Urlaub! Deshalb natürlich um zehn nach sechs aufgewacht, klar. Ich war ausgeschlafen und fühlte mich prima, und da der Liebste sowieso einen frühen Start wollte, stand ich auf (er kam dann kurz danach). Küche und Kater, dann setzten wir uns mit Tee und Zeitung an den Esstisch für wenigstens noch ein paar Minuten Ruhe, bevor der Liebste aus dem Haus musste. Zum Frühstück ein Peanut Butter Porridge (wir mussten Bananen und Hafermilch verbrauchen), eine kurze Dusche, dann packte der Liebste um halb neun zusammen, zog sich die Motorradklamotten an und setzte sich auf die R9T (ich hätte ihm ja vorgeschlagen, dass er mein Lenchen nimmt, aber die muss erst einmal zum TÜV). Mal wieder ein Besuch in Familiendingen am Bodensee, um dort weitere Sachen zu klären, ich war also den Tag über allein daheim.
Zunächst einmal ein bisschen bloggen und Internet, dann schaute ich auf YouTube vorbei. Ich hatte mir einige Dinge zu erledigen vorgenommen, aber erst einmal wollte ich abwarten, bis der Liebste mir schrieb, dass er sicher angekommen sei. Der meldete sich aber nicht. Eigentlich ist das eine Fahrt von anderthalb oder maximal zwei Stunden, ich rechnete noch etwas Stau ein (den es außerhalb der Autobahn und mit dem Motorrad eigentlich nicht gibt) und begann so ab halb elf ein bisschen unruhig zu werden. Und dann so richtig unruhig. Ich rief auf dem Handy an, wo sich aber sofort die Mailbox meldete, und schickte eine Threema, die aber nicht durchging (es wurde nur das Briefumschlag-Symbol angezeigt). Aus dem Haus wollte ich nicht, weil ich das Telefon nicht verpassen wollte, und so saß ich also am Esstisch, schaute mir irgendwelches Zeugs auf YouTube an und machte mir Sorgen. Um zehn vor zwölf beschloss ich schließlich, nicht länger zu warten, und rief bei den Schwiegereltern an. Und natürlich saß der Liebste da gemütlich seit anderthalb Stunden auf dem Sofa, war problemlos hingekommen und hatte mir auch sofort nach Ankunft geschrieben, aber sein Handy wollte zickig sein und hatte sich nicht mit dem WLAN verbunden, weshalb in beide Richtungen keine Nachrichten durchgingen. (Und die Anrufe wurden sofort zur Mailbox umgeleitet, das war wohl vom Liebsten eher versehentlich irgendwann so eingestellt worden, aber in so einem Fall dann auch nicht so hilfreich.)
Ich war auf jeden Fall erleichtert und zufrieden und packte quasi sofort zusammen, um ein Paket zur Post zu bringen. Die Hauptpost macht, es ist eigentlich nicht zu fassen, samstags schon um 13 Uhr zu, ich musste mich also etwas beeilen. Der Liebste hat vor kurzem eine Flugdrohne des Schwagers/Bruders (längere Geschichte mit Augenverdreh-Potential) über Ebay verkauft und die musste jetzt noch versendet werden, er hatte schon über die Onlinefrankierung einen Paketschein ausgedruckt und aufgeklebt. Ich hätte also das Paket einfach nur in die Packstation stellen können, ging aber trotzdem an den Schalter, glücklicherweise muss man sagen.
Denn der erste Lerneffekt der ganzen Aktion war, dass unsere Küchenwaage mit so großen Paketen wohl überfordert ist, und wenn sie 4,9 kg anzeigt, dann kann sie sich durchaus mal um ein Pfund vertun. Der Paketschein für Pakete bis fünf kg passte also schon mal nicht. Ich fragte die Mitarbeiterin, ob sie quasi nachfrankieren könnte, und sie war gerade schon dabei, da fiel ihr auf, dass das Paket nicht ganz genau rechteckig war, sondern sich nach unten hin etwas verjüngte. Nicht extrem, nur ein bisschen, aber es reichte aus, damit das ganze Ding nicht mehr als normales Paket durchging, sondern als „Sperrgut“ wegen „ungewöhnlicher Form“. Dafür wäre der Preis ungefähr vierzig Euro gewesen, ich verzichtete dankend und ging wieder heim.
Erster Tagespunkt Paket hatte also schon mal nicht geklappt, und das ganze Szenario war so absurd, dass ich fast lachen musste (und froh war, dass der Liebste nicht dabei war, er hätte einen absoluten Vogel gekriegt). Daheim machte ich erst einmal eine große Portion Linsencurry warm und legte mich dann mit Laptop (und später für einen kleinen Mittagsschlaf) aufs Sofa.
Gegen drei wurde ich wieder aktiv und ging die zweite Runde aus dem Haus zum Baumarkt: Blumen für den Friedhof, ein Wasser-Tropf-Bewässerungs-Dingsi für die Pflanzen auf der Dachterrasse und außerdem einen Umzugskarton (den Tipp hatte ich von der Postmitarbeiterin, die Post selbst hat nämlich keine so großen Paketkartons zu verkaufen, auch das eigentlich ganz schön bescheuert). Beim Baumarkt angekommen, wunderten mich erst einmal die tausend Leute überall, gab es hier etwas umsonst? Wie sich herausstellte, gab es zwar nichts umsonst, aber 20% auf das gesamte Sortiment wegen Räumungsverkauf, der Baumarkt schließt nämlich im September. Und das merkte man vor allem leider in der Pflanzenabteilung: Es wird offensichtlich nichts mehr nachbestellt, sie verkaufen nur noch das restliche Sortiment ab, und das schien in erster Linie aus Büschen für den Garten, Yucca- und Drachenpalmen und ein paar Stauden zu bestehen. Es war einfach gar nichts da, was sich als Grabbepflanzung geeignet hätte.
Als nächstes schaute ich nach einem Wassertropf-Dings, was es aber natürlich auch nicht gab (nur so ausgetüftelte elektrische Bewässerungssysteme mit Pumpe und was weiß ich), und als ich dann noch nicht einmal mehr Umzugskartons sah, war ich schon ziemlich genervt. Die Kartons entdeckte ich dann doch noch in einer anderen Ecke, sonst hätte ich wirklich komplett mit leeren Händen gehen müssen.
Nachdem also der Punkt „Stadt“ nicht so erfolgreich gewesen war, setzte ich mich ins Arbeitszimmer an den Rechner, um meine Steuererklärung anzugehen, ein Punkt, den ich seit zwei Monaten vor mir herschob – und auch jetzt dachte ich, nur mal gucken, mal auf Elster gehen und schauen, was so passiert. Das Zertifikat hatte ich immerhin vor drei Wochen schon mal erneuert, also klickte ich auf „neues Formular“, dann auf „alte Daten übernehmen“… und dann ging ich mal so Seite für Seite durch, trug noch ein paar neue Sachen ein (mein Ordner mit den Steuerunterlagen ist zum Glück einigermaßen up to date), nach einer Viertelstunde klickte ich auf „Übermitteln“ und hatte plötzlich so aus Versehen meine Steuererklärung fertig gemacht. War alles erstaunlich einfach. (Zugegebenermaßen bin ich auch so ziemlich der einfachste Fall, ohne Kinder, ohne Wohneigentum, ohne Vermögen, ohne nennenswerte Werbungskosten oder Sonderausgaben, und dann auch noch mit getrennter Veranlagung.)
Das euphorisierte mich dann doch ein wenig, und zusätzlich schrieb mir der Liebste, dass er jetzt wieder heimfahren würde. Also gute Aussichten auf allen Seiten, ich nahm den Schwung gleich mit ins Schlafzimmer, legte etwas Musik ein und rollte die Yogamatte aus. Eine Dreiviertelstunde Sport, zunächst etwas Yoga, dann ein paar Muskelübungen ohne und schließlich mit Hanteln. Es ging alles erstaunlich gut.
Um halb sechs ging ich schnell den Schweiß abduschen (und etwas abkühlen), und dann war auch schon der Liebste wieder da. In etwas anderer Stimmungslage als ich, muss ich sagen, da er den anstrengenderen Tag gehabt hatte. Er erzählte erst einmal ein bisschen von Familiendingen und Arrangements, die jetzt getroffen werden müssen (alles kompliziert), dann erzählte ich von meinem Tag und erwähnte ganz vorsichtig die Postgeschichte. Wie ich vermutete, konnte er es einfach nicht fassen. Ich ließ ihn ein bisschen schimpfen, und während er versuchte, die ursprüngliche Online-Frankierung zu stornieren (ging nicht) und die Drohne in den Umzugskarton zu packen (ging nur nach viel Gefluche), kochte ich uns eine große Portion Pasta alla Norma.
Abendessen, der Liebste schimpfte über Service, Digitalisierung, komplexe Systeme und den Stand der modernen Welt im Allgemeinen, parallel schauten wir etwas Blaulichtporno. Dann war es halb acht und wir mussten dringend los: Für den Abend hatten wir Karten für ein Gin-Tasting.
Der Liebste und ich sind ja durchaus recht Spirituosen-affin, allerdings in erster Linie Whiskey-Trinker, von Gin hatten wir beide so gar keine Ahnung. Ich hatte keine sonderlich großen Erwartungen (Gin ist bei mir als Modegetränk abgespeichert, und das war schon auch ein bisschen so: Wir waren beim Publikum eher am oberen Altersrand), umso überraschter war ich dann doch über die Bandbreite der Aromen und Geschmäcker. Von „wirklich lecker“ bis hin zu „würde nur aus medizinischen Gründen gehen“ war alles dabei. Am Ende konnte man noch zwei Gins mit Tonic probieren: Ich nahm den (für mich) schlechtesten, der sich mit dem Tonic zu „damit wäre es eigentlich ganz ok“ wandelte, und den besten, der damit zu einem richtig netten, frischen Sommer-Longdrink wurde.
Also eigentlich alles prima, nur dass der Liebste überhaupt nicht in der Stimmung dafür war, insgesamt einfach sehr angestrengt und mit vielen trüben Gedanken wegen des Familien-Besuchs. Wir setzten uns im Lauf des Tastings deshalb mit zwei Drinks auf die Treppenstufen in den hinteren Bereich des Ladens und quatschten ein bisschen. Und das war eigentlich ganz schön.
Um zehn gingen wir heim, beide ziemlich angeschickert (es waren zusammengerechnet vier oder fünf komplette Gin gewesen) und ziemlich müde, aber so im Großen und Ganzen doch ganz zufrieden mit dem ersten Urlaubstag.