Sieben Stunden scheinen mein neuer Schlafrhythmus zu werden, nachdem ich am Abend gegen zehn eingeschlafen war, wurde ich pünktlich zum fünf Uhr wach. Fühlte mich einigermaßen ausgeschlafen, blieb noch zwanzig Minuten liegen und stand dann auf.
Ich genoss die Ruhe am Morgen und die Routine mit Tee und Schreiben. Der Liebste stand etwas später auf und machte uns einen Smoothie mit Rucola, Spinat und Banane. Dann hatte ich noch Zeit für eine schöne heiße Dusche (es ist wieder kühler geworden, wir haben aber die Heizung im Haus schon ausgestellt, dadurch ist es im Bad morgens eher unangenehm). Um acht war ich auf der Matte zum Yogakurs.
Den Kurs fand ich ziemlich anstrengend, wie auch letzten Freitag schon. Ich befürchte, dass ich eine Pause von wenigen Wochen mittlerweile sehr schnell an den Muskeln merke, es ist etwas frustrierend. Aber ab jetzt wieder (harhar).
Ab halb zehn war ich am Schreibtisch und kümmerte mich um administrative Sachen, telefonierte einmal mit der Hochschulkoordinatorin wegen der kommenden Prüfungsanmeldung (wir klagten uns etwas gegenseitig das Leid mit den Studierenden, die teils beratungsresistent, teils in bürokratischen Mühlen gefangen sind). Anschließend noch eine Beratung, die vermutlich zu einem Auftrag führen wird, etwas Nachbearbeitung, und um zwölf machte ich Pause.
Das Essen holten wir beim veganen afrikanischen Imbiss, wo wir leider feststellen mussten, dass wir unsere Essensboxen vergessen hatten (der Imbiss hat plastikfreie Boxen, wenn man keine mitbringt, aber natürlich wäre die mitgebrachte Box die beste Alternative). Wir aßen die halbe Portion, obwohl wir dieses Mal locker alles hätten essen können – nicht dass es wenig war, wir waren nur unglaublich hungrig. Wir hatten aber noch die Cheesecake-Cupcakes vom Sonntag, die sowieso weg mussten. Also für jeden drei Cupcakes zum Espresso, was absoluter Wahnsinn ist, aber egal. Danach war das Blech dann leer.
Parallel zum Essen etwas Unboxing, sozusagen: Die vom Liebsten als Ersatz bestellte elektrische Gewürzmühle war schon gekommen. Skandinavisches Design, also in erster Linie minimalistisch-kühl designt. Wir hätten auch die Original-Krups-Mühle aus den sechziger Jahren noch bekommen, die der Liebste runtergeworfen hatte, aber sie wäre mehr als doppelt so teuer gewesen (crazy).
Um halb zwei war ich wieder am Schreibtisch und verbrachte den Nachmittag hauptsächlich mit Unterrichtsvorbereitung, unterbrochen von der einen oder anderen E-Mail. Ich hatte am Nachmittag/Abend zwei neue Kurse: Erst ab halb fünf einen Einzelunterricht (Prüfungsvorbereitung, lief gut, die Teilnehmerin ist nett und ziemlich clever, die Prüfung sollte kein Problem sein) und dann direkt anschließend bis sieben Uhr den Abendkurs von meiner Kollegin, die diese Woche krankgeschrieben war. Der Abendkurs war ziemlich zäh: Erstens fehlten einige Leute (das Phänomen gibt es manchmal, dass Teilnehmende denken, es wäre „kein richtiger Unterricht“ und sie müssten nicht kommen, wenn es einen Ersatz gibt), zweitens war die Gruppe nicht so richtig harmonisch und arbeitete nur mäßig gut zusammen. Auch das Thema war etwas zäh, die Leute hatten sich ein bestimmtes grammatisches Thema gewünscht, das ich mit ihnen dann besprach und einübte, aber ich bekam den Eindruck, dass der Wunsch nur von ein paar wenigen ausgegangen war und die anderen nicht so richtig nachvollziehen konnten, wozu das gut war. Nun gut. Um halb acht fuhr ich den Rechner endgültig runter.
Der Liebste hatte schon früh das Abendessen gemacht und auch schon eine kleine Portion gegessen, weil er so Hunger hatte (Pasta mit einer Gemüsesauce aus Zucchini, Oliven, Kapern, Zwiebeln, Knoblauch, Erbsen und frischen Tomaten). Als ich runterkam, lief auf dem großen Monitor der Livestream der Mitgliederversammlung der GLS-Bank. Wir sind ja vor einigen Monaten zur GLS-Bank gewechselt und haben in dem Zug auch Anteile gekauft, bekamen also eine Einladung zur Mitgliederversammlung, und wegen Corona fand diese online statt. Wir konnten uns bequem vom Sofa aus anhören, was der Bankvorstand so über die Entwicklung des letzten Jahres und die zukünftige Strategie zu sagen hatte (zusammengefasst: Läuft schon gut, aber alles wird teurer).
Zwischendrin kurz mal stumm geschaltet, weil das Telefon klingelte: Ein alter Freund des Liebsten, damals der Trauzeuge bei unserer Hochzeit, meldete sich mal wieder. Wir hatten lang nichts gehört und freuten uns. Da er und die Partnerin durchgeimpft sind (beide Klinikpersonal), schlug er einen Restaurantbesuch in absehbarer Zeit vor. Vielleicht kann man dann sogar draußen sitzen…? Das wäre tatsächlich wieder richtig, richtig schön. Und ich habe Antikörper!
Ab halb neun machte ich den Livestream aus (es hätte noch etwas Kulturprogramm gegeben, das interessierte mich nicht so) und wir schauten zwei Folgen TNG. Die letzte Folge ging mir ziemlich auf den Nerv, um ehrlich zu sein. In der Folge (Up the long ladder, Staffel 2) trifft die Enterprise-Crew zwei bedrohte Kolonien: Die eine muss sie von ihrem Siedlungsort retten, die andere braucht Hilfe mit ihrer Klon-Technologie. Die Lösung besteht darin, dass beide Kolonisten-Gruppen sich gemeinsam auf dem Planeten niederlassen und sich gegenseitig helfen. So weit, so geradlinig. Mich störte an der Folge aber extrem die Darstellung der ersten Kolonistengruppe, eine Gruppe von „Iren“ bzw. irischstämmigen Abkömmlingen der Erde. Ganz furchtbar klischeehaft, wirklich mit Fremdscham-Qualitäten unangenehm. Ich behaupte auf keinen Fall, dass ich einen tiefergehenden Einblick in das aktuelle Irland hätte (mein Sabbatical 2019 hat vielleicht ein gaaanz kleines bisschen mehr Kontakt ermöglicht als dem typischen Touristen), aber ich merke, wie sehr mich seitdem solche stereotypen Darstellungen nerven. Früher hätte ich das wahrscheinlich gar nicht als blödes Klischee wahrgenommen. Ich hoffe, die Enterprise (bzw. ihre amerikanischen Drehbuchschreiber) trifft nie auf „deutsche“ Planetenbewohner.