Am Morgen in etwas merkwürdiger Stimmung aufgewacht: Ich hatte den Vormittag als Offline eingetragen, hatte mir eigentlich einen Stapel Dinge vorgenommen, abends bekamen wir Besuch… eigentlich war ich unruhig und leicht gestresst, andererseits hatte ich das dringende Bedürfnis nach Entschleunigung und Nichtstun und danach, dem Druck etwas auszuweichen. Ich machte deshalb morgens erst einmal langsam. Das restliche Brot getoastet zum Frühstück, danach eine erste Scheibe des frisch gebackenen Bananenbrotes (gut geworden, nicht zu süß – zum Glück hatte ich die Zuckermenge reduziert – vielleicht ein bisschen zu trocken), Orangensaft und viel Tee. Mal wieder eine ausführliche Zeitung.
Der Liebste ging auf acht aus dem Haus, ich blieb noch etwas am Esstisch. Eigentlich hatte ich mich für den Vormittag als offline eingetragen: Mein Bruder hätte an diesem Tag seinen 55. Geburtstag gehabt und ich hatte überlegt, zum Friedhof zu fahren. Das klappte aber leider überhaupt nicht: Bevor ich loswollte, schaute ich noch einmal nach den geschäftlichen Mails, und natürlich waren eine Menge wirklich wichtiger Sachen gekommen, die ich beantworten musste und die mich bis halb elf beschäftigten. Dann ging ich erst einmal zur Post, dringend die Prüfungsunterlagen vom Dienstag wegbringen (am Mittwoch war ja keine Sekunde Zeit dafür gewesen), und dann ging es schon in Richtung halb zwölf, ich hatte Hunger, es war warm, ich hätte eigentlich noch Blumen besorgen wollen und ein Auto buchen, die Stadt war voll, mir war das alles zu viel und ich wollte eigentlich nur so ein bisschen allein sein. Ich verschob den Friedhof erst einmal auf den Nachmittag.
Mittagessen mit zweiter Hälfte Pilzgemüse und Kartoffelbrei, ein bisschen Katerbespaßung und Wohnung aufräumen, und dann verschob ich den Friedhof noch einmal, nämlich aufs Wochenende, auch wenn es mir leidtat, weil ich Jahrestage ja eigentlich schon berücksichtige, aber andererseits spielt es für das Grab keine Rolle, ob ich zwei Tage später fahre oder nicht. Und es wäre an dem Donnerstag einfach keine gute Idee gewesen. Nicht zuletzt deshalb, weil wir abends Besuch bekamen und es echt noch eine Menge zu tun gab. Ich machte deshalb eine zweite Runde vor dem Rechner, erledigte die wichtigsten Sachen, verschob ein paar Sachen auf den nächsten Tag, und um halb fünf machte ich Feierabend.
Wichtigster Punkt für den Abend war das Essen, das Haus hatte ich schon tagsüber aufgeräumt und im Bad einmal durchgefegt und grob geputzt. Wir hatten für den Abend Spaghetti Bolognese geplant, ich ging einmal durch die Vorräte und dann zum Supermarkt nebenan, Rügenwalder Hack kaufen und Shmilk und veganes Magnum. All die ungesunden Nicht-Bio-Ersatzprodukte, aber was soll man machen, wenn Leute zum Essen kommen und man will, dass das Essen wirklich lecker ist. Vor allem da sich zwei alte Freunde von mir aus England mit ihren beiden Kindern angekündigt hatten, und die beiden Freunde, ehemalige Kollegin W und ihr Mann R, waren ausgesprochen unkompliziert und höflich und aßen alles und so, aber ihre Zwillinge waren knapp zwei Jahre alt und so pingelig mit dem Essen, wie Kinder in dem Alter halt sind. Ich ließ also all das merkwürdige Erwachsenenessen weg (kein Rotwein, kein Knoblauch in der Bolognese, keine komischen Nachtische oder Salat oder sonstiges) und plante die Sauce so klassisch, wie ich nur konnte.
Einkaufen, Sachen herrichten und ab zwanzig nach fünf kochen, und das passte alles ganz prima, um sechs köchelte eine prima Sauce vor sich hin und ich konnte sogar noch schnell das Bad putzen. Der Liebste war ab sechs auch da und ging einmal durchs Haus, um nach irgendwelchen Kinder-Verletzungsfallen zu schauen (unser Haus ist nicht direkt kindersicher, aber so die gröbsten Sachen räumten wir weg). Wir hatten überlegt, auf der Dachterrasse zu essen, aber das war erstens noch recht warm (draußen 26 Grad, die Platten hatten sich ziemlich aufgewärmt) und zweitens fand ich das doch etwas unsicher, eine Menge Tontöpfe, Dünger, Grillanzünder, Zeugs, wir hätten die halbe Dachterrasse leerräumen müssen. Also richteten wir das Esszimmer her.
Und dann also Besuch ab Viertel vor sieben, und das war wirklich ganz ausgesprochen nett. Ich hatte mir im Vorfeld etwas Gedanken gemacht, wie das mit den Kindern so werden würde, aber das war gar kein Thema, die beiden waren wirklich sehr niedlich und zugänglich und hörten gut. (Klar, mal war das Eis nicht das Richtige, mal wollte der eine genau in dem Moment das, was die andere wollte, aber das war alles so im normalen Rahmen.) Wir schauten uns erst einmal den Garten an und setzen uns dann zum Essen, wo Spaghetti und Eis tatsächlich gegessen wurden, die Eltern waren ganz beglückt.
Und ansonsten eine Menge Quatschen, über die letzten Jahre, über das Leben mit Kindern, über das Leben in England während der Pandemie, über den Alltag und alles. Wir hatten uns seit 2019 nicht mehr gesehen, als ich während meines Sabbaticals in London war, der Liebste sogar seit Ende 2018 nicht mehr, aber das war völlig prima, wir hatten eine Menge zu erzählen und es war entspannt und machte Spaß und ich war wirklich sehr happy. Die ganzen Gedanken vorher, wie das wohl so werden würde (langweilig, awkward, stressig), waren alle unbegründet.
Um neun gingen die beiden (Bus zur Ferienwohnung, Kinder ins Bett bringen und so) und der Liebste und ich setzten uns noch mit einem Fingerbreit Green Spot auf den Balkon. Eine Stunde lang in den Garten schauen und uns über die letzten Tage unterhalten, während es langsam dunkel wurde, die Fledermäuse um uns herumflogen und alles insgesamt wirklich sehr friedlich war. Und das war dann ein richtig guter Abschluss für den Tag, der eigentlich gar nicht so richtig super ausgesehen hatte.