Sehr anstrengende Nacht: Mir war nicht nur die ganze Zeit sehr unangenehm heiß (so eine trockene, schweißlose Hitze, vermutlich alkoholbedingt), ich hatte auch noch permanent doofe Schmerzen im gesamten linken Bein, was ich so noch nie gehabt hatte. Vermutlich Nervenschmerzen, vom Rücken ausgehend oder was weiß ich, ich war auf jeden Fall echt genervt. Irgendwann stand ich auf, nahm eine Schmerztablette und konnte dann wenigstens noch ein bisschen schlafen. Um halb acht standen wir schließlich auf.
Ruhiger Vormittag mit einer Runde Arler Erde und Tee, während Harold durchs obere Stockwerk fuhr (die Samstags-Runde hatten wir letzte Woche gelöscht, weil wir da früh einkaufen waren, und gestern hatten wir ihn auch nicht fahren lassen, wegen, tada: früh einkaufen). Dann machte ich uns ein englisches Frühstück (und nebelte etwas die Küche ein), während der Liebste oben einmal durchwischte.
Und das war es an sinnvollen Aktivitäten an diesem Silvester: Den restlichen Tag verbrachten wir mehr oder weniger mit Herumhängen und Nichtstun. Ich hielt mich ausführlichst im Internet auf, schaute mir Gedöns auf YouTube an, las Zeugs. Zum Mittagessen machte ich uns einfache Nudeln mit einer schnellen Linsen-Tomatensauce, außerdem gab es viel Tee und Kaffee und keinen Süßkram (wir hatten nichts mehr daheim, das war auch okay so. Ich schrieb meine Liste gelesener Bücher zusammen (an Heiligabend hatte ich das letzte Buch ausgelesen, seitdem hing ich am Baustellen-Buch der Lage-Macher fest und sah den Plan, es in meinem Urlaub auszulesen, schon ein wenig hinter dem Horizont verschwinden), und ansonsten halt, naja: Nichts. Noch nicht einmal duschen ging ich, so sehr hatte ich (und wir) das Bedürfnis nach einem undisziplinierten Bummeltag.
Raclette zum Abendessen war ja wegen nur einer Packung veganem Raclettekäse eher keine Option, auch wenn wir trotzdem Pilze, Zwiebeln, Kartoffeln gekauft hatten, um die Pfännchen zu füllen, dazu Baguette für nebenher. Der alternativ angedachte Kartoffelauflauf sprach mich nicht so an, stattdessen reaktivierte ich ein klassisches Post-Raclette-1.Januar-Rezept aus meiner Studierendenzeit: einen Auflauf bestehend aus Baguettescheiben, Zwiebeln, Weißwein, Sahne und Raclettekäse (klassisches Resteessen also aus dem Zeugs, das von der Silvesterfeier übrig geblieben ist, funktioniert wunderbar mit offenem Weißwein und hartem Baguette). Wir schichteten also Baguettescheiben, Raclettekäse (wir schnitten die sechs Scheiben in Streifen, dadurch reichten sie wunderbar für den kompletten Auflauf), Zwiebelringe und Pilze (diese nicht im Originalrezept, aber egal, war ja „Resteküche“) in eine Auflaufform, beträufelten mit etwas Weißwein, gaben eine Mischung aus Sojasahne, etwas „MyEi“-Eiersatzpulver und Sojamehl darüber und packten das Ganze für 40 Minuten in den Ofen. Das Resultat: ein wunderbares Jahresabschlussessen, es hätte in dem Kontext kaum besser sein können.
Und dann also aufs Sofa, mit einer Tüte Chips, einem Glas Weißwein für jeden und jeder Menge Zeugs (zuerst eine alte Folge Big Fat Quiz, danach sechs Folgen Blaulichtdoku über die Leipziger Rettungshubschrauber). Im Haus hatten wir alle Fensterläden und Rolläden geschlossen, im unteren Schlafzimmer war die Tür offen (als zusätzliche Versteckmöglichkeit), in jedem Raum brannte mindestens ein Licht – und damit hatten wir so ziemlich alles getan, was wir tun konnten, um den beiden Katern die Silvesternacht zu erleichtern.
Es klappte ganz hervorragend bis 0:01 Uhr. Die beiden schliefen bei uns, abwechselnd auf dem Sofa und auf dem Stuhl, und die ersten Böller und Raketen verschwanden hinter Licht im Zimmer und Fernsehgeräusch. Ich machte gegen elf sogar einen halbstündigen Power-Nap auf dem Sofa (=ich schlief beim Fernsehen ein), was es mir überhaupt ermöglichte, lang durchzuhalten.
Um kurz vor Mitternacht wurde der Nasenkater unruhig und lief nach unten, von Magi machte ich aber sogar direkt um 0 Uhr noch ein Foto, wie er völlig im Tiefschlaf neben dem Liebsten lag. Bis um 0:01 Uhr in der Nachbarstraße die Riesenböllerei losging, und das war dann auch für ihn zu viel. Er rannte sichtbar verängstigt, mit geduckter Haltung und gespreiztem Fell durchs Wohnzimmer, und als der Lärm nicht aufhörte, raste er nach unten (der Nasenkater war noch nicht wieder hochgekommen).
Also draußen Lärm, beide Katzen weg, ich kultivierte wieder mal meinen Menschenhass, wie jedes Jahr an Silvester. Gegen halb eins wurde es langsam ruhiger, der Nasenkater tauchte wieder auf und legte sich einigermaßen beruhigt zu uns, aber von Magi war nichts zu sehen. Als wir um kurz vor eins nach im schauten, kauerte er recht verstört am Fuß der Kellertreppe und ließ sich nicht nach oben locken. (Ganz so eng ist die Bindung zu uns offensichtlich noch nicht, dass er uns – und unser Haus – als sicheren Hafen wahrnimmt.) Wir ließen ihn in Ruhe, ich war ganz froh, dass er wenigstens im Haus war und nicht draußen durch die Gegend marschierte, und wir gingen um eins ins Bett. Wie seit zehn Jahren: doofer Jahresabschluss, nicht dass ich mir aus Silvester viel machen würde, aber es wäre halt einfach SO sehr schön, wenn diese tierquälerische Scheiße verboten werden würde.