Wer will fleißige Handwerker seh’n, Sonntag 3.4.2022

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch

In der Nacht aufgewacht mit einem quälenden, nervenden Reizhusten, der auch nach mehreren Schlucken Wasser nicht verschwinden wollte. Irgendwann konnte ich wenigstens das Husten unterdrücken (der Mitschläfer dankte es mir), aber das ständige Kratzen im Hals blieb. Ich schlief ein bisschen ein, wachte auf: Kratzen im Hals. Ab fünf schlief ich dann gar nicht mehr und schaute zu, wie die Schwärze im Garten zu Anthrazit zu Dunkelgrau wechselte.
Um kurz nach fünf kam der Kater sehr aufgeregt reingaloppiert und legte sich auf den Sessel, was eher ungewöhnlich war. Ab halb sieben sprang er dann aufs Bett und begann zu pföteln, und da sah ich, dass er wieder verklebt war am Hals – entweder eine Kratz- oder eine Bisswunde. Seufz. Wir standen auf, ich machte Tee und stellte ihm Futter hin, wovon er aber nur zwei Happen fraß, dann tigerte er zwischen Flur, Bank, Kratzbaum hin und her. Als wir mit ihm in den Garten gingen, versteckte er sich sofort unter dem alten Ziegenstall. Ich ging einmal den Garten und den halben Kohleweg ab, aber da war natürlich kein Angreifer mehr zu sehen (dem hätte ich sonst auch was erzählt). Es schneite IMMER NOCH, nasser feuchter Schnee, der ganze Garten weiß bepudert. Wir gingen wieder rein, der Kater galoppierte nach drei Minuten hinterher und parkte sich konsterniert auf dem Sofa.

Die Stimmung bei uns im Haus war insgesamt nicht so gut. Dem Liebsten ging noch ein doofes Meeting von letzter Woche durch den Kopf und er war etwas knurrig, das steigerte meine Laune auch nicht gerade… Ich tippte ein paar VF&L-Rezepte in die Datenbank, dann hatten wir ein ausführliches englisches Frühstück mit dem letzten getoasteten Brot. Wir schoben etwas lustlos Pixel hin und her… und schließlich beschlossen wir, nun wirklich einen Versuch mit dem Streichen zu starten. Während ich duschte, holte der Liebste das Material aus der Werkstatt (wir hatten weniger Walzen, als wir gern gehabt hätten, und leider keine Abdeckfolie, aber egal), und dann legten wir los: Krempel in mein Arbeitszimmer räumen, alle Möbel in die Mitte schieben, in allen Ecken und hinter den Möbeln staubsaugen, großzügig Zeitungspapier verteilen und schließlich: Ran an Pinsel und Walze.

Ich war im Vorfeld sehr unsicher gewesen, wie es mit meinem linken Arm und dem Streichen gehen würde, aber erstaunlicherweise klappte es sehr gut (und das richtig anstrengende Deckenstreichen übernahm zum Glück der Liebste). Ich konnte zwar nicht so viel Druck auf die Walze bringen, wie ich gern gehabt hätte (es gab sowieso nur eine kleine Walze und einen Pinsel für mich, für die Ecken und Ränder, wir hatten keine zwei großen Walzen mehr), aber davon abgesehen malte ich fröhlich vor mich hin. Offensichtlich funktioniert der Trick mit meinem kaputten Oberarm (was genau ist da eigentlich kaputt), ihn einfach gerade trotz Schmerzen zu benutzen.

Um Viertel nach eins hatten wir das Zimmer komplett fertig gestrichen und machten Mittagspause. Ich hatte das Kichererbsencurry aus dem Gefrierschrank geholt – gut, aber etwas wenig, deshalb gab es noch einen Vanillepudding und Espresso danach. Wir betüttelten den Kater ein bisschen, der sich mittlerweile – Premiere – in die Schlafbox am Kratzbaum zurückgezogen hatte und sich einigermaßen beruhigt zu haben schien. Dann etwas Laptoppause, und um kurz vor drei begutachteten wir das Werk.

Hm. Es stellte sich heraus, dass an einigen Ecken ein zweiter Anstrich doch ziemlich nötig war (und ich hatte schon gedacht, wir wären vormittags fertig geworden). Also zweite Runde, und danach hatten wir noch so einen Vierteleimer Farbe übrig, und sollte die Decke im Bad nicht auch dringend gestrichen werden? Und wo wir schon mal dabei waren…?
Das war etwas überambitioniert – obwohl das Bad echt klein ist und es nur um die Decke geht (die Wände sind gefliest), dauerte es ganz schön lang, alles auszuräumen und die Leiste für den Duschvorhang abzuschrauben. Dann pinselten wir also los, und wie man sich fast hätte denken können, ging uns nach zwei Dritteln Decke natürlich die Farbe aus. Lol. Wir verschoben den Rest also auf die nächste Woche (zum Glück haben wir Reinweiß genommen, man kann also einfach einen neuen Eimer holen und fertig streichen) und richteten das inzwischen getrocknete Schlafzimmer wieder her, schoben alles zurück an die Wand und trugen Sachen zurück. Dann putzte ich das Bad, das jetzt schön leer war, und während der Liebste das Schlafzimmer fertig machte, ging ich kochen: Es war nämlich schon sieben Uhr, von wegen in einem halben Tag fertig, haha.

Zum Abendessen ein Kartoffelgratin, für das ich das erste Mal eine halbe Packung Gratin Cuisine von Allos benutzte (ich hatte da eher etwas Sahniges erwartet, aber es ist eine Paste, die ich mehr schlecht als recht auf dem Gratin verteilte). Während es im Ofen war, schaute ich mir das komplett fertige Schlafzimmer an (der Liebste hatte noch den Boden geputzt): WOW, war das jetzt hell. Die Wände waren super geworden, wir hatten dazu die frisch gewaschenen Vorhänge aufgehängt, und das zusammen sah wirklich SUPER aus. Sehr zufrieden.

Dann Gratin: Also diese Gratinier-Sahne (es ist eine Mischung aus Reis, Stärke und etwas Öl und Gedöns) macht wirklich einen sehr erstaunlichen Job: So ein schön gratiniertes Gratin hatten wir vermutlich noch nie. Ich hatte noch ein wenig Mandelparmesan drübergestreut, dafür die Hefeflocken weggelassen, und das Resultat sah super aus und schmeckte ausgezeichnet. Das kann man sich für Gratins wirklich merken.
Dann Sofazeit mit nordischen Tierärzten, wir merkten den durchgearbeiteten Tag. Die Nachrichten sahen wir uns nicht an: Ich hatte über den Tag via Twitter schon die grauenhaften Nachrichten aus der Ukraine mitbekommen, absolut unerträglich, und ich sah nicht, wie noch mehr Nachrichten dazu irgendwie helfen könnten. Auf Twitter hatte ich gelesen „wer jetzt zusieht, macht sich mitschuldig“, und ich hoffe sehr, dass das an die Adresse der politischen Entscheidungsträger gerichtet ist, denn Vorwürfe an „normale“ Menschen, die sich ziemlich hilflos fühlen, gibt es schon mehr als genug. Und selbst wenn man sich engagiert und hilft und spendet und… es fühlt sich alles als zu wenig an. (Wassereimer gegen den Großbrand.) Natürlich kann man alberne Symbolhandlungen begehen wie Ritter Sport zu boykottieren, aber das ist ja Quatsch. Die wirklich wichtigen Entscheidungen (Waffenlieferungen, Gas-Embargo) müssen politisch getroffen werden.