Wenig überraschend früh – 6:15 Uhr – aufgewacht. Für meine Verhältnisse war das sogar schon beinah ausgeschlafen, da es gefühlt ja eine Stunde später war, Zeitverschiebung und so. Mir war es recht, ich stehe gern im Urlaub früh auf. Der Liebste blieb noch ein wenig liegen, während ich uns Tee machte, aber recht bald wurde er auch wach und kümmerte sich ums Frühstück: Zuerst Porridge mit den Instant Oats – da wir keinen Messbecher hatten, war es etwas mühsam, die 125 ml Hafermilch für eine Packung abzumessen, mit etwas hin und her und am Ende anderthalb Packungen pro Schüssel passte es dann. Auch die Zubereitung in der Mikrowelle funktionierte ausgezeichnet, ein paar Nüsse darüber gestreut, hervorragendes Frühstück. Danach noch jeder ein Brötchen, für den Liebsten mit Butter (also eigentlich Margarine, wir hatten die Naturli-Variante geholt) und Orangenmarmelade, für mich Philadelphia auf Mandelbasis. Alles sehr gut, wir waren mit unseren Frühstücks-Einkäufen vom Vorabend sehr zufrieden. Schnelle Dusche, noch etwas mehr Tee, und um 8:45 Uhr gingen wir aus dem Haus.
Natürlich hatten wir eigentlich geplant, den schlimmsten Touristenströmen in London auszuweichen (lol), aber andererseits waren wir beide ja erst jeweils einmal in London gewesen, ich während des Sabbaticals vor fünf Jahren und der Liebste vor sehr langer Zeit und auch nur für ein Wochenende, er erinnerte sich an quasi gar nichts mehr. Deshalb beschlossen wir, zumindest an unserem ersten richtigen London-Tag die Sehenswürdigkeiten-Runde zu machen, und zwar in Form des ersten Stadtspaziergangs aus unserem Reiseführer (ich hatte keinen mitgenommen, da aus Zeitmangel keinen organisiert und überhaupt „steht ja alles im Internet“, aber am Zürcher Flughafen dann doch einen gefunden und spontan gekauft, was sich als gute Idee erwies).
Wir fuhren mit der U-Bahn bis zum Bahnhof Waterloo und gingen von dort aus los. Klassische Runde: Am Riesenrad vorbei zur Themse mit Blick auf den Big Ben und die Houses of Parliament, dann daran vorbei, Westminster Abbey und Downing Street 10 abgehakt, die Horse Guards angesehen, weiter zum Trafalgar Square, dann über die Mall zum Buckingham Palace, den St. James Park und den Green Park, danach Piccadilly Circus und durch Soho, ein Abstecher nach Covent Garden und schließlich über The Strand wieder zum Trafalgar Square zurück. In einem Rundgang einmal die wichtigsten Touristenhotspots abgelaufen.
Klar: Alles schon sehr beeindruckend und so, ich hätte schon das Gefühl, was verpasst zu haben, wenn wir das Zentrum absichtlich ausgelassen hätten. Aber halt auch sehr, sehr voll, eher noch voller als vor fünf Jahren (und da hatte ich es ja schon extrem anstrengend gefunden). Wir achteten deshalb auch sehr darauf, uns nicht stressen zu lassen, soweit das halt möglich war. Blick aus der Ferne auf Riesenrad und Big Ben und Parliament (sehr cool: komplett renoviert und ohne Gerüst, vor fünf Jahren war der Big Ben eingepackt und still, jetzt erstrahlt er in neuem Glanz), ein bisschen an den Gruppen vorbei herummäandert, dann ein kleiner Stopp bei den Horse Guards, weil da gerade Wachwechsel war.
Kein Foto, war mir zu viel Gedöns. Was ich von dem Ganzen halten soll, weiß ich sowieso nicht. Die „normale“ Armed Police (die da überall auch rumstand) hat auf jeden Fall einen größeren Bewachungs-Effekt als die berittene Leibgarde mit ihren Säbeln und roten Mänteln. Klar, das Ganze ist in erster Linie Folklore, wie ja alles, was das Königshaus betrifft, aber es wäre mir schon nicht unrecht, wenn man dabei die Pferde in Ruhe lassen könnte. Die haben besseres zu tun, als eine Stunde doof in diesen Wachhäuschen rumzustehen, während -zig Touris Selfies machen.
Apropos Pferde: Weiter ging es zum Trafalgar Square – und weil dort tatsächlich noch keine Schlange am Eingang zu sehen war, gingen wir in die National Gallery. Die hatte ich vor fünf Jahren ja ausgelassen (ich war nur in der Portrait Gallery gewesen), jetzt gingen wir in erster Linie rein, weil wir einen Kaffee und eine saubere Toilette wollten (hatte es beides). Danach dann aber doch noch ein bisschen durch die Ausstellungsräume gebummelt und ein paar Bilder angeschaut (und versucht, sich nicht von den anderen Leuten nerven zu lassen, denn „keine Schlange“ bedeutet nicht „keine Besucher“, es war trotzdem recht voll).
Ich schaute also so vor mich hin, hier ein Bild, da ein Bild, manche beeindruckend, manche komisch, und plötzlich sah ich aus der Entfernung durch drei Säle hindurch, dass man ein ausgestopftes Pferd vor eine Wand gestellt hatte. Ich war etwas überrascht, ging näher heran und bemerkte, dass es kein ausgestopftes Pferd war, sondern ein dreidimensionales Pferd, das vor einer Wand installiert war. Noch etwas näher: Oh, nein, von wegen dreidimensional, das war einfach ein Ölgemälde in Lebensgröße, aber so unfassbar faszinierend gemalt, dass man aus der Distanz einen kompletten 3D-Eindruck hatte. Wenn man in die Nähe kam, verflog der Effekt etwas, am beeindruckendsten wirkte es aus dem Nachbarsaal. Natürlich merkte ich mir weder Name des Malers noch Bildtitel noch Epoche, war mir völlig egal, ist aber auch kein Problem, eine Google-Suche nach „National Gallery Horse Painting“ liefert schließlich die Informationen. Nicht dass ich sie bräuchte, mir gefiel einfach das Bild.
Nach der National Gallery machten wir einen Spaziergang über die Mall und warfen einen Blick aus der Ferne auf den Palast (WAHNSINNIG viele Leute, dazu sehr viel Polizei und alles abgesperrt), dann eine kleine Pause mit Kaffee im Green Park (für mich der schönere der beiden Parks, also im Vergleich zum St. James Park, vielleicht aber auch nur, weil er weniger voll ist), danach weiter nach Soho. Das ließen wir mehr oder weniger links liegen, schauten uns stattdessen in China Town um, und da es Mittagszeit war und die Kuh uns ein veganes Restaurant vorschlug, aßen wir im Vantra (ein Health-orientiertes Plant Based Restaurant mit so typischer Asian Fusion Küche, ein bisschen dunkel im Untergeschoss, aber mit sehr gutem Essen – eine Miso Ramen für den Liebsten, einmal Lo Ho Fun für mich, also Reisnudeln mit Pak Choi und Zeugs).
Danach dann ein bisschen weiter, wir machten einen längeren Stopp in Covent Garden, das ich ja vor fünf Jahren einfach nicht gefunden hatte – dieses Mal schon, aber so angetan war ich nicht davon. Klar, schöne Location mit dem überdachten Markt, aber die Sachen waren teilweise so eine Art Weihnachtsmarkt-Kitsch, nichts, was ich jetzt unbedingt hätte kaufen wollen. Und halt einfach zu voll. Wir gingen deshalb zurück zum Trafalgar Square, dort ein kurzer Stopp im Waterstone (zwei Bücher für mich), und dann mit der U-Bahn nach Hause.
Viele Eindrücke, viele Leute, alles ein bisschen anstrengend – wir machten erst einmal eine längere Pause daheim. Gegen achtzehn Uhr gingen wir dann ins Friends at Hand, einen Pub in der Nachbarschaft, der in der Kuh ganz gut bewertet worden war. Nun ja. Es gab halt den Beyond Burger (wie in fast jedem Pub), und darauf hatte ich keine Lust. Immerhin hatten sie aber auch veganes Coleslaw und vegane Nuggets auf der Karte, also nahmen der Liebste den Beyond Burger mit Coleslaw und ich die Nuggets mit ein paar Pommes, und das war dann schon in Ordnung. Dazu ein Gin & Tonic für mich, weil ich auf englisches Bier keine Lust hatte (der Liebste gab dem Bier noch eine zweite Chance).
Ein bisschen nervtötend: In der ganzen Stadt unfassbar viele Deutsche (oder Österreicher), was ich im Urlaub ja immer gar nicht haben kann. Klar, ich darf mich nicht beklagen, wir sind ja auch da, blabla. Trotzdem. An den Touristen-Hotspots hatte ich das noch ein bisschen akzeptiert, aber dass wir jetzt in Camden im Pub direkt am Nachbartisch ein Paar aus dem Ruhrgebiet sitzen hatten, das nervte mich doch ein wenig. Wenigstens gingen sie bald (und wurden durch zwei Italienerinnen ersetzt, Leute aus Italien und vor allem Spanien gab es auch sehr reichlich, die störten mich aber nicht).
Davon abgesehen netter Abend und gutes Essen. Wir gingen allerdings bald nach Hause (so gegen neun) und warfen noch einen Blick ins britische TV – wo wir feststellten, dass die ganzen englischen (oder australischen) Blaulicht-Dokus, die wir sonst immer auf YouTube ansehen, dort im linearen Fernsehen „in echt“ zu sehen sind, man kann quasi jeden Abend entweder mit Blaulichtquatsch oder mit Comedy-Quizsendungen verbringen. Das wurde dann so ein bisschen unser Abendabschlussritual für den Urlaub, 24 hours in A & E, Inside the Ambulance, Ambulance Australia, all diese Dinge. Fühlte sich irgendwie authentischer an, wenn gleichzeitig die Sirene der Ambulance von der Euston Road zu hören war, das hatte fast ein bisschen etwas Besonderes.