Nach dem doch einigermaßen alkoholträchtigen Abend ganz gut und vor allem recht lang geschlafen, wir wachten um halb acht erst auf – beide Katzen hatten ein Einsehen. Erst einmal ein einigermaßen langsamer Morgenstart mit Brötchen (am Samstag noch geholt) und viel Tee, ich zündete die vierte Kerze am Adventskranz an (es wurde mir erst an diesem Sonntag so richtig klar, dass das in diesem Jahr die kürzestmögliche Adventszeit war – eigentlich ziemlich genau richtig lang für meinen Geschmack, etwas weniger Trubel im Dezember wäre schön gewesen), wir machten ein bisschen Weihnachtsrätsel aus der dicken Samstagsausgabe der Zeitung. Dann ließen wir Harold durchs Erdgeschoss fahren (schwierig dieses Mal, weil beide Katzen der Meinung waren, sich ihm in den Weg setzen zu müssen, was er natürlich als „Hindernis“ wahrnimmt und ihn durcheinanderbringt, der Nasenkater wurde von mir schließlich auf den Balkon gelassen – mit Katzentreppe in den Garten – und Magi unter den Arm geklemmt und aufs Sofa gesetzt), anschließend wischte ich einmal durch und hatte damit das Gefühl, dass die Weihnachtstage kommen konnten. Also duschen und um kurz vor elf machten wir uns auf den Weg.
Natürlich nicht in die Kirche, sondern zum Friedhof in die Nachbarstadt – wie die letzten Jahre auch war es eigentlich der Plan gewesen, schon irgendwann in der Adventszeit zu fahren, und auch dieses Jahr hatte es halt erst an Heiligabend geklappt und wir dafür den Heiligen Morgen in der Altstadt sausen lassen. Offensichtlich wurde das jetzt unsere Weihnachtstradition. Gar nicht mal so schlecht: Der Heilige Morgen ist sowieso eher was für die Leute die in Tübingen geboren wurden, dann weggezogen sind und jetzt zu Weihnachten wieder auf Familienbesuch herkommen, also ehemalige Klassenkamerad:innen und so. Ich bin ja zum Studium hergekommen und hängengeblieben, mein Freundeskreis ist ziemlich in der ganzen Welt verstreut und an Weihnachten sowieso ganz sicher nicht in der Stadt. Wir treffen also, wenn überhaupt, dann höchstens ein paar Bekannte des Liebsten, aber auch nicht unbedingt engeren Freundeskreis. So wichtig ist es also nicht.
Also Friedhof. Wie immer eine Ecke kälter in der Nachbarstadt als bei uns, dazu ein unangenehmer Wind, wir blieben also nicht furchtbar lang. Einige Staudenreste wegschneiden, einiges an Laub von den Gräbern holen, dann verteilten wir ein bisschen Weihnachtsschmuck und machten uns um halb eins schon auf den Rückweg. (Übrigens Weihnachtsschmuck: Ich war überrascht, dass wir quasi gar keine Weihnachtkugeln mehr im Schrank hatten. Scheinbar sind über die letzten Jahre einige kaputt gegangen und im letzten Jahr haben wir dann wohl den kompletten Rest entsorgt – die Kugeln sind ja eigentlich nicht für draußen gedacht und halten logischerweise nicht ewig. Mal sehen, ob ich dann nach Weihnachten ein bisschen Zeugs reduziert bekommen kann, haha.)
Als Essensplan hatten wir ambitioniert „auswärts“ eingetragen, nicht im Sinn von Restaurant, eher im Sinn von Imbiss oder so. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass Heiligabend am Mittag eine ganz schlechte Zeit ist, um irgendetwas zu finden, das offen hat. Ich googelte ein paar Kneipen, Wirtshäuser, Sportgaststätten auf der Strecke – alles zu, und auch bei uns im Stadtviertel sah es düster aus. Da es mittlerweile schon in Richtung ein Uhr ging und der Liebste hungrig und unleidig wurde (er hat viele bewundernswerte Qualitäten, aber 45 Minuten Hunger aushalten gehört eher nicht dazu), beschlossen wir, nicht lang herumzusuchen, und gingen heim. Dort dann schnelles Notfallprogramm, ein paar Spaghetti und ein Glas fertige Pastasauce (Alnatura Origin Salsa Piccante, wirklich ganz okay).
Den Nachmittag verbrachte ich dann auf dem Sofa und las mein Buch zu Ende, Mord im Orient-Express. In diesem Fall kannte ich den Plot schon, weil ich den Film als Kind gesehen hatte (also die Version von 1974, nicht die Neuverfilmung von 2017), aber das tat der Spannung und der Lesefreude interessanterweise überhaupt keinen Abbruch. Ein richtig schöner Rätselkrimi mit extrem lebendigen Figuren, angefangen beim kauzigen Poirot. Erstaunlich, dass das Buch nach so vielen Jahrzehnten immer noch so zeitlos „funktioniert“. Ich muss jetzt sehr darüber nachdenken, ob ich mir noch das eine oder andere Agatha-Christie-Buch bestelle (…das Bücherregal ist halt einfach schon sehr, sehr voll).
Für den Abend hatten wir überhaupt gar nichts Besonderes geplant, Essen sowieso nicht, aber auch sonst hatte uns komplett die Muße gefehlt, uns irgendetwas „Weihnachtliches“ zu überlegen. Traditionell gibt es ja eigentlich Linsen mit Spätzle an Heiligabend bei uns, da wir aber vor ein paar Tagen erst Linsen gehabt hatten, hatten wir auf Kässpätzle umgeschwenkt, dazu einen Rotkrautsalat. Darum kümmerte sich der Liebste, und als Käse nahm er nicht den Schweizer Vegü, sondern eine Bio-Variante, die wir vor zwei Wochen beim Alnatura mitgenommen hatten. Und was soll ich sagen: Leider die zehnte Bestätigung, dass die veganen Käsealternativen aus dem Biomarkt einfach nichts taugen (im Gegensatz zu den konventionellen veganen Käsesorten, die es mittlerweile zu einer erstaunlichen Qualität gebracht haben). Unangenehm säuerlich, von der Konsistenz her irgendwie matschig, und da wir dieses Mal auch eine andere Spätzlesorte genommen hatten, war das insgesamt ein eher lahmes Essen. Der Rotkrautsalat war immerhin sehr gut.
Zweiter Kochpunkt des Abends: Ich machte uns ein Tiramisu für den nächsten Tag. Den Bisquit hatte ich schon nach dem Krimi und vor den Kässpätzle gebacken und abkühlen lassen (direkt danach durfte dann der Brotteig in den Ofen, damit hatten wir dann auch wieder frisches Brot), nach dem Essen rührte ich die Creme an (eine Mischung aus Sojaquark und aufgeschlagener Sojasahne, mit Amaretto, Puderzucker, ein bisschen Espresso und ein bisschen Kakao glattgerührt), und dann wurde alles geschichtet, mit noch mehr Amaretto und Espresso beträufelt und schließlich im Kühlschrank kaltgestellt. Desserts, die zwei Tage in der Herstellung brauchen, werden von uns ja eigentlich eher vermieden, aber wenn man schon Zeit dafür hat.
Den restlichen Abend verbrachten wir mit den letzten Folgen der SWR-Unfallklinik. Nachdem wir die letzten Jahre immer wieder nach „Weihnachtsfilmen“ gesucht hatten und eher enttäuscht wurden (die aktuelle Doctor-Who-Weihnachtsfolge ist ja in Deutschland nicht so einfach anzuschauen, und Die Hard kennen wir halt auch schon in- und auswendig), machten wir dieses Jahr einfach nicht lang. Und das war so ziemlich genau das Richtige.