Ich wachte um 6:09 und damit zwanzig Sekunden vor dem Licht des Lichtweckers auf, ziemlich wach, ziemlich ausgeschlafen und ohne Kopfschmerzen, zumindest mehr oder weniger (guter Wein). Ich machte uns erst einmal Tee, fütterte den Kater und sah dann händeringend zu, während der Liebste mein Wichtelgeschenk fürs Bürowichteln in Packpapier einschlug (richtiges Geschenkpapier haben wir nicht, außer einer Rolle mit „Happy Birthday“) und zweifarbiges Geschenkband darumband. Wie immer war ich nicht so zufrieden mit dem Geschenk (ein Kräutertee und ein sternförmiger Anhänger aus Papier, was genauso popelig klingt, wie es sich anfühlte, dabei war der Kräutertee irgend so ein afrikanisches Fair Trade-Dings in extra designter Packung und der Papierstern war handgemacht vom Weihnachtsmarkt und hatte das Budget sowieso schon gesprengt, alles anstrengend, ich mache nicht wirklich gern Geschenke). Nun gut, ich hatte etwas, jetzt musste ich nur noch daran denken, das Päckchen nicht daheim liegen zu lassen, sondern rechtzeitig mit ins Büro zu nehmen und dort abzugeben. Ich machte einen Knoten in ein Taschentuch und legte es auf die Kiste mit den Mützen und Handschuhen.
Restliches Brot getoastet zum Frühstück, noch mehr Tee, dann eine Tasse Kaffee mit nach oben. Ich ließ mir Zeit, auch weil mein Freitags-Einzelunterricht nicht stattfand, und startete erst um halb zehn mit der Arbeit.
Relativ ruhiger Vormittag – endlich einmal, ich hatte eine Beratung und konnte dann tatsächlich meine Mailbox ziemlich leerarbeiten, Rechnungen schreiben, Termine vereinbaren… Alles Sachen, die die Woche über liegengeblieben waren und so langsam dringlich wurden. Noch ein wenig Unterrichtsvorbereitung, und als ich um kurz nach zwölf in die Mittagspause ging (frühe Pause, aber ich hatte Hunger), war ich ausgesprochen zufrieden.
Mittagspause bis eins, gemeinsam mit dem Liebsten und mit der zweiten Hälfte Thai Curry. Der Liebste war an dem Tag in erster Linie im Home Office, weil er auf bestelltes Material zum Dämmen wartete. Unser Plan ist, im Weihnachtsurlaub das bisher nur teilisolierte Dach komplett zu dämmen. Mit einer bitumierten Holzfaserplatte ist unsere Dämmung schon ganz gut, aber jetzt kommt noch Mineralwolle als Zwischensparrendämmung aufs Dach (…das sind alles Zitate, ich wohne mit einem Zimmermann zusammen und kann auch nichts dafür). Die Dämmung möchten wir selbst übernehmen, so war es zumindest mit der Vermieterin abgesprochen, vorausgesetzt das Material kommt rechtzeitig. Die Spedition hatte sich an dem Tag für „irgendwann ungefähr zwischen 8 und 2“ angekündigt. Bis zur Mittagspause war allerdings noch nichts da. Hm.
Ich nahm mir einen Espresso nach oben und arbeitete weiter bis halb vier, bis ich endgültig einen guten Stand auf meiner Erlediliste hatte. Zum Arbeitsabschluss ein (sehr netter) Einzelunterricht, und um fünf schloss ich den Arbeitstag schließlich ab.
Natürlich war kein Dämmmaterial gekommen, und natürlich war auch niemand telefonisch zu erreichen (es war um genau zu sein schon schwierig genug, überhaupt die richtige Telefonnummer herauszufinden). Der Liebste gab die Warterei auf, fuhr seinen Rechner ebenfalls herunter und nachdem ich mich umgezogen hatte, begleitete er mich in die Stadt zur Hauptpost. Frostiges Wetter, am Mittag hatte es etwas getaut und war jetzt wieder festgefroren und rutschig. In der Nacht waren zweistellige Minustemperaturen angekündigt. Auf der Post, nicht überraschend in der Woche vor Weihnachten, wartete eine Schlange bis vor die Tür, und da ich etwas später dran war als gewollt, übernahm der Liebste das Paket-Abgeben für mich (die Prüfungsunterlagen vom Vortag mussten versandt werden) und ich ging in die Firma.
Firma zum Wochenende: Eigentlich ja nicht ungewöhnlich am Freitagabend, heute war aber kein Yogakurs, sondern wir hatten unsere Weihnachtsfeier ab 18 Uhr. Die letzten Jahre, zumindest bis zur Pandemie, hatten wir immer in einem Café in der Altstadt gefeiert, aber jetzt war im Oktober die Haupt-Organisatorin krank geworden und hatte sich nicht kümmern können, dann hatte ein Orga-Team die Vorbereitungen übernommen, aber bis das dann alles ins Rollen kam, war es schon etwas spät und knapp und so. Deshalb also Feier in den Firmenräumen, warum auch nicht. Wir hatten abgesprochen, uns alle vorher schnellzutesten (soweit das überhaupt noch etwas bringt, die Tests werden ja immer unzuverlässiger), deshalb kam ich schon um halb sechs. Außerdem noch mein Wichtelgeschenk (ich hatte es nicht daheim vergessen, hurra) auf dem Geschenketisch abstellen, mich aus meinen Kleiderschichten schälen…
Dann also Weihnachtsfeier. Ich bin immer schon sehr ambivalent gegenüber Feierlichkeiten in größeren Gruppen gewesen, war auch früher keine völlig relaxte Partygängerin gewesen (interessanterweise habe ich an die Zeit der Studentenpartys eine völlig verklärte Erinnerung). Die Feier war definitiv nett und entspannt, nur ich halt eher nicht so. Das lag teilweise daran, dass wir zumindest am Anfang mit Sekt draußen auf der Terrasse standen, und da war es trotz Schal-Mütze-Mantel einfach sehr kalt. Und dann bildeten sich scheinbar mühelos und scheinbar fließend immer wieder neue Small Talk-Grüppchen, und ich bin ja weder ein Fan von Small Talk noch kann ich mich sonderlich schnell an Grüppchen anschließen, fand das ganze Setting also für mich eher unpraktisch – eher leichtes Außenseitergefühl bei mir (aber auch das nichts Neues). Dazu kam dann noch eine wahnsinnige Lautstärke im Raum… Ich wollte am nächsten Tag nicht heiser sein und schaute mir das Meiste so ein bisschen an.
Immerhin: Es gab ein veganes Buffet – an warmem Essen etwas, das als „Shakshuka“ bezeichnet wurde, aber eher wie eine Art Chili-Eintopf aussah, neben Paprika und Tomaten noch mit Süßkartoffeln, Kidneybohnen und Mais (nicht scharf allerdings), und dann noch eine ganze Palette an Einzelkomponenten (gebratene Pilze, Feldsalat, Dinkel, pinker Rettich, Currysauce), die man sich als „Bowl“ zusammenstellen konnte. Die Bowl war eher ein Reinfall, fand ich, die Komponenten passten jetzt nicht sonderlich gut und dass alles kalt war, half auch nicht. Der Eintopf war allerdings sehr lecker und eine gute Grundlage für den Sekt und Glühwein (ich nahm mir drei Gläser Sekt, aber nur eine halbe Tasse Glühwein, weil ich quasi schon vor dem Trinken merkte, dass das Kopfweh Anlauf nahm).
Nach dem Essen und anderen-beim-Unterhalten-Zuschauen gab es noch ein Pubquiz, von einer Kollegin mit Fun Facts zur Firma organisiert und tatsächlich lustig (und keine dumme Idee, so hatte man eine Stunde etwas zu tun, in einer organisierten Gruppe, genau das Richtige für Partynerds wie mich), und dann war es auch schon zehn und ich strebte in Richtung heim. Ich merkte den Alkohol ziemlich und war einfach auch von der Woche kaputt. Ich packte mir noch etwas übrigen Dinkel vom Buffet in eine Tupperschüssel (es gab danach immer noch Massen, ich hoffe, dass der noch eifrig verteilt wurde), und dann zog ich meine tausend Winteraccessoires an, winkte einmal in die Runde und machte mich auf den Weg nach Hause. Leider vergaß ich mein eigenes Wichtelgeschenk mitzunehmen (wenn überhaupt eins auf dem Tisch war, ich hatte beim Nachschauen keins gesehen, das war aber auch schon eher zu Beginn des Abends gewesen). Nun gut, es lief ja wohl nicht weg. Und nächste Woche war ich ja sowieso wieder da, Harhar.
Ich ging auf jeden Fall durch die Eiseskälte nach Hause und schlich mich zum schon schlafenden Liebsten ins Bett. Das ist so generell, nach allen Feiern, sowieso der beste Platz für einen kalten Winterabend.