Ich wachte um Viertel vor sechs auf und war doch recht ausgeschlafen, also beschloss ich aufzustehen und den Liebsten noch etwas liegen zu lassen. Der Garten war regennass, in der Nacht schien es einiges abgeregnet zu haben, die letzten Regenwolken standen noch am Himmel. Der Kater war gerade dabei, ein paar Grashalme zu fressen, er sah mich, als ich die Balkontür öffnete, und kam durch die Klappe ins Haus. Halbe Portion Frischfutter, Antibiotikum aufgeschleckt, dann warf er einen Blick auf den Balkon und verschwand wieder nach draußen. Da er trocken war und es ihm gut ging, schien er in der Nacht ein trockenes Plätzchen gefunden zu haben, vermutlich war er im Haus. Überhaupt ging es ihm wieder ganz okay, nur dass er die Halsseite blutig aufgekratzt hatte – offensichtlich juckte das alles. Hm.
Ich machte auf jeden Fall erst einmal einen Tee, räumte die Küche etwas auf und holte dann keine Zeitung, denn wir waren ja im Wanderurlaub, haha, und ich hatte natürlich die Zeitungslieferung abbestellt. Und dann die Abbestellung nicht mehr storniert. Der Lieferstopp ging erst ab Donnerstag, da ich mit der Abbestellung zu spät dran gewesen war, aber für die nächsten Tage hatten wir auf jeden Fall keine Tageszeitung und mussten uns jetzt überlegen, ob wir darauf verzichteten, die Nachrichten online holten oder die Zeitung ein paar Tage lang am Kiosk kauften. Die letzte Variante hätte etwas so schön Nostalgisches.
Der Liebste war, als er dann aufstand, auch für die Kioskvariante, also so rein theoretisch, praktisch ging dann keiner von uns. Stattdessen waren wir schon dabei, das Müsli zum Frühstück zu planen, als uns die Schüssel Grießpudding im Kühlschrank einfiel. Also für jeden eine große Portion als Frühstück, was lecker war, wenn auch etwas süß (der Pudding war ja eher als Dessert gedacht gewesen). Dann eine schnelle Dusche, und um kurz nach neun machten wir uns schon auf den Weg zum Friedhof in der Nachbarstadt.
Ich hatte ja die größten Befürchtungen gehabt und mir schon eine komplette vertrocknete Wüste vorgestellt, nachdem es die letzten Wochen so heiß gewesen war, aber es schien dort mehr geregnet zu haben als bei uns, und der lehmige Waldboden hatte die Feuchtigkeit wohl auch gut gespeichert. Auf jeden Fall sahen beide Gräber erstaunlich gut aus. Wir pflanzten die Stauden ein, schnitten ein paar verwelkte Blüten ab, holten ein paar endgültig welke Primeln aus dem Boden, vergossen am Ende ein paar Kannen Wasser und waren um kurz nach elf fertig.
Ein Nachteil am Grießpudding zum Frühstück war, dass er in erster Linie aus Zucker und ein bisschen Kohlehydraten bestanden hatte, er hatte uns also den Blutzuckerspiegel nach oben gepeitscht, aber hielt nicht lang vor. Um genau zu sein bis ungefähr zehn vor elf, dann wurden wir beide etwas zittrig, hatten ein ordentliches Loch im Bauch und brauchten dringend ein zweites Frühstück. Wir hielten also bei einer Großbäckerei auf dem Weg für einen Hafermilchkaffee und eine Brezel. Gut: Die Brezeln sind jetzt als vegan gekennzeichnet, es gibt einiges an Biosachen, man bekommt klaglos Hafermilch, ohne sich dumme Sprüche der Verkäuferin anhören zu müssen (war das letzte Mal noch der Fall gewesen). Schlecht: Die Brezeln sind trocken, außer den Brezeln ist sonst wenig vegan, und für die Hafermilch zahlt man 45 Cent Aufschlag. Die Nachbarstadt ist halt doch ein Kaff.
Auf dem Heimweg fuhren wir noch zum Baumarkt, Zeug fürs Badezimmer holen (der Klodeckel ist jetzt endgültig kaputt, ich wollte eine neue Badematte, so Sachen), und dann noch zum Futterladen für Vogelfutter. Und ganz nebenbei, wie spießig kann man sein, als Urlaubsausflug mit dem Kombi zum Baumarkt zu fahren. Wir haben das Auto wenigstens nur noch ein paar Tage, danach wird wieder das Meiste mit dem Handwagen gemacht. Auf jeden Fall waren wir um halb eins daheim und waren froh, vor der großen Hitze das Meiste erledigt zu haben. Es wurde schon wieder heiß, war aber bewölkt und dadurch unangenehm drückend, mich zog es (vorerst) nicht nach draußen. Am Vormittag war ein Paket mit bestellter Unterwäsche gekommen, das packte ich aus (alles passte, alles hübsch), dann ein bisschen Ausruhzeit.
Um kurz vor zwei machten wir Mittagessen, eine Schüssel Salat mit Kichererbsen, Tomaten (größtenteils von der Dachterrasse, wenn man die Tomaten rein nach Anzahl und nicht nach Gewicht betrachtet, dann sind die vier Tomatenpflanzen da oben dieses Jahr ausgesprochen produktiv), Gurke, Olive und SimplyV-Feta. Als Nachtisch ein Magnum Mandel (anfangs war ich ja beleidigt, dass die vegane Variante so viel kleiner ist als die tierische, aber mittlerweile ist es mir recht, dass es nicht so eine Riesenportion Eis ist, nur den Preis könnten sie halt auch dementsprechend gestalten). Und dann mit Laptop aufs Sofa, während ich immer mit halbem Ohr auf die Türklingel horchte, ich wartete nämlich eigentlich noch auf zwei weitere Pakete. Die kamen aber leider nicht mehr, die Sendungsverfolgung stand seit 9:03 Uhr auf „Zustellung erfolgt voraussichtlich heute“, und in diesem voraussichtlich kann sich ja eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten verbergen, alle doof.
Um vier hatte ich genug rumgehangen, ich wollte mich ein bisschen bewegen, und draußen war es nicht mehr ganz so heiß (also immer noch 30 Grad, aber das fühlte sich im Vergleich zur Wahnsinnshitze fast schon okay an). Ich zog mir also Sportklamotten an, warf das Handy und eine Flasche Wasser in eine Satteltasche, wehklagte etwas wegen des doofen Fahrradhelms und setzte ihn dann doch auf (daran sind die ganzen Blaulicht-Dokus schuld), und dann setzte ich mich aufs Fahrrad wie so eine sportmachende Frau und fuhr durch die Gegend.
Ich hatte so ungefähr eine Stunde Rad fahren geplant, das passte ganz gut, auch wenn ich keine Runde fuhr, sondern den gleichen Weg hin und zurück (ich kenne mich tatsächlich mit den Radwegen hier in der Gegend viel zu schlecht aus, um eine richtige Tour fahren zu können). Ich fuhr eine halbe Stunde den Neckar entlang bis zu einer benachbarten Ortschaft, wo es einen Baggersee gibt (den hatte ich als Ausflugsziel im Kopf gehabt, strich ihn aber von meiner imaginären Liste: Der See ist zwar okay, aber davor gibt es nur einen staubigen Grünstreifen, Rasen mag ich es nicht nennen, ein paar Bierbänke, etwas Schotterparkplatz und die vorbeidonnernde Bundesstraße). Ich war ganz zufrieden mit dem Tempo und der Flüssigkeit und alles gut, bis ich wieder umdrehte und feststellte, dass es jetzt flussaufwärts und dementsprechend leicht bergauf ging. Und Gegenwind hatte. (Rad fahren ist so eine bescheuerte Tätigkeit.)
Um zwanzig nach fünf war ich ziemlich aufgeheizt und verschwitzt daheim und stellte mich erst einmal kurz unter die Dusche, Schweiß abwaschen. Dann schaute ich nach dem Liebsten, der sich mit irgendwelchen Hausnetzwerk-Sachen beschäftigte, und dabei fiel mir dann siedend heiß ein, dass er eigentlich um halb vier einen TÜV-Termin für mein Lenchen ausgemacht hatte. Daran hatten wir beide halt komplett nicht mehr gedacht, toll. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn man diesen leidigen Punkt einfach hätte abhaken können.
Ich schaute auf jeden Fall im Garten nach dem Kater, der sich (im Nachbargarten, um genau zu sein, bis die Nachbarin schließlich rauskam und in die Hände klatschte) mit der weiß-getigerten Katze ein Fauch- und Blickduell lieferte. Zumindest ohne weitere Bisswunde, wie ich sehen konnte. Er kam schließlich mit mir rein, ließ sich füttern und legte sich dann auf Wachposition auf den alten Hasenstall.
Da der Urlaubsplan ja war, die heimische Gastro zu unterstützen, gingen wir zum Abendessen in das benachbarte Stadtviertel, wo es ein (relativ) neues vietnamesisches Restaurant gibt. Das hatte aber leider vorübergehend geschlossen, also wichen wir auf den Japaner direkt daneben aus.
Wir waren in dem japanischen Restaurant schon mehrfach gewesen und leider muss ich sagen, dass man zusehen kann, wie der Laden degeneriert, ich wäre nicht überrascht, wenn er demnächst pleitegehen würde. Das Essen war immer noch sehr lecker (es ist der gleiche Koch), aber der Service war unterirdisch. Am Nachbartisch wurden Bestellungen vergessen, an zwei weiteren Tischen blieb Ewigkeiten das schmutzige Geschirr stehen, nachdem die Leute gegangen waren, ein volles Bierglas fiel beim Servieren auf den Boden… Dann kam mein Essen (eine große Portion Maki), das Essen des Liebsten (Tempuragemüse mit Reis) aber nicht, was das ganze Konstrukt des „gemeinsam Essen gehen“ etwas erschwert, wenn man dann nicht gemeinsam essen kann. Als ich nach zwanzig Minuten nachfragte, kam es dann schließlich, leicht lauwarm. Genauso wie das Glas Weißwein, das ich bestellt hatte und das der Liebste reklamierte: Oh, der Riesling, ja den hätten sie leider momentan nur zimmerwarm, aber sie könnten mir stattdessen einen gekühlten Chardonnay anbieten? Da ich einfach einen Weißwein bestellt hatte und keinen expliziten Riesling, war die Begründung etwas merkwürdig (aber der Chardonnay dann wenigstens gut). Wie gesagt war qualitativ alles okay, aber die Servicekräfte offensichtlich neu, offensichtlich unerfahren, alles ein bisschen anstrengend. Um zehn nach neun machte dann auch die Küche zu und noch ankommende Gäste wurden weggeschickt (eigentlich hätte es Küche bis elf geben sollen). Wie gesagt: Ich vermute, dass es dieses Restaurant nicht mehr lang geben wird. Wir waren aber wenigstens satt und sehr müde, deshalb gingen wir heim und nach einer kurzen Fernsehrunde ziemlich direkt ins Bett.