Bücherdisziplin, Sonntag 7.8.2022

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Ich wachte um sieben erstaunlich frisch und ausgeschlafen auf und sah zu meiner Überraschung, dass der Liebste sich Ohrstöpsel und eine Decke genommen hatte – es war wohl nachts draußen laut gewesen und kalt geworden, was ich beides nicht mitbekommen hatte (ich schlafe generell mit dickerer Decke und Ohrstöpsel wegen Lärm im Schlafzimmer). Auf jeden Fall stand ich auf, fütterte den Kater, diskutierte mit dem Kater, der das Futter doof fand, machte Tee und las dann im Guardian das Opinion Piece von Dara O’Briain über die Absetzung von Mock The Week nach 17 Jahren. Ich hatte von der Sendung zwar schon gehört, sie aber nie gesehen, und ich verstand eine Menge Referenzen im Text nicht, weil ich die Leute nicht kannte, und zur BBC habe ich sowieso keinen engeren Bezug, und trotzdem fand ich den Text ausgesprochen lustig. Dara O’Briain halt. Ich müsste mal schauen, ob ich irgendwo eine seiner Live-Shows in der Konserve schauen kann (also die neue, die älteren kenne ich natürlich). Wobei Konserve und Live-Show ja auch ein Widerspruch ist, er lebt stark davon, mit dem Publikum zu interagieren, und damit ist es jedes Mal ein bisschen anders.

Wie auch immer, etwas später kam der Liebste nach unten, wehklagte ein bisschen (laut in der Nacht, kalt), warf einen Blick aufs Handy, und dann machten wir ein ausführliches englisches Frühstück (minus Tomaten, weil ich die am Abend davor alle verkocht hatte). Danach schrieb ich ein bisschen, las ein bisschen, und um kurz vor zehn schaute ich aus dem Fenster, wo es schon wieder warm wurde, und wurde plötzlich ganz schrecklich sportlich und vernünftig und diszipliniert: Ich zog Sportkleider und Laufschuhe an und ging für eine halbe Stunde laufen, um mich vor der Hitze noch etwas zu bewegen.
Vor der Tür traf ich die älteren Nachbarn, die gerade in Laufkleidern auf dem Weg zum Auto waren, sie fuhren ins Nachbartal, wo sie Nordic Walking machen wollten. Wir smalltalkten kurz, dann trabte ich los, 100 Meter früher als am Freitag (schließlich sahen mich jetzt die Nachbarn). Und dann auch ein bisschen länger bis zur ersten Gehpause, nur damit man mich locker laufend sah, wenn man mit dem Auto an mir vorbeifuhr. Auf der Strecke sah ich dann noch eine Bekannte, nur von weitem, nicht nah genug zum Stehenbleiben, aber trotzdem fühlte ich mich motiviert, auch hier die Gehpause ein bisschen nach hinten zu zögern und ein kleines bisschen länger am Stück zu laufen. Und langer Rede kurzer Sinn, als ich daheim war, hatte ich für die gleiche Strecke 4 Minuten weniger gebraucht, war also mehr gelaufen und weniger gegangen. Ziemlich kaputt, aber sehr stolz. (Scheiß sozialer Stress.)

Danach Dusche und Tee, ein bisschen lesen. Gegen halb zwölf schrieb meine Schwester und erwähnte unter anderem, dass sie ein paar Bücher zum Bücherschrank bringen wollte. Das war bei uns ja auch ein eeeewiges Projekt, die ganze Treppe im Flur lag mit aussortierten Büchern voll… und da das Wetter draußen eigentlich ganz schön und nicht zu heiß war (und ich irgendwie eine Menge Energie verspürte), animierte ich den Liebsten, den Laptop sein zu lassen, und um kurz nach zwölf gingen wir los zu zwei Bücherschränken in der Südstadt.
Das funktionierte ausgesprochen gut. Nach einer Dreiviertelstunde waren wir wieder daheim, der Rucksack war leer und die Bücherschränke gefüllt (sie waren sowieso schon voll, muss ich sagen, aber wenigstens nicht zugemüllt, und unsere Sachen passten noch gut rein). Und da wir jetzt angefixt waren, gingen wir noch eine zweite Runde mit einer zweiten Rucksackladung in die andere Richtung zu einem dritten Bücherschrank.
Der war allerdings schon ziemlich voll, und wir wollten die Bücher ja nicht reinstopfen (das Bücherschrankkonzept funktioniert ja auch nur, wenn die Leute das nicht als Schrottablage benutzen und man noch Bücher rausbekommt). Ich googelte also und sah, dass es eine Viertelstunde entfernt noch einen vierten, neu eröffneten Bücherschrank gab. Also gingen wir noch bei diesem vorbei und bekamen dort dann tatsächlich unseren Rucksack leer. Das waren die Bücherstapel von ungefähr der halben Treppe, und es war schon sehr, sehr cool, dass sie jetzt weg waren. (Ach ja, ich schaute natürlich auch nach Büchern zum Mitnehmen, fand aber keine, puh, Glück gehabt.)

Um zehn vor zwei waren wir wieder daheim, nach knapp zwei Stunden unterwegs. Zusammen mit dem Laufen am Morgen merkte ich jetzt meine Knie und Achillessehne doch ziemlich. Wir machten das Mittagessen heiß (restliches Chili), und dann nahm ich mir einen Kaffee, legte mich mit Buch in den Liegestuhl und machte erst einmal für ein paar Stunden gar nichts außer lesen.
Gegen drei kam der Liebste vorbei und brachte mir ein Stück Zwetschgenkuchen mit Sahne, der Kater legte sich dazu und wir schauten in den Garten. Die Temperatur war bei knapp unter 30 Grad, im Schatten war es super, und wenn man die wahnsinnige Trockenheit versuchte auszublenden (das Bewässern mit dem Schlauch hatte nur wenig gebracht), dann war es fast der perfekte Sommerplatz. Ich sortierte zwischendrin schnell die Wäsche und startete eine Maschine, holte mir dann ein Glas Chardonnay und las noch für ein oder zwei Stündchen.

Um fünf dann genug rumgelegen: Ich hängte die Wäsche auf der Dachterrasse auf und machte einen Wochenplan für die kommende Woche. Auch wenn es im Urlaub ganz nett ist, spontan mit dem Essen entscheiden zu können und viel auswärts essen zu gehen und so, gefällt es mir eigentlich (auch nach Jahren) immer noch sehr, das Essen für die Woche vorzuplanen. Außerdem ist es gut, wenn man nach dem Sommerurlaub wieder in den normalen Arbeitsrhythmus kommt, und der Wochenplan am Sonntag gehört da dazu (ist ja ein Instrument zur Alltagserleichterung).
Und von wegen normaler Rhythmus und so: Anschließend putzten der Liebste und ich einmal das Haus durch, ich das Obergeschoss, der Liebste Erd- und Untergeschoss. Nach den letzten Wochen mit nur so halbem Putzen war das dringend notwendig. Der Liebste hängte noch die zweite Maschine Wäsche auf der Dachterrasse auf, ich bestellte die Gemüsekiste, und damit hatten wir dann so richtig viel erledigt für so einen Rumhänge-Sonntag.

Nur noch eine wichtige Erledisache, die bei mir rot markiert im Kalender stand: Wir schnappten uns den Kater, der im Übrigen morgens bei uns im Schlafzimmer und nachmittags bei uns im Garten gepennt hatte, vielleicht hatte er uns doch lieb. Das machten wir dann gleich zunichte, indem wir ihn festhielten und ein Milben-Spot-On ins Genick träufelten. Natürlich große Empörung, er verschwand nach draußen, aber als ich nach einer Viertelstunde nach ihm sah, war es schon wieder okay und er schaute mit mir gemeinsam nach der Nachbarskatze und leckte die Blätter der Katzenminze ab.

Gemeinsames Kochen, Gulasch mit Sojachunks und Paprika und grünen Bohnen, sehr gut, dazu zwei Folgen Atlantis und ein Stück Zwetschgenkuchen mit Sahne. Logisch, wenn man ein ganzes Blech macht, dass man die nächsten Tage halt permanent mit Kuchenessen beschäftigt ist. Das Gute daran ist, dass Zwetschgenkuchen durchzieht und besser wird, je länger er steht. Also bis zu einem gewissen Grad, es wurde dann jetzt schon Zeit ihn zu essen, man hat da gewisse Verpflichtungen.