Die Nacht war etwas durchwachsen – nachdem wir beide wieder gesundgeschrieben sind und der nächtliche Husten des Liebsten sich einigermaßen verzogen hat, probierten wir es wieder mit dem gemeinsamen Schlafzimmer. Der Liebste schlief auch ganz ordentlich, aber es war warm im Zimmer und ich war ein bisschen angespannt, wachte irgendwann sehr früh morgens auf, schaute in die Dunkelheit und der Dämmerung zu und stand um Viertel nach sechs schließlich auf.
Der Plan war, eine Stunde leise ins Arbeitszimmer zu gehen und den Liebsten schlafen zu lassen, aber fürs Arbeitszimmer (für einen spezifischen Login) brauchte ich mein Handy, das unten lag, und als ich runterkam, hörte mich natürlich der Kater und klebte mir sofort als Knie, und als ich ganz nach unten ging, um ihn zu füttern, kratzte der Besuchskater an der Kellertür und wollte beachtet werden (er hat uns den Tierarztbesuch offensichtlich verziehen). Also Katzenfütterung, dabei darauf achten, dass unser Kater dem Besuchskater nichts wegfraß und es keine Klopperei gab, danach Futterschüsseln sauber machen, und am Ende war es schon Viertel vor sieben und von meiner geplanten Stunde natürlich schon die Hälfte weg. Nun gut.
Auf jeden Fall dann mit Tee an den Schreibtisch, wo ich den letzten Nachklapp meiner Krankheitsphase nacharbeitete, nämlich einen Stapel Korrekturen vom Skandinavierkurs. Mit einem zweiten Tee, kurzem Quatschen mit dem Liebsten, der zwischenzeitlich aufgewacht war, und einmal etwas hektisch Platz für Harold frei räumen, der sich mit seiner albernen kleinen Fanfare um acht meldete und das obere Stockwerk saugen wollte, war ich bis neun beschäftigt. Dann war aber auch der komplette Stapel weg und erledigt und ich konnte wirklich ins Wochenende gehen.
Wir merkten beide, dass wir noch nicht fit waren und dringend ein ruhiges Wochenende brauchten. Zunächst einmal gingen wir zum Frühstück zum Viertel-Lieblingsbäcker ans Eck, dort raus in die Sonne (die um halb zehn schon ordentlich warm war, es wurde ein heißer Tag – von wegen Sommer vorbei), und anschließend noch für einen zweiten Milchkaffee zum Altstadtrandcafé. Um elf waren wir wieder daheim. Schnelle Dusche, eine Maschine Wäsche, die ich auf der Dachterrasse aufhängte, und ansonsten eine lange Lesephase mit Buch auf dem Sofa.
Spätes Mittagessen mit der zweiten Hälfte Ratatouille-Nudeln, ein bisschen Kaffee, dann eine Runde zum Alnatura und dm, der Liebste wischte einmal durchs obere Stockwerk und hängte eine zweite Maschine Wäsche auf, ich räumte in der Küche auf, und das war es mit Haushalt für den Tag.
Stattdessen weiter aufs Sofa, wo ich gegen fünf mein Buch durch hatte – nicht den dicken Goldfinch von Donna Tartt, den hatte ich irgendwann mal wieder unterbrochen und ein anderes Buch dazwischengeschoben, nämlich Foellig nerdiges Wissen von, haha Wortspiel, Jens Foell. MaiLab-Schauer werden ihn als Teil von Mais Team kennen, jetzt hat er ein Buch geschrieben, in dem er in 42 kurzen Kapiteln interessante, vielleicht unnütze, aber spannende und obskure Schnipsel aus der Wissenschaft vorstellt. Sehr, sehr großes Lob dafür, dass er mit „Wissenschaft“ nicht ausschließlich Naturwissenschaft meint, sondern z.B. Archäologie oder alte Geschichte auch seinen Platz findet. (Wenn auch deutlich zu sehr auf die Hilfswissenschaften beschränkt.) Ein bisschen zu sehr ausgetappt wird der Begriff des „Nerd“, womit er einfach Menschen meint, die neugierig sind und Interesse an wissenschaftlichen Inhalten haben und sich in ein Thema völlig reinvertiefen und verbeißen können – also quasi auch jeder, der ein halb-fanatisch betriebenes Hobby hat. Etwas inhaltsleeres Wort dadurch. Ich hätte mir teilweise gewünscht, dass die Kapitel tatsächlich ein bisschen länger sind und man über die Sachen mehr erfährt (das Meiste wird nur so angerissen mit einem „ist das nicht cooool??“-Gestus), aber interessant war es schon. Halt so ein bisschen ohne klare Spur, man fängt mit den Wissensschnipseln am Ende wenig an, es bewegt sich so auf einer Trivial Pursuit-Ebene. Immerhin liest man es schnell weg und wird unterhalten.
Gegen sechs hatten wir uns genug ausgeruht und die Temperaturen waren so langsam wieder erträglich (ich schätze so 28°, mit Jeans und Sandalen war es mir noch etwas zu warm), also rafften wir uns schließlich auf und gingen in die Innenstadt. Da war nämlich, schon seit Mittwoch, wieder umbrisch-provençalischer Markt und ich wollte auf jeden Fall zumindest einmal gegangen sein. Den Donnerstag und Freitag (die zwei Tage, wo die Einheimischen gehen und man sich auf dem Markt trifft) hatten wir leider schon verpasst, aber egal. Wir mischten uns halt unter die auswärtigen Besucher.
Sehr schöner Markt und schöner Abend. Eigentlich hatten wir nur Basilikumöl und Seife kaufen wollen, wie jedes Jahr, außerdem meinem Chef Hallo sagen, der drei Stunden an einem Weinstand ausschenkte (vereinsbezogen), aber am Ende blieben wir doch eine ganze Ecke länger. Tranken drei verschiedene Weine (einen Pinot Grigio, der leider zu warm und zu sauer war, einen sehr guten Rosé aus Aix en Provençe, einen FANTASTISCHEN Pipoli Rosato, von dem wir uns zwei oder drei Flaschen holen werden – der Sommer neigt sich zwar dem Ende, aber einen schönen Rosé kann man auch im Oktober noch trinken). Dazu ein Wurzelbrot mit Olivenöl und Pfeffer (leider ein bisschen trocken) und eine kleine Schale Oliven, und damit setzten wir uns auf einen Stein, schauten dem Treiben zu, unterhielten uns mit ein paar Leuten, die wir dann doch kannten, und freuten uns über den schönen Spätsommerabend.
Gegen halb zehn gingen wir nach Hause, im Arm neben Seife und Öl noch einen großen Strauß mit wunderschönen orangefarbenen Rosen, außerdem eine lilafarbene Artischockenblüte. Und zufrieden mit dem Tag, eine gute Mischung aus Ausruhen und ein bisschen Rauskommen. Wir nahmen noch einen Fingerbreit Single Malt und gingen dann immer noch zu einer frühen Uhrzeit ins Bett, wir sind ja schließlich doch alte Leute.