Ganz gute Nacht, ich schlief so gut wie durch und wachte am nächsten Morgen OHNE Kopfschmerzen auf. Viertel vor sieben, draußen war es schon leicht hell. Vermutlich wäre es noch heller gewesen, wenn es nicht aus schweren, dunklen Wolken geregnet hätte. Es waren den Tag über Regen und nur einstellige Temperaturen angekündigt, wenn auch noch kein Frost, und ich dachte über den Kauf einer etwas wärmeren Jacke nach (da meine alte Winterjacke endgültig das Zeitliche gesegnet hat, habe ich nur einen sehr warmen Wintermantel, der aber nur für Minustemperaturen geht, und eine Übergangsjacke, die bei einstelligen Temperaturen überfordert ist).
Der Liebste hatte ja im Wohnzimmer genächtigt und wachte am nächsten Morgen so halb gesund auf. Wir hatten ein paar Punkte für den Samstag eingeplant und verloren deshalb nicht viel Zeit: Katerversorgung, Müsli zum Frühstück, ich setzte einen Brotteig an und startete die Waschmaschine, dann gingen wir duschen und aus dem Haus. Zunächst zur Post, wo ich die Prüfungsunterlagen der letzten zwei Tage wegbrachte, und dann zum Optiker, die im Urlaub bestellten Brillen abholen.
Zunächst meine Brille, ausgesprochen schönes Gestell, ich war mit meiner Wahl immer noch sehr zufrieden. Nur die Gläser, naja: Das war schon eine sehr große Umstellung mit dem Gleitsicht-Gedöns. Bei normaler Kopfhaltung in mittlerer Sehdistanz oder auch in die Ferne sah ich mit Brille prima (das war ja schon bei der alten Brille so gewesen), aber auf die Nähe musste ich den Punkt bzw. die richtige Kopfhaltung regelrecht suchen, und das war sehr ungewohnt. Am schlimmsten war, dass sich der Boden plötzlich bewegte und mir entgegenwölbte, wenn ich den Kopf nach links und rechts drehte und dabei nicht nach unten, sondern geradeaus sah. Treppensteigen ging dagegen ziemlich problemlos, solang man nicht auf die Stufen sah, und das machte ich sowieso nicht. Nun ja. Ich war nicht so ganz überzeugt, bei jeder dritten Kopfbewegung stellte sich ein merkwürdiges Schwindelgefühl ein. Die Optikerin meinte, das Gehirn würde sich sehr schnell daran gewöhnen, die wackelnden und unscharfen Teile des Gesichtsfelds auszublenden, bei ihr hätte es nur maximal zwei Tage gedauert.
Dann also der Liebste mit der ersten Brille seines Lebens, einer wirklich schicken Lesebrille. Als er sie aufsetzte, wusste ich gar nicht mehr so richtig, was mich in der Woche davor daran gestört hatte, sie passte sehr gut in sein Gesicht und auch auf so einer halben Nasenposition, bei der er knapp über den Rand schauen konnte, sah es nicht allzu bescheuert aus. (Und das wird er in erster Linie sowieso im Büro machen, wo ich ihn ja nicht sehe.) Er freute sich auf jeden Fall, plötzlich wieder mühelos lesen zu können, und so gesehen war es absolut erfolgreich.
Nach dem Optiker gingen wir noch in ein etwas schickeres (bzw. möchtegern-schickes) Café in der Nähe, für einen Hafermilchkaffee und eine Kleinigkeit zu essen, ein Laugencroissant für den Liebsten, eine Brezel für mich. Die Brezel war leider offensichtlich vom Vortag und völlig trocken, was bei den Preisen nicht so wirklich toll war. Aber dafür konnte der Liebste mit der neuen Brille wenigstens die Speisekarte wieder lesen, haha. Ich war noch etwas am Üben, wie ich genau den Text und den Kopf halten musste, um den Lesebereich der Brille zu treffen (das Absurde ist ja, dass ich ohne Brille völlig okay lesen kann, ich bin also nicht weitsichtig – nur mit Brille ging das halt nicht mehr, und ich wollte die Brille nicht ständig auf- und absetzen).
Um halb zwölf waren wir wieder daheim. Es war ordentlich kalt, aber wir waren trocken geblieben, immerhin. Der Liebste packte gleich die Einkaufstaschen und ging dann zur großen Einkaufsrunde, während ich die Wäsche aufhängte und dann ins Arbeitszimmer an den Rechner ging, ein bisschen Samstagsarbeit (das wird vermutlich den ganzen November so bleiben), zunächst einmal eine Dreiviertelstunde lang den Korrekturstapel ein bisschen verkleinern.
Gegen eins eine kleine Mittagspause, wir hatten vom Donnerstags-Kartoffelsalat noch genug übrig (und ja außerdem Gedöns im Café gehabt), danach Tee und Lebkuchen (die erste Packung Herzen-Sterne-Brezeln dieses Jahr), während wir eine Runde Flügelschlag spielten. Ich verlor spektakulär und schob es auf die komische neue Brille (während der Liebste sich freute, dass er die Kartentexte wieder richtig lesen konnte).
Insgesamt ging es uns beiden aber nicht so super. Ich hatte zwar kein Kopfweh mehr, aber mir war von der neuen Brille spektakulär schwindelig, und beim Liebsten hatte sich das halb-angeschlagen-Sein zu einem veritablen Schnupfen ausgewachsen. Er legte sich aufs Sofa und ich legte mich mit Comic dazu. Eigentlich hatte ich ja gern ins Fitness gehen wollen, aber als ich um kurz vor drei die Zeit bemerkte (buchstäblich der letzte Zeitpunkt, zu dem ich hätte gehen können, bevor das Studio zumachte – ziemlich eingeschränkte Öffnungszeiten am Wochenende), entschied ich mich, dass ich keinen Sport mehr machen würde.
Stattdessen eine Kanne Tee, dann ging ich wieder ins Arbeitszimmer und arbeitete den restlichen Nachmittag über: Korrekturen (womit ich immer noch nicht fertig wurde) und Unterrichtsvorbereitung. Da ich auf Teams als online zu sehen war und ich nicht die einzige aus der Firma war, die samstags arbeitete, wurde ich prompt angeschrieben, einmal vom Chef wegen Orga-Gedöns (der war aber wohl eher erstaunt, dass ich gleich antwortete, er hatte nicht wirklich eine Antwort erwartet) und dann von dem Kollegen, der am Freitag krank ausgefallen war. Nach zwei negativen Schnelltests war der dritte nun positiv und die Symptome sprachen auch eine recht deutliche Sprache, puh. Er brauchte also für die kommende Woche Vertretung (und realistischerweise auch für die Woche danach, wenn man nach den Krankheitsverläufen im Kolleg:innenkreis gehen konnte) und von wegen Spezialisierung und so, es war klar, dass dafür eigentlich nur ich in Frage kam. Also noch etwas mehr Stunden und etwas mehr Vorbereitung… Kurz gefasst: Im November sollte ich eher nicht krank werden, haha. Im Dezember ginge es dann…
Um halb sieben ließ ich das Arbeiten schließlich sein, die dringlichsten Sachen waren erledigt und ich hatte auch genug. Gemeinsames Kochen, ein Quinoa-Chili mit Kidneybohnen und Paprika, keine Riesenportion, aber der Liebste wollte sowieso nur wenig zu essen und wir hatten ziemlich viele Lebkuchen gehabt. Parallel kam das Brot in den Ofen, damit war dann auch die Küche schön warm.
Zum Essen eine Runde Flügelschlag, dann zog sich der Liebste aufs Sofa zurück, ich schrieb ein bisschen und las ein bisschen und kam irgendwann dazu. Auf Netflix wurde uns Douglas von Hannah Gadsby vorgeschlagen, das ich zwar schon einmal gesehen hatte, aber an so richtig viel konnte ich mich nicht erinnern. Auf jeden Fall passte es gut zum Abend und wir hielten beide brav durch, ohne einzuschlafen. Also bis kurz vor zehn, wo der Liebste sich dann in zwei Decken wickelte und mit seiner Schnupfennase auf dem Sofa blieb und ich mich mit Wärmflasche nach oben zurückzog. Und ein bisschen ohne Brille Comic las. Wie gesagt: Lesen geht ja eigentlich noch.