Besuch, Stadt, Whisky und eBook-Generve, Samstag 15.11.2025

Gefühlt mitten in der Nacht aufgewacht, als eine Katzenpfote an meinen Rücken stupste – der Blick auf den Wecker zeigte sechs Uhr. Noch ein bisschen liegen geblieben, während der Nasenkater manierlich am Fußende wartete, dann erst ihn und kurz darauf Magi auf die Dachterrasse und allmähliches Aufstehen. Für den Liebsten (im oberen Schlafzimmer, da das untere durch Besuch belegt) und für mich, auch wenn ein bisschen Ausschlafen auch kein Fehler gewesen wäre, aber andererseits – halb sieben geht schon, und da wir Schwester S unten auch schon duschen hörten, passte es. (Frühaufsteherfamilie.)
Magi hatte sich zwar blicken lassen, aber so richtig interessiert an Medikamenten und allem war er nicht, hm, und verschwand auch gleich wieder raus. Im Vergleich zur laufenden Woche, wo er zumindest morgens immer gut zu versorgen gewesen war, war das natürlich doof. Ich hoffte mal, dass er bald wieder zurückkam – dass er sich früh am Samstagmorgen bei der Studenten-WG einquartiert, halte ich doch für eher unwahrscheinlich.

Wir standen auf jeden Fall auf und kochten Tee. S kam kurz darauf, und das war für den Nasenkater das Signal, mal wieder furchtbar schüchtern zu sein und durchs Haus zu rasen und im Garten zu verschwinden und überhaupt. Erst nach einer ganzen Weile kamen beide zurück und ließen sich auf dem Sofa nieder, aber vor allem der Nasenkater signalisierte klar: Besuch findet er grundsätzlich überhaupt nicht gut, und dass er die Person eigentlich kennt, ist für ihn kein Argument. Einfach zu viele Menschen und Beine und überhaupt im Wohnzimmer.
Nun ja. Wir ließen uns davon nicht abhalten und verbrachten einen gemütlichen Vormittag mit ausführlichem Frühstück und noch ausführlicherem Reden. Unter anderem hatte S ein paar aus Holz handgeschnitzte Familienerbstücke dabei, die sie für daheim und ein Teil auch für uns mitgenommen hatte – für uns so eine Art Holzscheibe für die Wand, an die man eine Streichholzschachtel befestigen konnte, sodass man immer Streichhölzer für den Ofen zur Verfügung hatte. Ist zwar nicht unbedingt ein Produkt, dass mir in meinem Leben bis jetzt gefehlt hätte, aber sehr schön aussehen tut es schon.

Um zehn nach zwölf gingen wir aus dem Haus und brachten S zum Bahnhof (mit kurzem Zwischenstopp bei meiner Friseurin, endlich wieder einen Termin für Ende November ausmachen). Es war krass warm, mit grünem Fleece und roter Jacke war ich viel zu warm angezogen (Schal hatte ich gar nicht mitgenommen, Mütze blieb in der Tasche). Dazu so sonnig, dass wir die Sonnenbrillen brauchten, und jede Menge Außengastro-Tische besetzt. Unangenehm.

Wir hatten für die Stadt fünf Erledigungssachen vorgenommen, nachdem wir S am Bahnhof verabschiedet hatten: Erst einmal brachte der Liebste ein bisschen Geld aus der Bastelvereinskasse zur Bank (klappte problemlos). Dann Mittagessen beim Wilhelmstraßen-Asiaten, auch problemlos, da recht wenig los, und sehr gutes Essen (ich hatte das gleiche Essen wie kürzlich, Reis mit Tofu und Pilzen, gar kein Problem für mich, das mehrfach zu essen). Anschließend gingen wir zum italienischen Lieblingscafé für einen Espresso, vielleicht sogar mit draußen sitzen…? Das brachen wir aber ab: Es war unfassbar voll, laut, unangenehm, die Leute drängelig und nervig und ich hatte überhaupt keine Lust mehr.
Stattdessen schnell zur Buchhandlung, einen Postkartenkalender für kommendes Jahr kaufen (erfolgreich) und zum Blumenladen wegen eines Gestecks. Das klappte nicht, weil es nur noch zwei Gestecke gab, beide für unsere Zwecke viel zu klein und ziemlich teuer, ich entschied mich dagegen. Schließlich zum Optiker, weil der Liebste seine Ende September verlorene Lesebrille ersetzen wollte. Das wurde dann allerdings ebenfalls nichts: Wir kamen zwar zehn Minuten vor Ladenschluss noch zum ausgewählten Optiker, sahen dort aber recht schnell, dass sein Brillensortiment ziemlich hochpreisig ist – deutlich mehr als das, was der Liebste für eine Lesebrille auszugeben bereit war. Kurze Überlegung, ob wir noch zu Apollo gehen sollten, aber am Ende gingen wir nach Hause, wir waren ziemlich satt von der Stadt. Im mehrfachen Wortsinn.

Daheim erst einmal anderthalb Stunden Pause, für mich mit (ausgelesenem Buch im Lesesessel. (Und mit richtig doofen, unangenehmen Schmerzen im linken Bein, vermutlich aus dem Rücken kommend – echt nervig, ich war ja wirklich schon einige Schritte gelaufen, aber die Schmerzen waren trotzdem da und machten keine Anstalten, sich zu verziehen. Sehr ärgerlich.)
Um fünf dann Wocheneinkauf zu Alnatura und dm, leicht in Eile, und anschließend zum Obi, wo wir fündig wurden und ein paar Zweite und zwei sehr schöne Gestecke mitnahmen. Sogar zum reduzierten Preis, weil das eher so unter „Herbstdeko“ lief und der Obi (wie auch der Blumenladen) schon voll waren mit Adventskränzen und Zeug.

Daheim schnelle Katzenversorgung, Zeug wegräumen, dann machte ich uns Spaghetti mit Pesto. Das war zwar nicht auf dem Plan, aber es ging deutlich schneller als die eigentlich angedachten Bratkartoffeln mit Würstchen und Rotkraut und überhaupt. Und bildete eine gute Grundlage: Wir hatten für den Abend nämlich mal wieder Karten für eine Whisky-Blindverkostung. Sehr gespannt. Um kurz vor halb acht also noch einmal in die Stadt (am Ende hatte ich über 18.000 Schritte auf der Uhr).

Beim Tasting erst einmal eine Überraschung, denn gleich am Eingang traf ich eine Kollegin mit ihrem Vater. Ich wusste schon, dass sie sich auch für Whisky interessiert (vor allem ihr Vater, aber sie trinkt gern mal mit), und hatte schon vermutet, dass ich sie irgendwann mal bei einem Tasting treffen würde. Das war jetzt natürlich sehr nett, und wir stellten uns gleich zu viert an den Tisch. Zwei sehr angenehme Menschen, die Kollegin sowieso, ihr Vater auch.

Das Tasting hatte dieses Mal fünf schottische Single Malts aus fünf unterschiedlichen Regionen zur Auswahl, dazu einen Nicht-Schotten. Um es kurz zu machen: Es ist quasi unmöglich, die Regionen zu erschmecken, und von den sechs zu erratenden Whiskys fand ich immerhin zwei – damit war ich schon ganz zufrieden. Darunter den Nicht-Schotten, dazu gleich mehr.
Die ganze Bandbreite an mild, flach, tief, salzig, karamellig bis rauchig war dabei. Nett fand ich einen zehnjährigen Benriach von der Speyside, der süßlich-sahnig und unaufdringlich daher kam, ein netter Einsteigerwhisky – vielleicht ein bisschen flach. Erstaunlich helle Farbe. Dann ein 46-prozentiger Lochlea, der sehr milde Rauchnoten hatte, die daher kommen, dass der eigentliche Whisky unpeated ist, aber dann in alten peated Fässern ausgebaut wird, eine lustige Vorgehensweise. Auch er sehr zurückhaltend, weich, angenehm, und mit erstaunlich heller Farbe – er erinnerte uns an den Berry Bros. & Rudd, den wir daheim haben (weshalb ich ihn fälschlicherweise auf die Isle of Islay verortete statt in die Lowlands).
Ebenfalls sehr gut ein goldgelber Ardnamurchan aus den Highlands, angenehm rauchig (Rauchschinken und ähnliches drängte sich auf), mit schönem Nachklang, leichtem Salz. Auch angenehme Nase. Und auch der Trostpreis war ein schöner, leicht rauchiger, weicher Whisky, der Ledaic Sinclair Series – und dieser war zu so einem unschlagbaren Preis (als Whisky des Monats mit ordentlich Rabatt), dass wir davon eine Flasche mitnahmen.

Der absolute Knaller des Abends, und das wage ich ja kaum zu schreiben, war der Nicht-Schotte, und das war allen Ernstes ein amerikanischer Whiskey: Michter’s Kentucky American Whiskey (nicht im Virgin Oak, deshalb darf er sich nicht „Bourbon“ nennen, whatever). Ein dunkles Bernsteinrot als Farbe (er könnte koloriert sein, da bin ich nicht sicher), mit einer total komplexen Nase aus Süße, Sahne und Klebstoff, was komisch klingt, aber eine total aromatische Mischung ergab. Und der Geschmack: Sahnetoffee, Malz, Vanille, kandierte Früchte, auch einige Sachen, die ich gar nicht richtig zuordnen konnte, die aber einen extrem langen Nachhall auf der Zunge ergaben. Ich war echt geflasht („Wow!“ auf meinem Tasting-Zettel), und den anderen ging es ebenso. Deshalb auch Kaufentscheidung beim Liebsten und mir, und da wir nicht die einzigen waren, war er dann ausverkauft und wir bestellten ihn für die nächste Lieferung vor. Nicht so ganz billig, aber auf jeden Fall eine schöne Erweiterung unserer Kollektion.

Um kurz nach halb elf daheim und beide noch recht wach. Irgendwie setzte ich mir in den Kopf, dass ich doch gern noch den siebten Band von Jörg Maurers Alpenkrimis lesen wollte, den ich so mitten am Abend natürlich nicht mehr besorgen konnte – aber von wegen, ich hatte ja schließlich ein Tolino.
Nun ja. Kurz gefasst ein Riesenfail: Bei meinem Tolino konnte ich mich nicht mehr anmelden (bei Osiander), auch nicht mit Passwortänderung oder irgendetwas, ich konnte aber auch den Shop nicht wechseln, weil die Funktion nicht angeboten wurde, obwohl Tolino auf ihrer Seite eigentlich klar schreibt, dass das gehen muss. Extrem genervt.
Dann hatte ich die schlaue Idee, dass wir ja ein Kindle vom Schwiegervater in der Schublade hatten, vielleicht könnte ich das reaktivieren? Und das ging natürlich genauso wenig, ewig herumprobiert, Handling nervig, alles doof, und um halb eins gab ich schließlich völlig entnervt aus und ging ins Bett. Das war dann ein eher unentspannter Tagesabschluss, ein bisschen unnötig, aber egal. Trotzdem insgesamt sehr voller, aber schöner Tag.