Kein Strom, aber Film und Gespräche, Freitag 13.12.2024

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Eigentlich gute Nacht, mal abgesehen von einer gewissen Wachphase mitten in der Nacht, weil draußen irgendetwas dumpf dröhnte und rumorte – es klang wie Baumaschinen, nachts allerdings eher unwahrscheinlich, also vielleicht ein Polizeihubschrauber? Ich war zu faul aufzustehen und nachzuschauen, irgendwann schlief ich wieder ein. Wach drei Minuten vor Weckerlicht. Morgenroutine mit drängelnden Katzen, müdem Mann, Küche zum Aufräumen, alle diese Dinge. Aber: Mit kürzeren Haaren, und auch wenn sie mich nach zehn Minuten schon wieder nervten, so offen um meinen Kopf herum, so gefielen sie mir doch ausgesprochen gut. Und fühlten sich wieder deutlich besser an.

Etwas hektisch am Morgen, weil wir kein Brot mehr hatten und überlegten, gemeinsam zum Viertel-Lieblingsbäcker zu gehen, der Liebste aber früh gehen musste. Das bedeutete, dass ich auch früh losmusste, eigentlich gegen meinen Rhythmus, aber andererseits wollte ich früh aufhören, also warum nicht. Noch während dieser Überlegungen machte der Liebste uns ein (wunderbares) Porridge mit Banane. Da ich mich aber jetzt so auf frühes Gehen eingestellt hatte, ging ich dann doch gleich duschen und kam dann zwar nicht mit dem Liebsten los, aber eine knappe Viertelstunde später.
Auf dem Weg zum Büro Stopp bei der Hauptpost, um die ganzen Dokumente wegzubringen, die ich am Vortag eingetütet hatte. Dort stand ich allerdings vor verschlossenen Türen: Die Hauptpost (die Hauptpost, nicht irgendeine beknackte PostPoint-Filiale) macht erst um neun auf. Wo sind die Zeiten hin, als man um acht schnell Sachen bei der Post (…oder Bank, harhar) erledigen konnte und dann zur Arbeit? Oh well. Ich war also unverrichteter Dinge Viertel vor neun bei der Arbeit.

Keine Termine an diesem Tag, nur ein paar wichtige Dinge zu erledigen, viele so „Sekretariats“-Aufgaben: Dokumente unterschreiben, scannen und in diverse Ordner auf die Cloud hochladen, Leute darüber informieren, solche Sachen. Nebenher einiges an Kommunikation persönlich, per Mail und Chat. Allein das Scannen dauerte ungefähr eine Stunde, danach war dann auch die Post offen und ich brachte die Sachen vom Morgen weg.
Kaum wieder zurück und mit irgendeinem Punkt von den hinteren Plätzen der Erlediliste beschäftigt, machte es plötzlich plopp und im Büro ging das Licht aus. Und nicht nur bei mir im Büro, und nicht nur das Licht: Der Strom war komplett weg, alle Rechner tot, bei allen. Erst einmal ein bisschen Verwirrung: Was kann man jetzt noch machen? Nicht viel, wie sich herausstellte, noch nicht einmal Teekochen ging. (Und blöd, dass mein Schreibtisch so schön aufgeräumt war und alle Unterlagen abgeheftet, damit hätte ich mich sonst beschäftigen können.) Zwei Kurse, die gerade da waren, beschäftigten sich mit Ballspielen im Flur (der Kauball vom Babyhund, zum Glück bekam sie das nicht zu sehen), in erster Linie, weil die Räume ohne Licht doch recht dunkel waren (und ein, zwei Übungen auf Papier konnten sie auch machen). Als Toilette war nur die Damen-Gästetoilette benutzbar wegen Oberlicht. Und wir standen halt rum.

Ich ging irgendwann vom Büro in Richtung Innenstadt, weil ich Handcreme und ein Brot kaufen wollte, und auch um zu sehen, welche Straßenzüge vom Stromausfall betroffen waren. Wie sich herausstellte, war quasi alles tot. (Richtung Südstadt nicht, da konnten wir die Ampeln leuchten sehen, aber das komplette Stadtzentrum – später erfuhren wir, dass auch Weststadt, Teile der Nordstadt und einige Teilorte und Dörfer um die Stadt keinen Strom hatten.) Einige Läden (…und auch die Post) hatten einen Zettel mit „wegen Stromausfall geschlossen“ im Schaufenster, einige hatten auch offen und kassierten bar, mit Zettel und Stift und einem kleinen Körbchen mit Wechselgeld. Der Bioladen konnte leider nur wenig wechseln, sodass ich die Handcreme dort zurückließ (sie wäre auch absurd teuer gewesen), und bei den Bäckern musste ich ein bisschen suchen, bis ich einen fand, wo es keine Schlange bis vor die Tür gab. Dieser Bäcker hat nur leider den Tick, dass er sein Brot mit „belebtem Wasser“ backt, was ja nun zunächst einmal sein Problem ist (jedem seine Religion), nur verlangt er für einen großen Laib Vollkornbrot halt acht Euro. Ich nahm schließlich ein halbgroßes Weizenmischbrot für 3,10 und strich den Bäcker von meiner innerlichen Einkaufsliste. Während ich noch am Bezahlen war, ging plötzlich in der ganzen Innenstadt, von allen Leuten mit einem Blick nach oben und einem Aaah! begleitet, das Licht wieder an.

Restlicher Arbeitstag unspektakulär. Um eins gemeinsame Mittagspause mit dem restlichen Tofu (am zweiten Tag leider ein bisschen trocken), dann arbeitete ich noch die letzten Sachen ab, schrieb zwei wichtige Mails und machte um kurz nach drei schließlich Feierabend.
Der Liebste war schon daheim: Er hatte beim Standaufbau des Sportvereins für den Weihnachtsmarkt geholfen und war offensichtlich schnell fertig gewesen. Kurzer Austausch, dann half er mir bei der Kleiderauswahl für den Abend, wo ich auf der Büro-Weihnachtsfeier war. Erkenntnis, als ich durch den Kleiderschrank ging: Für die kalte Jahreszeit habe ich quasi keine festliche Kleidung (…Hoodies dagegen: Hoodies kann ich). Und das, was ich habe, ist mehr oder weniger alles dunkelgrau oder schwarz. Am Ende wurde es eine dunkle Fischgrätenhose mit Bügelfalte, schwarze Stiefel, und dazu der schwarze Rollkragenpulli mit weißem Norweger-Strickmuster. Sehr warm, aber für die erwarteten kalten Temperaturen genau richtig.

Um halb fünf machte ich mich auf den Weg. Erster Stopp: Ein Kino in der Innenstadt. Ein ehemaliger Kursteilnehmer von uns (…von mir <3) aus Chile arbeitet mittlerweile als Dokumentarfilmer und stellte uns seinen neuesten, noch nicht veröffentlichten (gerade in der Postproduktion) Film vor. Der Film, La Niña, erzählt die Geschichte der Flucht einer chilenischen Familie vor der Pinochet-Diktatur nach Deutschland Mitte der 70er Jahre, alles aus der Sicht der kleinen Tochter der Familie. Ein unglaublich bewegender Film und durch das viele authentische Bildmaterial auch zeitgeschichtlich sehr wertvoll. Diesen Film möchte ich auf jeden Fall noch einmal sehen, wenn er endgültig fertig ist (voraussichtlich Herbst 2025).

Nach dem Film gingen wir in ein Café am Bahnhof, wo wir schon im letzten Jahr unsere Weihnachtsfeier gehabt hatten. Erst einmal Sekt- (und Glühwein-, es war sehr kalt) Empfang vor dem Café, Begrüßung von der kranken Ex-Chefin, die für zehn Minuten zum Hallosagen vorbeikam. Dann durften wir rein und hatten also den Rest des Abends eine sehr klassische, aber sehr nette, Weihnachtsfeier mit Kolleg:innen, Ex-Kolleg:innen und generell netten Menschen. Viel geredet, viel gegessen (Essen vom Buffet, mit guter veganer Auswahl und sehr lecker), ein paar Ratespielchen dazwischen, wirklich ein schöner Abend. (Nicht so laut, was bei den Weihnachtsfeiern der letzten Jahre teilweise anstrengend gewesen war.) Vielleicht etwas viel Alkohol (ich hatte ein Bier im Kino, zwei Gläser Sekt beim Sektempfang, eher mittelprächtigen Weißwein beim Essen), aber es ging mir gut und ich fühlte mich nicht sonderlich betrunken, als ich kurz vor Mitternacht nach Hause ging. Eher recht entspannt.