Geschlafen wie ein (erschöpfter, übermüdeter, schlecht gelaunter) Stein, der Lichtwecker weckte mich das erste, der aufgeregt miauende Kater das zweite Mal. Vor dem Fenster begann es gerade zu regnen. Ich stand mit ausgesprochen schlechter Laune auf und merkte dringend, dass ich einen weiteren Tag Wochenende gut hätte gebrauchen können. Auch der Liebste hatte so gar keine Lust auf den Tag. Zuerst einmal kochte ich Nudeln für das Mittagessen, während er ein Müsli machte. Dann ein bisschen Tee und Zeitung, ich fuhr den Laptop hoch und wunderte mich darüber, dass er kein WLAN finden konnte, naja egal, das Handy gab auch eine Fehlermeldung, machte nichts, ich schrieb ein bisschen und startete dann den Browser: Hm. Ging tatsächlich nicht. Und an der Fritzbox leuchtete ein rotes Licht. Ach ja, heute ist ja der sechzehnte, wir haben doch einen Anbieterwechsel, sagte der Liebste.
Dann wurde es mal kurz etwas hektisch, denn ohne Internet kann ich nicht von daheim aus arbeiten, und ich unterrichtete am Vormittag einen Kurs. Der Liebste versuchte, die Umstellung von daheim aus zu machen, er blätterte sich durch diverse Faltblätter mit Informationen, was natürlich nicht klappte, und ich richtete mich auf einen Tag im Büro ein.
Nach Frühstück und einer schnellen Dusche packte ich also meine Sachen und war um kurz nach halb neun im Büro. Dort war ich in meinem Zimmer zum Glück allein und konnte meinen Kurs von dort aus unterrichten. Es klappte alles ganz okay, eine nette Gruppe (einen Teil davon kannte ich), und mein am Samstag vorbereitetes Programm war auch in Ordnung, ich war zufrieden. Wenn nur im Büro der Rechner nicht so unglaublich langsam gewesen wäre (ich bin nicht sicher, was es ist, ist der Rechner leistungsschwach oder das Internet langsam oder beides zusammen). Ständig musste ich Programme im Vorfeld öffnen, denn wenn ich sie in dem Moment geöffnet hätte, als ich sie brauchte, hätte ich 30 Sekunden warten müssen, was aber leider dazu führte, dass der Rechner mir Fehlermeldungen gab „es laufen zu viele Anwendungen gleichzeitig! Bitte schließen Sie Anwendungen, um Ihre Audioqualität zu verbessern“. Come on. Ein Audio abzuspielen und den Ton zu teilen ging sowieso nur, wenn ich gleichzeitig meine Kamera ausmachte. Also ziemliche Steinzeit (oder zumindest Bronzezeit), verglichen mit meinem Standard daheim.
Egal, ich machte den Kurs und danach gleich eine kurze Mittagspause (Nudeln mit der aufgetauten Bolognesesoße). Den Nachmittag über hakte ich ein paar wichtige Dinge für eine kommende Prüfung ab (ein Punkt, an dem ich das Wochenende über herumgedacht hatte, am Ende ging es schnell) und besprach ein paar Sachen mit meinem Kollegen, der Vorteil, wenn man vor Ort ist. Dann ein paar Korrekturen und schließlich konnte ich den Kurs für den nächsten Tag vorbereiten. Da das ein neuer Kursinhalt war (Prüfungsvorbereitung für ein neues Prüfungsformat), nahm es einige Zeit in Anspruch, aber es ging am Ende doch schneller als gedacht. Dazu der übliche Background-Noise an Mails und Chats, ein bisschen Abstimmung mit meiner Kollegin, die mir eröffnete, dass sie jetzt doch Covid-positiv ist und auf jeden Fall die ganze Woche in Quarantäne bleibt (letzte Woche war sie noch wegen „Halsschmerzen, aber der Test ist negativ“ daheim geblieben – ich bin so froh, dass es bei uns (normalerweise) mit dem Home Office so problemlos geht).
Abends hatte ich dann wieder Kurs, den ich logischerweise auch vom Büro aus unterrichtete. Parallel schrieb mir der Liebste zunehmend genervte Threems: Es war wohl morgens ein Techniker wegen der Umstellung bei uns gewesen (logischerweise nicht reingekommen). Dass für die Umstellung jemand direkt zu uns kommen würde, war aus der Mail im Vorfeld nicht ersichtlich gewesen. Rückruf ging auch nicht, weil als Kontakt unsere Festnetznummer angegeben war, die aber ebenfalls am Internet hängt (wir waren also auch telefonisch nicht erreichbar, was normalerweise nicht so schlimm ist). Der Liebste schrieb also (noch von der Arbeit aus) eine Mail, bat um einen neuen Termin und gab seine Handynummer an und fuhr dann leicht genervt heim. Wir brauchen beide das Internet, wenn wir Home Office machen wollen, also einfach so mal einen halben Tag zu Hause bleiben geht sowieso nicht so einfach.
Auf jeden Fall war ich um zehn vor acht im Büro fertig und fuhr heim. Der Liebste hatte schon gekocht, Sojagulasch mit ordentlich Paprika, es gibt schon wieder Paprika vom Bodensee, und wir überlegten beide, was wir mit dem Abend anfangen sollten: Lesen wäre für mich okay gewesen, wollte aber der Liebste nicht (sein Kopf war ziemlich leer), Spielen passte auch nicht so richtig. Bei einer DVD aus der Sammlung waren wir nicht so sicher, welche wir nehmen sollten, und überhaupt, Film… ich wollte am liebsten Berieselung. Am Ende machte der Liebste einen Hotspot mit seinem Handy und wir sahen für den Rest des Abends die queeren Jungs. Ging erstaunlich gut.
Im Bett las ich dann doch noch ein paar Takte, ich wollte nämlich mein Buch zu Ende bekommen: Warum wir Familie und Freunde an radikale Ideologien verlieren – und wie wir sie zurückholen können, von Dana Buchzik. Hm. Ein paar interessante Punkte sind dabei, aber insgesamt musste ich bei dem Buch leider zu oft den Kopf schütteln. Die Autorin wirft in einer Art Pauschalurteil der „Grundlagenforschung“ vor, nicht empirisch zu arbeiten (alle Grundlagenforschung, in jeder Wissenschaft?), versteht gleichzeitig nicht richtig, wie Geschichtswissenschaft funktioniert, und beschwert sich über „einfache Antworten“ – die sie zwei Seiten später entweder exakt selber gibt, oder sie gibt gar keine, erklärt nur, was an den Ratschlägen der anderen alles falsch ist (Hass im Netz: Keine Gegenrede! Aber auch nicht ignorieren! Stattdessen sich positionieren (wie, ohne Gegenrede?) und dann Trolle blocken (was ist das, wenn nicht ignorieren?), aber nicht dadurch provozieren …???).
Insgesamt überzeugte es mich also nicht, eher keine Empfehlung von mir. Schade, ich hatte mir mehr davon erhofft. Das Buch krankt auch daran, dass es alle möglichen Phänomene (Rechtsradikalismus, Sekten, Esoterik, Impfgegner, Verschwörungstheorien) unter dem Label „radikal“ in einen Topf wirft, ohne eindeutig zu definieren, was darunter denn zu verstehen ist (irgendwie halt extrem und vielleicht demokratiefeindlich, aber vielleicht auch nicht). Man merkt deutlich, dass es dem Thema gut getan hätte, wenn es jemand schreibt, der sich damit wirklich auskennt (also dazu geforscht hat), anstatt einer Journalistin, die dann auch noch das Label der persönlichen Betroffenheit als Qualifikationsersatz benutzt. Ach ja, und zu viel oberflächliches Gewaltfreie-Kommunikation-Heitatei war es mir auch. Da lese ich dann vielleicht doch lieber gleich Rosenberg.