Eine Nacht mit merkwürdigen Träumen, in denen unter anderem Kaninchen auftauchten (ein krankes Kaninchen, das im Traum wie eine Mischung aus Lotte und der Schwarzmaus aussah), außerdem viel wach gelegen. Unruhe vor der kommenden Woche und nicht wirklich das Gefühl, dass ich mit Energie die Herausforderungen meistern würde, die auf mich warteten. Eher dass ich wieder unter die Decke kriechen wollte. Die Dunkelheit und Eiseskälte half auch nicht so richtig, aber immerhin machte der Liebste mir eine Tasse Tee, damit wurde es schon ein bisschen besser.
Müsli zum Frühstück, eine schnelle Dusche und ein bisschen Mini-Putzaktion fürs Bad, das ja am Wochenende vernachlässigt worden war, um Viertel nach acht aus dem Haus, ich hatte den Tag im Büro geplant.
Mir war ja vor dem Tag etwas unwohl gewesen, weil ich recht lange Liste an Dingen zu erledigen hatte, es fügte sich dann aber ganz gut aneinander. Zunächst ein Kaffee (und danach Satzbehälter leeren und ein bisschen sauberwischen, die Anzeige scheint jetzt wieder zu funktionieren, der Behälter war tatsächlich voll), dann schaute ich nach meinen Mails, beantwortete einen Teil und bereitete ein Meeting vor. Dann besagtes Meeting bis elf, danach Textkorrekturen und restliche Mails und plötzlich war es eins und der Vormittag vorbei.
Zum Mittagessen die zweite Hälfte Nudelsalat, ich las ein paar Takte, hörte aber auf, bevor ich das Buch ganz durch hatte – das hätte doch zu lang gedauert. Stattdessen machte ich mich an meine Erlediliste und hakte ein paar wichtige Punkte ab (unter anderem waren endlich Prüfungsergebnisse vom Dezember gekommen und ich schrieb Antrags-Mails für kommende Prüfungen). Noch ein klein wenig Unterrichtsvorbereitung und dann nach Hause um fünf. Draußen fast schneefrei, es hatte den Tag über ziemlich getaut, Temperaturen knapp über null, und fühlte sich feucht-schmuddelig an.
Daheim verschwand ich gleich im Arbeitszimmer für meinen Abendkurs ab halb sechs. Mit dem Kurs war ich ganz okay zufrieden, nur meine Zeitplanung hätte besser sein können. Und natürlich gab es eine Person, die sich plötzlich ausklinkte, eine Person, die aus der Ukraine (…) per iPhone teilnahm und dort im Dunkeln saß (es gibt nur zweitweise Strom), eine Person, die nicht auf Ilias zugreifen konnte, eine Person, bei der das Bild immer wieder einfror… Dass die Technik nach fast drei Jahren Online-Kursen immer noch den größten Nerv-Faktor darstellt, ist schon sehr ärgerlich. Andererseits: An diesem Kurs hätten die Leute aus der Ukraine, aus Köln, aus Karlsruhe, von der Nordsee gar nicht teilnehmen können ohne Onlinemöglichkeit.
Als ich runterkam (nach dem Kurs noch eine Viertelstunde Technikbetreuung), hatte der Liebste das Essen schon fertig, ein cremiges Cauliflower Korma, in das er irgendwie geschafft hatte, ein halbes Gläschen Apfel-Kürbis-Marmelade unterzurühren. Ich wäre normalerweise hell entsetzt gewesen, aber die Marmelade stand auf der Aufbrauchliste und tatsächlich passte sie gar nicht schlecht. Sehr leckeres Essen.
Direkt anschließend verschwand der Liebste in den Bastelverein und ich las endlich mein Buch zu Ende. Was mich ein wenig runterzog, das Buch hat nämlich ein sehr trauriges Ende, das ich so nicht vorhergesehen hatte. Trotzdem auf jeden Fall ein sehr lohnenswertes Buch: Zur See von Dörte Hansen. Ich bin ja kein Fan davon, wenn jeder Satz, jedes Vorkommnis, jede Beschreibung in eine möchtegernliterarische Metapher umgedeutet und überhöht wird, wenn man nicht einfach nur erzählen kann, sondern immer alles aufladen muss auf Teufel komm raus. Und das Buch könnte in die Richtung gehen, es gibt bedeutungsschwangere Sätze zuhauf – aber irgendwie biegt der Text dann jedes Mal rechtzeitig ab, bevor er in eine Art Deutsch-LK-Kitsch abkippt. Atmosphärisch sehr dicht, mit sehr schön gezeichneten Figuren, bis in die kleinste Nebenbesetzung, authentisch, ohne anstrengend zu sein. Einziger Kritikpunkt: Die Unterscheidung zwischen und die Abgrenzung von den „Inselmenschen“ (leidend, denkend, fühlend, trauernd) und den Touristen, den „Sonnenbrillenmenschen“, den „Ringelshirtmamas“ und den „Bollerwagenkindern“ war mir zu platt, zu sehr Klischee und zu unnötig giftig. Trotzdem ein tolles Buch, mit einem wie gesagt traurigen Ende. Schöne Bilder, schöne Sprache.
Danach wollte ich logischerweise nichts sehr Tiefsinniges mehr, also noch etwas Blaulichtquatsch auf YouTube, und um Viertel nach neun kam der Liebste wieder heim und wir verzogen uns aus dem kalten Wohnzimmer nach oben. Da war es zwar auch nicht wirklich warm, aber halt Wärmflasche und dicke Decke und noch etwas Quatschen ohne Bildschirm, und das ist ja auch nicht so schlecht.