Bei den Blutsaugern – Dienstag 1.6.2021

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch

Eine kleine Wachphase in der Nacht, ansonsten gut geschlafen – so tief, dass ich beim Weckerklingeln komplett im Tiefschlaf war und den Wecker zunächst in meinen Traum einbaute, bevor ich wach wurde (im Traum zog gerade ein Gewitter auf, während ich ein Kind mit Katzengesicht durch die Gegend trug). Ich brauchte unangenehm lang, um den Schlaf abzuschütteln und wach zu werden (und den Kinderkatzenhybrid aus dem Kopf zu verbannen).

Zum Frühstück machte der Liebste ein Porridge mit Banane, Nüssen und Kakao, nach einer schnellen Dusche ging mein Arbeitstag um acht Uhr mit einer Besprechung los. Direkt anschließend etwas Unterrichtsvorbereitung, dann eine Stunde Einzeltraining, gefolgt von einer Beratung und einer halben Stunde Inbox-Bearbeitung – als ich um zwölf Uhr in die Mittagspause ging, knurrte nicht nur mein Magen, sondern ich war auch ziemlich kaputt.

Zum Mittagessen gab es die zweite Portion mediterraner Gemüseeintopf, danach Espresso und Erdbeeren mit der restlichen Schlagsahne. Danach war ich so müde, dass ich problemlos auf dem Sofa hätte einschlafen können. Stattdessen raffte ich mich auf und suchte nach Busverbindungen: Ich hatte mich für den Nachmittag als Abwesend eingetragen, denn ich wollte in die Nordstadt zum Antikörpertest.
Draußen war es angenehm frühsommerlich warm geworden, ich zog ein langärmliges Shirt an und setzte eine Sonnenbrille auf, als ich aus dem Haus ging. Ein kleiner Spaziergang in die Innenstadt zur zentralen Bushaltestelle, dann fuhr ich mit dem Vierer in die Nordstadt und stieg unterhalb der Max-Planck-Institute aus. Das war ein kleiner Trip down memory lane: Ich hatte in der Nordstadt nicht nur gewohnt, sondern auch in den MPIs lange Jahre Kurse gegeben. Seit meiner letzten Zeit dort sind die Institute deutlich erweitert worden, anfangs fand ich mich fast nicht zurecht. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Geld in die Laborerweiterungen und Neubauten dort geflossen sind (ich weiß auch gar nicht, ob das schlecht oder gut oder irgendetwas dazwischen ist).

Auf dem Gelände der Diagnostik-Firma angekommen, traf mich zuerst fast der Schlag: Über den gesamten Parkplatz erstreckte sich eine Schlange wartender Personen, durch Absperrbänder in mehreren S-Schleifen aufgestellt wie am Flughafen. Im Juli letzten Jahres war ich schon einmal mit dem Liebsten da gewesen, um einen Antikörpertest nach unserer Covid-Infektion machen zu lassen: Damals gab es nur die mobile Teststation (eine Art Bauwagen mit zwei Eingängen und drinnen einer kleinen Computereinheit und einem abgeteilten Testbereich mit Liege). Jetzt gab es die Teststation immer noch, dazu aber ein Testzelt für die Schnelltests und ein zweites Zelt für die PCR-Tests. An der Teststation mussten sich alle für die Registrierung anstellen (bis auf die Schnelltest-Interessierten, die konnten sofort zu ihrem Testzelt durchgehen, es gab aber wenige Interessenten). Nach der Registrierung gingen die PCR-Kandidaten zum PCR-Zelt weiter und die Antikörpertest-Kandidaten blieben in der Teststation und gingen zur Liege, die mit einem kleinen Vorhang vom Computerbereich zur Registrierung abgeteilt war.

Bevor ich mich in die Schlange einreihte, benutzte ich erst einmal das dankenswerterweise am Rand des Parkplatzes aufgestellte Dixie-Klo, danach stellte ich mich ans Schlangenende in die Sonne (hurra Vitamin D). Nach ca. einer halben Stunde war ich vorn angekommen. Wie sich herausstellte, standen fast alle anderen Leute in der Schlange wegen eines PCR-Tests an – ein großer Teil wollte in den Pfingstferien bzw. für das verlängerte Wochenende verreisen (ich hörte einige Gespräche mit). Nachdem ich mich an der Computerstation registriert hatte, konnte ich sofort zur Liege hinter dem Vorhang gehen (die PCR-Leute mussten sich am Zelt in eine zweite Schlange stellen). Der junge Arzt dort hatte die meiste Zeit dort untätig herumgestanden und freute sich, etwas zu tun zu haben (es war ziemlich sicher der gleiche, der im Juli schon da gewesen war, ich hoffe, dass er eine hohe Zufriedenheit bei seiner Arbeit spürt). Wir smalltalkten ein wenig, während er am linken Arm Blut aus der Vene entnahm, er wollte von meiner Covid-Infektion wissen und befürwortete meine Idee, meinen Antikörperstatus jetzt noch einmal checken zu lassen („Wenn Ihr Status jetzt noch hoch genug ist, dann können Sie sich sicher fühlen – und außerdem brauchen Sie dann nur eine Impfung!“ – ja, ich weiß, das war die Idee dahinter).

Nach ein paar Minuten war ich wieder draußen und nahm sehr zufrieden einen Bus nach unten. Im Zentrum angekommen stieg ich in der Nähe der Volksbank-Hauptstelle aus und holte etwas Geld, damit ich durch die Stadt spazieren und mir etwas zu trinken kaufen konnte (es war immer noch sehr warm und ich hatte unvorsichtigerweise nichts mitgenommen).
Die Stadt war ziemlich voll, aber nicht unangenehm. Tatsächlich fand ich die Atmosphäre mit Eis essenden und vor den Cafés sitzenden Menschen richtig schön frühlingshaft – so ganz langsam beschlich mich das hoffnungsvolle Gefühl, diese grausige Pandemie könnte tatsächlich bald vorbei sein.

Nach etwas Mäandern kam ich zum Veganladen und erinnerte mich daran, dass unsere Vorräte an B12-Zahnpasta aufgefüllt werden müssten. Ich ging also rein und kam mit Zahnpasta, plastikfreier Zahnseide, einer Flasche Eistee und Lakritze (für den Liebsten, ich mag Lakritze nicht) wieder heraus. Die Flasche trank ich gleich aus, dann ging ich direkt heim, ich wollte noch ein bisschen arbeiten.

Daheim kümmerte ich mich um meine Mails und brachte noch ein Paket zum Postkiosk an der Ecke. Um Viertel nach sechs fuhr ich den Rechner runter und holte den Liebsten aus der Garage, wo er Latten durch die Kreissäge gezogen hatte (sicher für ein sehr spannendes Projekt).
Ich war todmüde, die kurze Nacht, der gestrige lange Tag, die viele Sonne steckten mir in den Knochen. Ich legte mich mit Buch aufs Sofa, der Liebste sorgte fürs Abendessen: Wieder ein Dinkelsalat, aber ganz anders als der letzte (mit geraspeltem Blumenkohl, Kohlrabi und roter Bete, angebratenen Räuchertofu-Würfeln und einem leichten Joghurt-Kräuterdressing). Sehr lecker. Als Nachtisch probierten wir den Dany-Pudding. Dieser war ganz anders als erwartet, nicht einfach ein Schokopudding, sondern eher eine Haselnusscreme. Ich mochte ihn ausgesprochen gern.

Nach dem Essen war ich dann komplett kaputt. Wir schauten ein paar Folgen TNG, aber ich schnappte mir irgendwann ein Buch und las ein bisschen, für den Fernseher hatte ich zu wenig Konzentration (interessanterweise ist es normalerweise umgekehrt). Wieder bei noch hellem Himmel ins Bett – das wird vermutlich bis Ende Juni so bleiben. Mindestens.