt war es ordentlich warm geworden, sodass eine Menge Leute den Museumsplatz mit seinen zahlreichen Sonnensitzgelegenheiten nutzten und die Außengastro des Cafés voll belegt war. Wir bekamen drinnen einen Platz am Fenster. Ein bisschen Ruhepause, ohne viel reden (ich las, wir hatten beide einen Mokka und danach noch einen G&T für den Liebsten und einen Prosecco für mich, passend zum Sonnenwetter). Um vier brachen wir schließlich auf. Mein Bauch grummelte wieder ein bisschen und wir tendierten in Richtung heim.

Erst einmal gingen wir zu Fuß zur Tram, durch den Volksgarten, an Parlament und Rathaus vorbei. Das hätte eigentlich alles prima gepasst, wenn wir ein bisschen besser aufgepasst hätten: Wir nahmen eine Tram, die uns zum Schwedenplatz brachte, wo wir in unsere Linie 2 hätten umsteigen können. Blöderweise wurde aber schon vorher an einer Haltestelle „Umsteigen in Linie 2 Richtung Dornbach“ angezeigt, wir sprangen also aus der Tram, und erst als wir draußen waren, fiel uns auf, dass Dornbach die falsche Richtung war und es nicht sicher war, dass man die Gegenrichtung auch finden würde. Fand man in diesem Fall nicht, weil die Straßenbahnlinien hier nicht aneinander vorbei fuhren.

Wir standen also ohne Tram da, und statt auf die nächste zu warten, entschieden wir uns, für einen „kleinen Snack“ in Richtung Zentrum zu gehen. Die Kuh zeigte uns ein vegetarisch-veganes Bistro in der Nähe des jüdischen Museums an. Das Museum fanden wir auch, das Bistro allerdings nicht. Und wir waren ehrlich gesagt auch etwas abgelenkt: Denn während wir noch auf dem Platz standen, fiel mehr oder weniger direkt vor unseren Füßen (und im Eingangsbereich eines italienischen Restaurants) eine Taube auf den Boden.

Etwas bizarr, das alles. Die Taube war augenscheinlich vom Himmel gefallen und ganz offensichtlich verletzt, so wie sie auf dem Boden lag und mit beiden Flügeln flatterte, aber sich nicht mehr bewegen konnte. Wir gingen vorsichtig näher, ebenso wie ein anderer Passant, zwei Kellner vom Restaurant und ein Soldat und ein Polizist vom Eingangsbereich des jüdischen Museums (…das in Wien offensichtlich genauso bewacht werden muss wie in Berlin, seufz). Während wir die Taube etwas ratlos anschauten, hielt sie den Kopf nach oben, klappte noch ein- zweimal mit dem linken Flügel, verdrehte die Augen und starb. In der linken Flanke direkt unter dem Flügel hatte sie ein großes Loch im Brustkorb, aus dem es ordentlich blutete, da war also wenig zu helfen gewesen.
Wir standen ein wenig ratlos drum herum, bis einer der beiden Kellner sie schließlich in ein paar Papiertaschentücher wickelte und wegtrug und der andere einen Eimer Wasser holte (wegen der Blutlache auf dem Boden). Und wir anderen ein bisschen die Schultern zuckten, uns schließlich artig verabschiedeten und unserer Wege gingen. Leicht rätselhaft, woher die Taube gekommen war und was sie vor allem erwischt hatte – der Liebste fragte sich, ob da irgendein Mensch mit einem Luftgewehr aus einem Dachfenster geschossen hatte? Ich hielt eher einen Falken für wahrscheinlicher, dem sein frisch erbeutetes Abendessen abhandengekommen war. Traurig auf jeden Fall. (Unter anderem auch für den Falken.)

Auf jeden Fall mäanderten wir weiter durch die Innenstadt, zunehmend schlecht gelaunt, ich fühlte mich wieder ausnehmend bauchweh-ig und insgesamt malade. Gerade passend stolperten wir über eine Art Kunsthandwerkermarkt, der sich „Ostermarkt am Hof“ nannte und aus einer Art Möchtegern-Weihnachtsmarkt mit Buden, halbgarer Osterdeko, Bastel- und Kunstzeugs und vielen, vielen Fressständen bestand. Ein etwas merkwürdiges Konzept. War aber egal, wir stellten uns an einem Stand an und kauften ein Langos und einen Kartoffelpuffer, beide mit viel Knoblauch und komplett triefend vor Fett (logisch, in Fett ausgebacken). „Bauchschonend“ geht irgendwie anders. Aber egal, damit war der erste Hunger weg und wir gingen in Richtung Tram und endlich heim.

Um halb sieben waren wir daheim, mit kurzem Stopp beim dm. Wir fühlten uns beide mittlerweile ziemlich kaputt und sogar leicht kränklich, das war aber vermutlich nur der vielen Sonne und dem langen Herumlaufen geschuldet. Auf jeden Fall holte der Liebste uns ein paar Spaghetti, gestückte Tomaten und eine Packung veganes Hack vom Hofer und kochte uns damit ein einfaches schnelles Abendessen. Damit dann ein ruhiger Abend.
Oder wäre es eigentlich gewesen, wenn uns nicht ein Telefonanruf erreicht hätte, über den der Liebste sich ziemlich ärgerte (ich mich auch). Alles nichts für den Blog, aber nun ja, der ruhige Abend war damit erst einmal vorbei. Ich nahm mir irgendwann (in Absprache mit ihm natürlich) das Handy des Liebsten und schaltete einen Whatsapp-Chat stumm, aus Gründen, und wir verbrachten den restlichen Abend redend und lesend. Hätte es auf jeden Fall nicht gebraucht, unnötiges Theater. Passte aber so ein bisschen zum Gesamt-Schlappheits-Kränkelgefühl des Tages.