Um 6:30 klingelte der Wecker, was für einen Samstag natürlich furchtbar früh war, andererseits recht knapp dafür, dass ich eine Stunde später aus dem Haus musste. Ich snoozte also nicht lang, sondern stand auf, fütterte den Kater, räumte die Küche auf, machte Tee und verschwand dann gleich im Bad. Der Liebste kam mir bald hinterher: Er hatte für den Tag eine Fahrt zum Bodensee geplant – zwar war er unsicher, weil für den Tag ordentlich Schneefall angekündigt war, am Bodensee noch mehr als bei uns, und er über Land fuhr, aber andererseits war der Besuch bei den (Schwieger-)Eltern wichtig und er hatte deshalb zumindest ein Auto gebucht. Beim Blick aus dem Fenster (zwar sehr kalt, aber noch kein Schneefall, die Straßen waren frei) entschloss er sich zu fahren.
Um kurz nach halb acht kamen wir aus dem Haus, der Liebste begleitete mich wegen des Frühstücks: Kurzer Stopp beim Viertel-Lieblingsbäcker (ich hatte kurz damit gehadert, dass ich ja über eine Stunde früher als normal unterwegs war und mir deshalb womöglich mit der werktätigen proletarischen Arbeiterklasse den Platz beim Bäcker teilen müsste, aber dann fiel mir ein, dass Samstag war). Pünktlich um acht war ich im Büro: Wir hatten den ganzen Tag Fortbildung, und zwar die Auffrischung für den betrieblichen Ersthelfer. Machten wir normalerweise alle zwei Jahre, aufgrund von Pandemie und davor Sabbatical war mein letzter Erste-Hilfe-Kurs nun schon wieder sechs Jahre her, es wurde also Zeit.
Zunächst einmal ein Kaffee, große Tasse, aus der alt-neuen Kaffeemaschine. Großer Anklang bei den Kolleg:innen, was kein Wunder war: Das ist einfach ein prima Kaffee, der dort gemacht wird, ich begann schon wieder zu grübeln, ob wir nicht vielleicht doch irgendwo in unserer kleinen Küche noch eine klitzekleine Kaffeemaschine unterkriegen könnten…
Und dann also Kurs. Der Kursleiter war ein ehemaliger Kollege von uns, außerdem Bruder des Chefs (und dann auch noch ehemaliger Sportvereinskollege des Liebsten, Freuden der Kleinstadt), er kannte also alle und es wurde sehr familiär. Für meinen Geschmack ein paar zu viele Anekdötchen und Geschichtchen, aber immerhin blieben wir ganz exakt im Zeitrahmen (der Kurs war angesetzt von 8 bis 4, wir waren auf die Minute genau fertig). Auch wenn ich innerhalb der Zeit gern mehr praktisch geübt und weniger Geschichtchen angehört hätte. Außerdem nahm mir das Thema Straßenverkehr deutlich zu viel Platz ein. Es wird für mich statistisch deutlich wahrscheinlicher sein, dass ich den Liebsten nach einem Arbeitsunfall in der Werkstatt finde oder eine der Kolleginnen im Büro plötzlich vom Stuhl kippt, als dass ich als Ersthelferin an einen Autounfall komme, dazu fahre ich einfach viel zu wenig Auto. Oder Motorrad.
Egal. Zur Mittagspause hatte der Chef Pizza bestellt, dazu gab es eine große Schüssel Salat (beim Salat konnte ich mir Öl, Pfeffer und Kräuter als Dressing drübermachen, die Pizza war allerdings nicht vegan, weil der Chef zwar nach einem Stück ohne Käse gefragt hatte, die – pampige – Pizzabäckerin sich aber schlichtweg geweigert hatte, denn „das geht nicht“, WTF). Sonst halt guten Kaffee, ein bisschen Little Anne wiederbelebt und „Stayin‘ Alive“ gesummt, Kolleg:innen in die stabile Seitenlage gebracht und Verbandpäckchen um fiktive Wunden gewickelt. Erstaunlicherweise erinnerte ich mich noch an eine Menge, es war eigentlich keine einzige wirklich neue Information dabei. Und das ist ja schon mal prima. (Stimmt nicht, eine neue Sache: Innerorts muss das Warndreieck 50 Meter vom Unfall entfernt aufgestellt werden, außer es kommt eine Kreuzung dazwischen. Und in Spanien muss man zwei Warndreiecke mitführen. Informationen, die ich vermutlich in meinem Leben nie brauchen werde.)
Gegen halb zwei hatte es sacht zu schneien begonnen. Ich war leicht irritiert, dass der Liebste sich vom Bodensee nicht gemeldet hatte, bis er mir zur Mittagszeit eine Mail schrieb, dass er sein Handy daheim hatte liegen lassen. Wo, wenn nicht auf längeren Autofahrten sollte man sein Handy dabei haben, ernsthaft. Ich war leicht gestresst, aber immerhin war er gut angekommen. Wollte gegen zwei zurückfahren, schrieb mir dann aber um halb vier (immer noch per Mail), er würde jetzt doch noch „ein paar Sachen erledigen“. Mittlerweile schneite es richtig, und da es deutlich unter null war, blieb der Schnee auch liegen, also nicht die besten Bedingungen zum Autofahren. (Warndreieck auf Landstraßen: 100 Meter vom Unfallort entfernt.)
Ich stapfte durch den Schnee nach Hause, es war nicht glatt, aber so leicht schlüpfrig. Daheim wurde ich von einem sehr hungrigen und leicht empörten Kater empfangen, der seine Frischfutterschüssel quasi leergeleckt hatte, weil nämlich der Liebste am Morgen SEINE TROCKENFUTTERPORTION VERGESSEN HATTE. Er musste morgens (eine halbe Stunde nach mir) einfach kopflos aus dem Haus gelatscht sein. Meine Sorge wegen Autofahren im Schnee wich sofort solidarischer Katzenempörung und ich gab dem Kater eine extra Portion Leckerchen. (Nicht dass der Kater vom Fleisch fallen würde, aber trotzdem.)
Direkt danach wieder aus dem Haus: Mittlerweile lagen so ungefähr 5 Zentimeter Schnee, also ging ich erst einmal zur Streusplitt-Box drei Straßen weiter und holte uns einen Eimer, räumte dann ein bisschen (auch wenn es immer noch ordentlich schneite, aber trotzdem) und streute eine Schicht. Dann war es kurz vor fünf und höchste Zeit zum Einkaufen, ich holte den Rucksack und ging zum Alnatura. Ich war ganz froh, dass ich die Einkäufe mit Rucksack und einem zusätzlichen Einkaufsbeutel erledigt bekam, mit dem Schnee wäre der Wagen sehr unpraktisch gewesen. Mein ursprünglicher Plan war gewesen, einfach schnell zum Supermarkt nebenan zu gehen, aber auf dem Parkplatz dort war die Hölle los. Deshalb ging ich dort nur noch schnell Altglas wegbringen und hatte damit die Haushaltssachen erledigt.
Mittlerweile war es sechs Uhr und vom Liebsten nichts zu sehen. Ich legte mich neben den Kater (der mir nach zwei Katzenwürsten verziehen hatte) aufs Sofa und las zwei Stunden, bis der Liebste nach Hause kam. Um acht, was blöd war, denn wir waren ab sieben auf einer Geburtstagsfeier eingeladen. Aber der Liebste hatte schon angekündigt, dass er, sollte der Samstag voll und stressig und ermüdend werden, für den Geburtstag absagen würde, und genau das machte er dann auch. Fand ich einerseits schade (da hat man einmal die Möglichkeit auf ein paar Sozialkontakte…), andererseits hatte ich ja den kompletten Tag mit den Kolleg:innen verbracht und so.
Wir hatten nur nichts zu essen geplant, deshalb machten wir eine schnelle Portion Spaghetti mit Tomaten und frischen Pilzen, und danach, weil wir immer noch Hunger hatten (die Kälte vermutlich), noch zwei Scheiben Brot mit veganem Mett von der Rügenwalder Mühle. Scheinbar schmeckt das, laut Aussage des Liebsten, fast schon unheimlich wie das Original, was mich bei einem Rügenwalder-Produkt nicht wundert (ich kann das nicht beurteilen, ich erinnere mich nicht, in meinem Leben je tierisches Mett gegessen zu haben). Dazu machten wir, zu zwei Folgen Castle, eine Flasche Riesling auf, und damit fühlte es sich dann doch noch ein bisschen nach Wochenende und insgesamt nach einem ganz sinnvoll verbrachten Tag an.