Nach ziemlich vielen Quatschträumen wachte ich im Dämmerlicht auf: Sechs Uhr morgens. Ich beschloss aufzustehen, obwohl ich nicht wirklich so ganz hundertprozentig ausgeschlafen war, weiterschlafen wollte ich aber auch nicht. Außerdem kam in diesem Moment der Kater um die Ecke, und da er ab sechs ja betteln „darf“, zog ich mich an und ging runter (auch um den Liebsten noch ein bisschen schlafen zu lassen). Vermutlich werde ich pünktlich zum Arbeitsanfang wieder vom Wecker wach werden und völlig kaputt und unausgeschlafen sein. Draußen Wind und gegen die Scheiben prasselnder Regen, sehr ungemütliches Wetter: Nach einer Sonnen-Urlaubswoche war ein Tag Regen zu verkraften, ich stellte mich auf Sofa und Schlamperklamotten ein.
Das umreißt den Tag ziemlich gut: ein bisschen Lesen, viel Internet, irgendwann ein ausgedehntes englisches Frühstück. Außerdem kam der Brotteig in den Ofen, das Resultat sah so hübsch aus, dass ich es fotografieren musste (normalerweise sind Brote ja nun nicht so instagramable, aber das war einfach sehr gelungen). Ansonsten sehr viel Twitter, ich tippte noch ein paar Rezepte in unsere Datenbank und wir aßen die restliche Mousse au Chocolat leer (es sind insgesamt acht – üppige – Portionen, vier hatten wir am Samstag, vier am Sonntag, crazy).
Draußen klatschte der Regen gegen die Scheiben, wir rannten irgendwann raus, um die Liegestühle vom „Sonnendeck“ in den Ziegenstall zu packen (die Überdachung des Sonnendecks ist seit dem letzten Hagelsturm löchrig, die Stühle standen im Wasser). Außerdem noch schnell den Biomüll geleert, und das war für den Tag genug frische Luft. Dauerregen ohne Pause, der Kater beschwerte sich (er ging aber trotzdem dreimal kurz raus und kam recht fassungslos wieder herein).
Zum Mittagessen machten wir die zweite Hälfte des Stir Fry heiß, außerdem eine Kanne Kaffee. Wir haben vor kurzem die Heizung im Haus schon etwas runtergedreht (noch nicht die Zentralheizung, aber die Heizkörper in den einzelnen Zimmern), wegen Klimawandel und Krieg und Energiesparen und überhaupt, und bei Regen und 10 Grad wurde es ein bisschen ungemütlich. Ich legte mich mit Decke auf das Sofa, und als das irgendwann nicht mehr half, ging ich heiß duschen. Das wärmte mich tatsächlich ordentlich auf und regte meine Motivation soweit an, dass ich einen großen Punkt abschließen wollte, den ich mir für den Urlaub vorgenommen hatte: mein dickes Sachbuch fertig lesen.
Das Buch heißt Die Wahrheit über Eva, ich hatte es am 1.5. 2021 gestartet (das weiß ich, weil ich es im Blog vermerkt hatte, damals noch naiv davon ausgehend, dass ich es in ein paar Wochen durch hätte). Spannendes Buch, aber ziemlich umfangreich und teilweise mit einigen Längen. Und letztes Jahr hatte ich ja phasenweise solche Konzentrationsschwierigkeiten, dass ein komplexes Sachbuch nicht zu machen war. Jetzt hatte ich es am Urlaubsanfang wieder in die Hand genommen und war tatsächlich wieder ins Lesen reingekommen.
Das Thema: Woran liegt es, dass Frauen quasi schon immer und universell unterdrückt wurden? Ist es die biologische Natur der Dinge, sind Männer testosterongesteuert, aggressiver, ist eine Hierarchisierung und Unterdrückung der Geschlechter zwangsläufig und unvermeidbar? In den diversen feministischen Bewegungen wurde die Biologie als Elefant im Raum oft vermieden anzusprechen, man konzentrierte sich auf die Kultur. Das Buch geht einen anderen Ansatz: Es startet mit der Biologie und mit der evolutionären Entwicklung und zeigt, dass die unbestreitbaren biologischen Unterschiede absolut nicht automatisch zur Frauendiskriminierung führen mussten und für den längsten Teil der Menschheitsgeschichte auch nicht haben: Die jetzige Ungerechtigkeit ist evolutionär gesehen ein erst seit kurzem bestehender Irrweg. Wie es dazu kam? Das ist tatsächlich Auswirkung der Kultur, verschiedene kulturelle Entwicklungen, die sich ungut gegenseitig befruchteten und zu den Verhältnissen führten, wie wir sie hatten und haben (sehr grob zusammengefasst: Ackerbau, Festlegung von Eigentum, Krieg als Initiationsritus, Religion als Legitimation von Herrschaft, dann im 18./19. Jahrhundert die Wissenschaft, die die Rolle der Herrschaftsreligion übernahm und Machtstrukturen weiter festschrieb).
Das Buch ist von einem Autorenteam aus einem Biologen und einem Kulturwissenschaftler geschrieben, und diese Kombination erweist sich als ausgesprochen fruchtbar. Außerdem ein flüssiger Schreibstil, nur teilweise zog es sich ein bisschen hin. Trotzdem: Um halb sechs hatte ich es durch und war sehr zufrieden mit mir. Die Anstrengung hat sich schon gelohnt.
Gemeinsames Kochen: Pesto Lasagne nach einem Bosh-Rezept, sehr üppig. Ich fing mit Ofengemüse und Tomatensauce an, der Liebste, der den ganzen Tag am Laptop vor sich hin gebastelt (und geschimpft) hatte, kam dazu und machte die Béchamelsauce. Dann Lasagne zusammenbauen, 45 Minuten in den Ofen, ich machte währenddessen den Wochenplan und bestellte die Biokiste, und damit hatte ich trotz des Schlampertags doch noch ein bisschen was hingekriegt: Die Wäsche war fertig (schon am Samstag), das Essen war im Ofen, mein Buch war durchgelesen, die kommende Essenswoche war geplant. Nur das Putzen hatten wir stillschweigend verschoben (nachdem wir im Urlaub so einen gründlichen Hausputz gemacht hatten, war es verkraftbar).
Dann sehr gute Lasagne, wir hielten uns zurück und froren einen Teil davon ein (damit ist der Gefrierschrank jetzt wieder einigermaßen gefüllt). Die Nachrichten sparten wir uns, ich bekam nur um kurz nach acht die Pushmeldung des Guardian, dass es ganz gut aussehen würde in Frankreich, und las daraufhin im Spiegel Online etwas genauer nach. 42% für die Nazibraut, viel zu viele, aber immerhin hat sich die Mehrheit dann doch gegen Fremdenhass und für Europa entschieden. Gerade noch mal gutgegangen, über alles andere will ich gar nicht nachdenken. Es wäre eine Katastrophe für Europa, für den Kampf gegen den Klimawandel, für die europäische Sicherheit gewesen.
Das war genug internationale Politik, wir zogen uns nach Oslo zurück und schauten die letzten beiden Folgen der ersten Staffel von Beforeigners an. Gute Serie, macht mir großen Spaß.