Morgenpremiere: Der Wecker hatte seine erste Generalprobe. Wir stellten ihn auf halb acht (war ja schließlich Samstag) und den Sonnenaufgang-Modus auf zwanzig Minuten vorher. Das hätte mit dem Aufwecken auch super geklappt, wenn mir nicht um 7:07 Uhr ein Kater übers Gesicht gelaufen wäre und gefüttert werden wollte. Die genaue Uhrzeit wusste ich deshalb, weil ich beim Tasten auf dem Nachttisch versehentlich ans Display des Weckers kam, das sich daraufhin anstellte und recht hell ins Zimmer leuchtete.
Nun gut, auf jeden Fall Kater gefüttert, wieder hingelegt und ein wenig gewartet, und pünktlich um zehn nach sieben startete sanft und leicht die erste Dämmerstufe des Weckers – und gleichzeitig ging arbeitseifrig das Display an, denn jetzt musste ja gearbeitet werden, es lief schließlich ein Programm ab, und da musste das Display starten und zur Verfügung stehen und HELL sein. Der Liebste ignorierte den Lichtschein des Displays tapfer und sagte sowas wie „schau mal, erste Stufe, das klappt“, ich zog eine Augenbraue hoch und brachte ein Verbesserungspotential ins Gespräch, fünfzehn Sekunden später war mir das allerdings egal, denn da startete die zweite Helligkeitsstufe, und die war schon heller als das Display. Und heller als das helle Display bedeutet ziemlich hell. Bei der zweiten Stufe.
Langer Rede kurzer Sinn, wir lagen im Bett und sahen dabei zu, wie sich die Kugel des Lichtweckers von sehr hell über noch viel heller über Kreuzverhör-Lampe über Flutlicht über Flugzeugscheinwerfer in Richtung Supernova hinarbeitete. Irgendwann drehte ich mich zur Seite, machte die Augen zu und schaute dem gleißenden, kreisrunden Fleck hinterher, der sich auf meine Netzhaut gebrannt hatte. Der Piepton um halb acht war dagegen fast sanft. Also der Wecker tut auf jeden Fall, jetzt muss man noch etwas an der Feinjustierung arbeiten. Wenn man morgens nicht erblinden will.
Der Morgen startete dann ausgesprochen verkatert: leichtes Kopfweh, leichte Übelkeit, alles zu viel (zu viel Licht, zu viele Informationen, zu viel Bewegung, zu viele Sinneseindrücke). Ich hielt mich erst einmal an einer Tasse Tee fest und dachte über unvernünftige Entscheidungen im Allgemeinen und spezifisch weinflaschenbezogene Fehlentscheidungen nach. Dem Liebsten ging es nicht allzu viel besser, wir ließen uns ein bisschen in Ruhe und stellten uns auf den neuen Tag ein. Irgendwann ein Müsli, eine Ibuprofen und eine heiße Dusche, und diese Kombination sorgte dafür, dass wir beide okay genug waren, um den Tag in Angriff zu nehmen – wenn auch langsam, mit viel Lesen und Laptop und langsamen Bewegungen.
Um elf eine Runde zum Alnatura, wenig los, wir brauchten auch nicht viel (in erster Linie frisches Gemüse und Hafermilch, ein paar Dosentomaten, Sachen für den Vorrat). Ich habe letzte Woche den Wochenplan so umgestellt, dass er jetzt dienstags startet und montags endet, beim Samstagseinkauf sind also die Sonntags- und Montagsessen schon geplant und können beim Einkaufen berücksichtigt werden, sehr praktisch. Es bleibt der Dienstag, der quasi für Reste und Rumfort-Essen reserviert ist, und am Mittwoch kommt dann schon die Biokiste für den Rest der Woche. Das ist eine praktische Umstellung und viel sinnvoller, als sonntags für ab Montag zu planen und dann eingeschränkt zu sein, weil man am Sonntag nicht einkaufen kann. Allerdings stört es meinen Sinn für Symmetrie und Korrektheit, dass bei uns die Essenswoche jetzt am Dienstag beginnt. Hm. Mal sehen, ob ich darüber hinwegsehen kann.
Im Übrigen Essen: Ich hatte für den Samstagmittag eigentlich eine Linsensuppe geplant, da wir uns aber beide noch nicht so ganz auf der Höhe fühlten (der Kopf war okay, der Bauch meckerte noch), machten wir stattdessen eine leichte Gemüsesuppe ohne Linsen (es gab noch ordentlich Suppengemüse im Kühlschrank). Danach Espresso und den restlichen Geburtstags-Mohnkäsekuchen (für jeden zwei Stück, hat hier irgendjemand etwas über meckernde Bäuche gesagt).
Der Liebste machte dann ein etwas längeres Mittagsschläfchen, ich las ein bisschen auf dem Sofa und schaute mich ein wenig auf Twitter um. Um halb vier ging er aus dem Haus, er hatte ein Auto gebucht, um mit anderen Mitgliedern aus dem Bastelverein zwei Werkbänke abzuholen, die in einem Labor der Mikrobiologie der Uni ausgemustert worden waren. Er war allerdings nach 10 Minuten wieder da: Das gebuchte Auto hatte, entgegen der Buchung, keine Anhängerkupplung. Wir schauten nach: Der Carsharing-Verein hat offensichtlich an diesem Stellpatz den alten Kangoo durch einen neuen ohne Anhängerkupplung ersetzt, aber die Filtereinstellungen noch nicht angepasst, sodass der Stellplatz beim Buchen noch angezeigt wurde. Wenn man dagegen einfach so das Auto anwählte, ohne vorher zu filtern, wurde der aktualisierte Eintrag gezeigt. Sehr nervig.
Auf jeden Fall konnte einer der Vereinsmitglieder die Werkbänke dann schlussendlich in seinem Privatauto transportieren, der Liebste verschwand also wieder und ich nutzte die Zeit, um bei dem alten Freund anzurufen, von dem ich letzte Woche gehört hatte. Er war gerade im Krankenhaus beim Abendessen und eigentlich ganz guter Dinge, in Anbetracht der Tatsache, dass es über Weihnachten zwischenzeitlich wirklich sehr schlecht aussah. Jetzt läuft auf jeden Fall die Chemo und man wartet auf gute Blutwerte. Blödes Timing ist, dass er seine Diagnose wenige Tage vor einem Boostertermin bekommen hat und den dann natürlich absagen musste. Der Booster geht jetzt nicht mehr, und der zweite Impftermin ist halt ein halbes Jahr her, und noch mehr Risikogruppe als hier geht quasi gar nicht… (Auch wegen solcher Schicksale muss man sich impfen lassen, falls das noch jemand nicht kapiert hat.) Wir quatschten eine Stunde und ich nahm mir vor, mich die nächsten Wochen regelmäßiger zu melden: Ein bisschen auf dem neuesten Stand bleiben, außerdem ist es vermutlich irgendwann im Einzelzimmer im Krankenhaus etwas langweilig, so mit Besuchsverbot. Facetime und Netflix hin oder her.
Apropos Blutwerte: Er bekommt im Rahmen der Therapie regelmäßig Bluttransfusionen und wir unterhielten uns übers Blutspenden. Eine der Sachen, die ich immer mal machen wollte, aber nie dazu kam. Als wir fertig telefoniert hatten, schaute ich online nach: Es gibt hier in der Stadt eine Blutspendezentrale, zu der man ohne Termin kommen kann, niedrigschwelliger geht es eigentlich kaum. Allerdings sind die Öffnungszeiten Montag-Freitag 9-19 Uhr, und da arbeite ich einfach immer. Ich muss schauen, ob ich das mal in einer Mittagspause unterkriege, das wird dann aber gleich kompliziert. Mitte Februar werden die vielen Abendtermine hoffentlich aber auch weniger.
Der Liebste war mittlerweile wieder heimgekommen und hatte sich um das Abendessen gekümmert: Pizza, dieses Mal etwas weniger üppig belegt und ohne Käsesoße, sondern nur mit dem restlichen SimplyV-Parmesan (der sich deutlich besser für Pizza eignet als gedacht und besser schmeckt als der Streukäse). Wir aßen allerdings „nur“ das halbe Blech und danach noch etwas Vanillequark (eigentlich unfassbar, dass wir normalerweise das komplette Blech zu zweit essen, das halbe Blech langte locker).
Nach dem Essen dann noch ein kleiner Ausflug: Auf dem Heimweg hatte der Liebste einen Kratzbaum am Straßenrand stehen sehen. Und da wir sowieso vor kurzem mit einem Kratzbaum für den Kater geliebäugelt hatten… Wir gingen also in die Nachbarstraße, klingelten an der Tür – war der Kratzbaum wirklich zum Mitnehmen? Ja, er war, wir trugen ihn heim, säuberten ihn ein bisschen und stellten ihn erst einmal vors Regal (wir müssen noch einen endgültigen Platz für ihn festlegen). So ganz mein Design (und vor allem meine Farbe) ist er nicht, aber es geht schon – Kratzbäume sind sowieso eigentlich alle ziemlich scheußlich, ehrlich gesagt. Dann Sofazeit und Start einer neuen Serie: Downtown Abbey (erste Folge, bin noch nicht so ganz überzeugt). Der Kater kam irgendwann von draußen, beschnupperte den Kratzbaum ausführlich und legte sich dann zu uns aufs Sofa. Klar braucht er ein bisschen Eingewöhnungszeit. Und am Ende wird er sich dann hoffentlich drüber freuen, dieses zickige Tier.