Wieder recht gute Nacht, der kühle Raum (Heizung im Schlafzimmer aus) war zum Schlafen eigentlich angenehm. Aufgewacht um kurz nach sechs, noch etwas liegen geblieben, irgendwann dann auf, Tee kochen und langsam wach werden. Draußen zeigten sich die letzten Wolkenreste, man konnte ihnen beim Auflösen zusehen – die Sonne kam gerade nach oben und strahlte die Spitzen der Berggipfel golden an. Sehr schöner Anblick, haarscharf an der Kitschgrenze vorbei.
Wir hatten uns wieder Brötchen bestellt, diese aber fürs Mittagessen eingeplant, der Liebste machte uns ein Müsli zum Frühstück. (Mit einer am Montag gekauften Granola-Müslimischung, zwar ohne Trockenfrüchte und Zucker und so Quatsch, trotzdem aber nur so halb überzeugend.) Dazu nach dem Tee eine halbe Kanne Kaffee, und so um halb elf waren wir nach ausführlicher Dusche, Vesper richten, Rucksack packen, Blasen verpflastern startklar. Unser Plan war heute, einmal mit der Seilbahn auf den Berg zu fahren, die Füße ein bisschen schonen. (Wobei wirklich die Blase links die meisten Probleme machte, die anderen Sachen, Fußrücken und Achillessehnen und Zeugs, verhielten sich ganz ausgesprochen manierlich.) Und da der Zugspitzen-Rummel uns ja nicht so richtig angesprochen hatte, hatten wir uns deshalb für die Alpspitzbahn entschieden.
Zum Bus um zehn nach elf (sehr cool, dass man mit der Gästekarte die Stadtbusse umsonst fahren kann), ein paar Minuten später waren wir an der Talstation der Seilbahn. Man merkt sehr deutlich, dass wir in der Nebensaison unterwegs sind (was SO toll ist), es waren recht wenige Leute da. Die Gondel, die quasi direkt nach dem Ticketkauf um halb zwölf hochfuhr, war schon gefüllt, aber nicht gepresst voll, und Schlangen gab es auch keine. (Übrigens: Berg- und Talfahrt kostete uns 37 Euro, mit der Eibsee-Seilbahn auf die Zugspitze hätten wir dreistellig bezahlt.) Alles sehr angenehm. Gondelfahrt auch recht spektakulär, denn: Da geht es halt mal richtig steil nach oben.
Oben machten wir dann Touristendinge: Schauten uns das Areal ein bisschen an (es fährt von dort noch eine zweite, kleinere Seilbahn in Richtung Hochalm, man könnte also ein bisschen im Kreis gondeln, wenn man will, außerdem starten einige Wanderwege und Klettersteige von dort, Richtung Kramer und Alpspitze und Zugspitze), kletterten so ein bisschen oben herum (alles sehr vorsichtig und manierlich, denn oben lag Schnee, der durch die Plusgrade teilweise geschmolzen und wieder eisig festgefroren, teilweise rutschig angetaut war), machten tausend Fotos von überall. Unter anderem von dem „AlpspiX“, eine X-förmige Aussichtsplattform, die dort quasi über den Abgrund in Richtung Höllental gebaut wurde. Kostete mich im ersten Moment schon etwas Überwindung, draufzugehen (der Boden ist nur aus Gitterrosten gemacht, man sieht also durch die Löcher durch in die Tiefe), aber man gewöhnt sich schnell dran. Und der Ausblick ist halt schon spektakulär.
Auf einer Bank aßen wir unsere mitgebrachten (Rügenwalder) Wurstsemmeln zu Mittag und tranken ein wenig Wasser. Schauten außerdem den anderen Touristen zu, denn auch wenn es nicht Hauptsaison war, Leute waren natürlich trotzdem da. In erster Linie Familien mit Kindern, denen wir bei teilweise absurdem Verhalten zusahen. Natürlich jede Menge Turnschuh- und Halbschuhträger, Kinder in Gummistiefeln, aber man muss ehrlicherweise sagen: Wenn man in der Nähe der Bergstation und der Aussichtsplattform bleibt, dann braucht man auch keine Bergschuhe. Man darf halt nur nicht denken „ach, hier könnten wir doch jetzt eine kleine Wanderung starten“, denn das Gelände wird sehr schnell so richtig hochalpin.
Den hochalpinen Bergwanderern sahen wir von der Sonnenterrasse des kleinen Bergrestaurants aus zu (…also Restaurant in Anführungszeichen, alles recht rustikal mit Selbstbedienung und Pommes und Gulaschsuppe und so), während wir zwei alkoholfreie Hefe tranken. Von der Terrasse aus kann man einen Weg (um die Alpspitze herum) in Richtung Zugspitze gut beobachten, mit den kleinen schwarzen Figuren, die sich auf dem schnurähnlich schlängelnden Weg vom Fels und vom Schnee abhoben und irgendwann um die Kurve verschwanden. Ein bisschen ein merkwürdiges Gefühl, diesen Sportlern beim Stapfen und Wandern und Klettern zuzusehen und gleichzeitig mit Sonnenbrille und Bier auf der Terrasse zu sitzen. (Recht warm übrigens, vor allem weil es quasi windstill war, Schal und Handschuhe brauchte man nicht und Mütze eher wegen der Sonne. Ich war froh, dass wir uns daheim noch mit Sonnenmilch eingecremt hatten.)
Gegen halb drei fuhren wir mit der Bahn wieder runter und mit dem Bus ins Stadtzentrum zurück. (Nach einem kurzen Blick auf die Skipisten und vor allem die Kandahar-Abfahrt, die dort alle schon für die Skisaison vorbereitet werden, Absperrungen schon gesteckt, Skikanonen schon aufgestellt.)
Dort gingen wir noch nicht direkt zurück zur Ferienwohnung, sondern (auch weil meine Füße ganz manierlich waren, die linke Blase links war mit Blasenpflaster ganz gut zu ignorieren) erst ins Stadtzentrum und dort ins Café Krönner.
Das Café ist so ein bisschen ein Besuchertipp – Geheimtipp kann man nicht sagen, aber eben ein echter Tipp und keine Touristenfalle. Ziemlich groß, aber es waren (Nebensaison!) sehr viele Plätze frei. Es war wirklich erstaunlich warm, und so gingen wir auf die Sonnenterrasse im 1. Stock und saßen dort ohne Jacke und mit Sonnenbrille und blinzelten durch die Gegend. Nach zwei Hafermilchkaffee und zwei Stück Torte (gut, recht teuer allerdings) waren wir zufrieden und gingen wieder heim.
Mit kurzem Zwischenstopp im Touristen-Shop, wo ich mir einen wunderschönen Hoodie kaufte, so mit Bergpanorama-Print vorne drauf. Ich habe nämlich festgestellt, dass ein großer Teil meiner Hoodies daheim Urlaubs-Mitbringsel sind: Der graue Converse? Türkei. Der Kleeblattgrüne? Irland (Hochzeitsreise). Der Blaue? Kanada. Der Braune? Irland (Sabbatical). Der blau-weiß Gestreifte mit Teddyfell? Southampton. Es gibt noch ein paar wenige andere (der weinrote Bodensee-Hoodie war ein Geschenk, der Hellgrüne eine Uni-Erinnerung), aber insgesamt kann ich schon mit Fug und Recht behaupten, dass das eine Urlaubstradition ist. Denn wenn man etwas lang genug macht, wird es Tradition. Oder so.
Daheim waren wir dann beide ziemlich müde und so leicht angenervt, bisschen gestresste Stimmung. Deshalb ließen wir uns erst einmal ein bisschen in Ruhe, ich trank Tee und las mein Buch zu Ende (der fünfte Jörg Maurer-Band, Unterholz, und etwas blöd, dass ich den sechsten nicht auch noch eingepackt habe, aber egal). Dann war es acht und dringend Zeit fürs Abendessen.
Die Kuh hatte uns ein paar Sachen in der näheren Gegend vorgeschlagen, allerdings mit einem ziemlich hohen Italienisch-Anteil, worauf wir nicht so richtig Lust hatten. Wir gingen deshalb zuerst einmal zum Hofbräustüberl, weil es „original bayerische“ Küche und trotzdem vegane Angebote haben sollte. Allerdings verschlossene Türen wegen Betriebsferien: Nun ja. Nebensaison und so, da muss man in Kauf nehmen, dass ein paar Sachen zu haben.
Wir gingen also ein paar Seitenstraßen weiter zu einem afghanischen Restaurant, Bakram, wo tatsächlich außer uns nur drei Personen waren, drei arabische junge Männer, die sehr authentisch auf so einer Art Podest in der Ecke auf dem Boden saßen, mit Teppichen und Kissen, und dort diverse Sachen aus verschiedenen Schüsseln aßen. Wir konnten uns allerdings an einen Tisch setzen (besser für unsere Knie und Rücken) und fanden auch ein paar vegane Sachen. Für beide eine Schüssel Salat (alles in Würfel geschnitten und mit Zitrone angemacht, sehr gut) und ein Teller Basmatireis mit Safran und Berberize, und dann bestellte der Liebste geröstete Aubergine und ich Spinat mit Schwarzaugenbohnen dazu (was wir uns beide brav teilten). SEHR gutes Essen.
Um zwanzig nach neun wieder zurück – wir hatten noch über einen Absacker in einer Kneipe nachgedacht, aber es war alles quasi leer (…Nebensaison!) und das fand ich dann irgendwie auch ungemütlich. Und ich hatte auch nicht so richtig Lust auf Alkohol. Also daheim noch etwas auf Mastodon vorbeigeschaut, Zeugs auf dem Tablet angeschaut, und gegen halb elf ins Bett gekrochen. Dieses Mal nicht mit 26.000 Schritten auf der Uhr, aber mit genug Eindrücken auf jeden Fall.