Zwölfstundentage, Donnerstag und Freitag 7.-8.11.2024

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch

Am Donnerstag aufgewacht nah einigermaßen tiefem Schlaf, mit merkwürdigen, sehr ausführlichen Träumen (keine US-Politik, sondern eine Mischung aus Tessin-Urlaub und alten Klassenkameraden). Am Morgen erst einmal kurze Katzenmaintenance, dann warf ich einen Blick in die Zeitung und stellte fest, dass die Wahl des orangefarbenen Deppen noch nicht einmal die Top-Schlagzeile geworden ist, weil nach wochenlangem Zerren der Kanzler nun endlich den Finanzminister rausgeschmissen hat und damit die Koalition geplatzt ist. Vermutlich wird es im Frühjahr Neuwahlen geben und wir haben dann eine Koalition aus CDU, FDP (wenn sie nochmal in den Bundestag kommen, ich hoffe so sehr dass nicht) und AfD. Hurra. Wo ist das Loch, in dem man sich verkriechen kann?
…im Übrigen auch so ein Zeichen unserer Zeit: Der Liebste blätterte durch die Zeitung, murmelte „dieses blöde Arschloch“ vor sich hin, und als ich einen Blick über seine Schulter warf, wusste ich nicht, wen er gemeint hatte, weil auf der Zeitungsseite gleich vier Kandidaten (…gendern nicht nötig) zu sehen waren, für die es gepasst hätte.

Anyway. Zwei Prüfungstage in Folge, sehr dichtgepackt, deshalb etwas telegramstilartige Zusammenfassung. Schnelles Morgenprogramm, der Liebste packte mir Erdnussbutterbrot und Kichererbsen-Orzo in den Rucksack, um Viertel vor acht aus dem Haus. So frisch, dass ich endgültig auf die rote Jacke umstieg, dazu feuchtneblig.
Der Vormittag absolut vollgepackt mit administrativem Zeug und nebenher Korrekturen, mit denen ich noch nicht einmal fertig wurde (nur das Allernötigste bekam ich hin). Ein ziemliches Gerenne, weil ich auch irgendwie das Gefühl hatte, alle Kolleg:innen bräuchten ständige Extra-Betreuung, dazu tausend Anfragen per Mail und überhaupt, Zeugs. Wenigstens reichte es für eine kurze Mittagspause.

Den Nachmittag über nahm ich mit einem Kollegen die mündlichen Prüfungen ab. Davor hatte ich mir etwas Sorgen gemacht, wegen schierer Überlastung (das Prüfen ist doch recht anstrengend, und es war eine lange Prüfung von eins bis fünf). Aber es ging dann ausgesprochen gut, bei sehr guter Zusammenarbeit sowieso. Ich kam ganz zufrieden aus der Prüfung. Einziger Minuspunkt: Ich hatte natürlich den ganzen Nachmittag keine Zeit gehabt, irgendwelche anderen Sachen zu erledigen.

Nach der Prüfung noch mein Abendkurs, den ich extra eine Dreiviertelstunde nach hinten verschoben hatte. Das machte mir wieder ausgesprochen Spaß, und sogar meine Konzentration reichte dafür aus. Nur danach war ich wirklich durch und verschob alle anderen Sachen auf den nächsten Tag. Was auch okay war, es war schließlich zwanzig Uhr, als ich heimging.

Daheim Nudeln mit einer (morgens aus dem Gefrierschrank geholten) Linsenbolognese, der Liebste war mit Kolleg:innen beim Bowling. Dazu ein bisschen Katzenbespaßung, und als er um neun schließlich nach Hause kam, noch ein wenig Vanillequark und Blaulichtporno. Sehr müde ins Bett gefallen.

Zweite Prüfungsrunde am Freitag, also (nach leidlich guter Nacht, ziemlich müde) wieder um Viertel vor acht aus dem Haus. Der Liebste frühstückte zwar wieder nicht, hatte mir aber trotzdem netterweise ein Müsli gemacht (mir hätte das nicht mehr gereicht, ich brauchte zu lang fürs Haarewaschen). Wir gingen gemeinsam, in ordentlich kalter und sehr klarer Luft.

Den Tag über hatte ich tatsächlich komplett Zeit für administrative Sachen, weil ich nicht prüfen und nicht unterrichten musste, sondern „nur“ die Prüfungsverantwortung hatte. Und die Fluraufsicht am Nachmittag, denn die dafür eigentlich eingeteilte Kollegin meldete sich morgens krank. Das klappte allerdings erstaunlich gut, ein paar Kolleg:innen schichteten um, eine Kollegin übernahm spontan Aufgaben, es lief alles. Recht zufrieden. So konnte ich vormittags die restlichen Korrekturen erledigen und die Nachbereitung der Prüfung vom Vortag, dazu endlich mal wieder ein Jour Fixe mit meiner Abteilungskollegin (mit Neuigkeiten), und eine winzigkleine Mittagspause reichte sogar auch noch (mit morgens frisch gekochten Nudeln und der restlichen Bolognesesauce, danach ein Stück Schokoladenkuchen, der in der Büroküche herumgestanden hatte und mit einer Tasse Kaffee verzehrt werden wollte).

Nachmittags dann also Fluraufsicht, parallel viel, viel administratives Zeug für die kommende Woche, in der es noch einmal viel voller wird als aktuell. Dann Nachbereitung, Räume zurückbauen, ich brachte Dokumente zur Post und machte die letzten Sachen fertig (während parallel die Yogagruppe im Nachbarraum übte – war für mich leider nicht drin), und um halb acht schrieb ich dem Liebsten, dass er mich so langsam abholen kommen könnte für unsere Freitags-Verabredung. Das ließ er sich nicht zweimal sagen, um kurz vor acht kam er an und wir gingen los.

Restaurant des Tage dieses Mal wieder die Hotelbar/Bistro/Restaurant am Altstadtrand, in erster Linie, weil sie eine ganz ordentliche Weinauswahl haben (nicht so gut wie unser Stammitaliener, aber auf Italienisch hatten wir keine Lust). Wir bekamen einen Zweiertisch oben auf der Galerie, etwas gemütlicher und etwas weniger wuselig als unten im Barbereich, und stellten erfreut fest, dass zum Herbst ein paar neue vegane Sachen auf die Karte gekommen waren. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.

Die nächsten anderthalb Stunden also ausgiebiges Essen. Als Vorspeise ein Feldsalat mit gegrillter Feige für den Liebsten, eine ganz ausgezeichnete Kürbissuppe für mich, und als Hauptgang dann ein Beyond Meat-Burger mit Pommes für den Liebsten und Korean Fried Vegan Chicken mit Spinatsalat und Guacamole für mich. Etwas wilde Mischung, aber nun ja. Der Spinatsalat war ganz wunderbar, die Guacamole war halt eine Guacamole (ist ja nicht so meins), und das Korean Chicken war die ersten drei Bissen ganz nett, dann begann ich einen merkwürdig süßlichen Geschmack wahrzunehmen, der sich immer mehr zu einer derartig penetranten Süße steigerte, dass ich das letzte Viertel der Portion stehenließ – was mir ausgesprochen selten passiert. Dafür bestellte ich mir noch ein zweites Glas Weißwein (zweimal ein Gemischter Satz, unter Mühen, denn die Kellnerin verstand mich erst nicht und versuchte mir mehrfach Rotwein ins Glas einzuschenken).

Der Liebste war mit seinem Essen (und dem Glas Bardolino dazu) zufrieden, nur war es für ihn viel zu viel zu viel, kein Wunder bei Vorspeisensalat und dann ein kompletter Burger mit Pommes. Er aß trotzdem alles tapfer auf, wehklagte auf dem Heimweg aber ziemlich, ordentliches Magendrücken und die Aussicht auf eine schwierige Nacht. Wir gingen deshalb auch erst um halb zwölf ins Bett (und ich startete dort noch ein neues Buch, den zweiten Thursday Next-Band), um unserer Verdauung noch die Chance zu geben, wenigstens ein bisschen mit der Arbeit anzufangen, bevor wir schlafen gingen.

Wieder keine Nachrichten, die Zeitung hatte uns gereicht. Ernsthafte Sorgen vor der Situation im kommenden Frühjahr, wenn es voraussichtlich Neuwahlen gibt. Es ist alles mühsam, und leider keine Besserung in Sicht.