Erste Nacht mit überall geschlossenen Fenstern, und das war auch gut so, es war recht frisch am Morgen, Pulli-Jogginghosen-Wollsocken-frisch. Der Liebste ließ beide Kater ins Haus, und der Besuchskater blieb dann gleich mal ein bisschen drinnen und legte sich auf einen Stuhl am Esstisch. (Zuerst auf den Stuhl des Liebsten, was ich aber verhinderte, indem ich ihn hochhob und auf den Nebenstuhl setzte – Grenzen setzen und so. Liebe Güte, ist dieses Tier mager.) Unser Nasenkater verschwand nach dem Essen dagegen gleich wieder raus: Endlich mal kein Regen. Schöner wolkenverhangener Himmel.
Nicht so schön der Blick in die Zeitung und die Nachricht, dass knapp ein Drittel der Bevölkerung ein „rechtspopulistisches Weltbild“ hat. Nun muss man genau hinschauen, wie dieses Weltbild definiert wurde, welche Meinungen als Anhaltspunkt für dieses Weltbild galten, und wie genau die Daten erhoben wurden. Aber selbst wenn am Studiendesign (das Demokratie-Monitoring der Uni Hohenheim) Abstriche zu machen wären und es ein paar Prozentpunkte weniger würden, bleibt der generelle Befund extrem erschreckend. Was ist mit den Leuten los? Und woran genau hängt die Krise, am Bildungssystem, an den Medien, an der politischen Kommunikation? Oder an allem zusammen? Ich bin einigermaßen ratlos. Aber die Idee, dass jeder Dritte der Menschen, mit denen ich im Supermarkt zusammentreffe, im Fitnessstudio bin, zusammenarbeite (…da wohl vermutlich weniger), zusammen im Konzert sitze, menschenverachtendem Gedankengut anhängt, macht mich ausgesprochen gruseln. Und nimmt mir noch mehr die Lust auf Kontakte, so generell.
Trübsinnige Gedanken beiseite, der Liebste machte uns ein Müsli (mit Quark statt Joghurt, weil der Supermarkt ja keinen Joghurt mehr gehabt hatte – Quark ging aber prima). Während des Frühstücks fuhr Harold durchs Schlafzimmer, dann wischte ich schnell nach (einfach nur weil), und um acht rollte ich die Matte aus und war im Yogakurs. Guter Kurs, wenn mir auch die Glieder ziemlich schmerzten, aber egal. Danach Badezimmer und so, ein Blick nach den Katzen, ich ließ mir etwas Zeit und war um zehn am Schreibtisch.
Das war es dann allerdings schon mit der Energie für diesen Tag: Ich fühlte mich zunehmend nicht so toll. Irgendwie fürchterlich schlapp, meine Nase begann ordentlich zu laufen, mein Hals kratzte. Gegen elf schrieb ich meinem Unterrichtstermin für den Nachmittag, ob wir den Unterricht online machen könnten, von wegen vielleicht halb krank oder so. Und dann machte ich halbgar mein anstehendes Arbeitsgedöns, arbeitete meine Mailbox ab, beantwortete Anfragen, bereitete etwas Unterricht vor. Alles, während mein Körper mir signalisierte, dass das Rumsitzen und Konzentrieren und überhaupt Wachsein eigentlich eine doofe Idee war. Hm.
Und natürlich meldete sich meine Unterrichtsteilnehmerin dann nicht mehr, vermutlich hatte sie ihre Mails nicht parat, was bedeutete, dass ich doch ins Büro gehen musste. Also Mittagessen (wir hatten morgens zwei Portionen Lasagne aus dem Gefrierschrank geholt), einen Kaffee, und auf zwei ging ich los.
Dort wurde ich gleich mal vom Chef belagert, der mit mir dringend einige Sachen zu besprechen hatte (die nächste Runde der Prüfungen in Ägypten stand an und auch sonst gab es einfach eine Tonne zu planen). Meinen Hinweis, dass ich seit dem Vormittag einen kratzigen Hals hatte, nahm er zum Anlass, immerhin auf ungefähr 2 Meter Abstand zu gehen, aber so richtig wohl fühlte ich mich bei dem Gedanken trotzdem nicht, dass ich eventuell vielleicht wirklich eine Erkältung hatte, schließlich sollte er zwei Tage später nach Kairo fliegen und so. Nun ja. Auf jeden Fall etwas Orgaarbeit, dann den besagten Unterricht vor Ort, für den ich mir eine FFP2-Maske eingesteckt hatte, denn die Teilnehmerin würde eine Stunde mit mir mit deutlich weniger als 2 Metern Abstand verbringen, und dafür waren Masken schließlich da. (Bei der Spontanbesprechung mit dem Chef hätte ich natürlich auch die Maske tragen können, aber das fiel mir erst so auf halber Strecke ein, und da war es mir dann auch irgendwie peinlich, es ist kompliziert.) Ein Online-Meeting mit einer Kollegin, eine telefonische Beratung, ein paar letzte Sachen abzuhaken, und um sechs war ich fertig, und zwar im doppelten Wortsinn: Ich fühlte mich so allmählich richtig elend, mit wackeligem Kreislauf, kratzendem Hals, und generell einfach grippig und krank.
Daheim überließ ich dementsprechend das Kochen dem Liebsten und assistierte nur ein bisschen, während er uns ein Gulasch mit grünen Bohnen und Sojachunks kochte, danach einen Vanillequark mit ein paar Nüssen. So langsam wurde mir nämlich ein bisschen kalt, dann ziemlich kalt, dann schüttelfrostig trotz zwei paar Socken und drei Decken. Und als ich dann um halb neun schließlich der Realität ins Auge sah, dass das ganze grottige Gefühl nicht von Heuschnupfen und Überarbeitung und Müdigkeit oder so kam, sondern ich schlicht und einfach tatsächlich krank war, da hatte ich dann schon 38,6° Fieber. Super.
Dementsprechend dann nach irgendeinem Quatsch auf Netflix, an den ich mich quasi schon beim Sehen nicht mehr erinnerte, hoch ins Bett geschleppt, dort eine Ibu und gehofft, dass ich mich vielleicht „gesundschlafen“ könnte. Oder halt schlafen generell.