In der Nacht wachte ich zu prasselndem Regen auf, irritierenderweise war es trotzdem recht warm im Zimmer. Am Morgen regnete es immer noch und war sehr dunkel. Und kein Kater zu sehen, was mir sofort wieder Sorgen machte, auch wenn er wahrscheinlich, wie der Liebste anmerkte, unter irgendeinem Schuppen oder auf einer Terrasse bei den Nachbarn saß und eine Regenpause abwartete. Danach sah es allerdings nicht aus, ein verhangener Himmel in waschküchengraublau und ein stetiger Dauerregen. Sehr herbstliche Atmosphäre. Bis auf wie gesagt die knapp 25 Grad in allen Zimmern, ich machte erst einmal alles auf zum Lüften.
Müsli zum Frühstück, schnelle Dusche (mit Haare waschen: 3.30 Min. Wasserlaufzeit), und um acht verabschiedete ich den Liebsten und war pünktlich zum Yogakurs auf der Matte (misstrauisch beobachtet vom Kater, der irgendwann doch aufgetaucht war, sich hatte füttern lassen und seitdem im Schlafzimmer lag: im fünf-Minuten-Takt abwechselnd auf dem Bett und unter dem Bett). Ein guter Kurs mit dieses Mal vielen Drehpositionen, was für meinen verspannten Computer-Nacken eine ziemliche Herausforderung darstellte. Auch ein paar Stehpositionen (Achillessehne hielt) und einige Streckungen (Arm hielt mehr oder weniger, tat halt weh, aber streckte), am Ende konnte ich sogar ein einigermaßen ordentliches Kuhgesicht machen. Wenn man überlegt, dass ich früher (also nicht ewig viel früher, so vor anderthalb Jahren) das Kuhgesicht so hingekriegt habe, dass sich die Hände auf dem Rücken berühren… aber naja, bygones. (Und nur fürs Protokoll: Die Position sieht aus keiner Perspektive auch nur irgendwie annähernd aus wie ein Kuhgesicht. Was sollen das bitte für Kühe sein?)
Ab halb zehn am Schreibtisch. Die E-Mail-Frequenz hatte sich etwas beruhigt, ich konnte endlich mehr beantworten, als nachflossen, und arbeitete mich langsam durch die Inbox. Noch ein paar Unterrichtsvorbereitungen, dann hatte ich von elf bis zwölf einen sehr netten Einzelunterricht, ein paar Kleinigkeiten, um Viertel vor eins machte ich Mittagspause (zweite Hälfte Pasta mit Schmorgemüse, sehr lecker, große Portion).
Um kurz nach halb zwei ging ich aus dem Haus (trocken, der Regen hatte im Lauf des Vormittags aufgehört), nachmittags war ich im Büro geplant. Dort ein paar Kleinigkeiten, über die ich mich etwas ärgerte (Entscheidungen, die ich anders getroffen hätte, aber mal sehen, wie sich das jetzt so entwickelt), davon abgesehen aber alles recht erfolgreich, ich konnte ein paar richtig wichtige Punkte für die kommenden Prüfungen erledigen, mit Kolleg:innen ein paar Sachen abklären und außerdem den Babyhund knuddeln. Irgendwie war ich latent schlecht gelaunt und gereizt, dabei gab es gar keinen richtigen Grund dafür. Außer halt so der generellen Großwetterlage und allem.
Um halb sechs ging ich heim, schaute nach dem Kater und packte meine Sachen für den Abend. Der Liebste war noch nicht da, ich hörte ihn erst um sechs, und zwar draußen herumschreien. Als ich zur Haustür herausschaute, sah ich ihn in einer hitzigen Diskussion mit einem Typen, der gerade wegmarschierte und wohl irgendwie den Zorn des Liebsten erregt hatte. Ich ging wieder rein und hinten in den Garten, wo der Liebste gerade sein Fahrrad abstellte, fragte nach dem Problem und bekam zu meinem Entsetzen zu hören, dass dieser widerliche Typ allen Ernstes gegen unsere Hauswand gepinkelt hatte.
Jetzt ist es so, dass an unserem Haus eine etwas abschüssige Garagenauffahrt ist, gesäumt von etwas verwildertem Buschwerk. Man kann sich dort also einigermaßen versteckt hinstellen, zumindest so lang bis wir den Kopf aus dem Fenster strecken (wird leider auch immer wieder von Rauchern genutzt, obwohl es ziemlich eindeutig Privatgrund ist). Wenn also jemand wirklich extrem dringend aufs Klo muss, kann er sich da mehr oder weniger in die Büsche schlagen. Und wenn er das gemacht hätte, hätte der Liebste wahrscheinlich auch nichts gesagt – aber gegen die Hauswand? Was für eine Drecksau muss man sein?
Während wir noch draußen standen und der Liebste mit zwei Kannen Wasser die Hauswand sauber machte, kam tatsächlich der Typ wieder zurück, weil sein Auto nämlich vor unserem Haus geparkt war. Der Liebste schaute aufs Nummernschild (nicht notierte oder fotografierte, schaute nur), was den Typen wohl provozierte, er steckte den Kopf zum Fenster heraus und begann rumzumotzen („Hey was willsch du jetzt machen, die Bullen rufen oder was, was willsch du von mir“), worauf mir der Kragen platzte. Ich marschierte zum Fenster und sagte dem Idiot in deutlichen Worten, was ich von seinem Verhalten hielt. Und die deutlichen Worte waren: Sehr korrekt, sehr formell, alles per Sie, mit keinem einzigen Schimpfwort. Dieser Stilkontrast schien den Typen offensichtlich so zu beeindrucken (minus das in meinem Fall nicht involvierte Testosteron), dass er „ja okay Entschuldigung“ murmelte, ein paar besänftigende Gesten machte und davonfuhr. Ehrlich: Was für Leute es gibt.
Durch dieses ganze Theater war ich jetzt reichlich spät dran, ich schnappte mir meine Tasche und joggte los zur Physiotherapiepraxis, wo ich den ersten Einweisungstermin für das Gesundheits-Fitnessstudio hatte. Nach ein bisschen Bürokratie (Bankverbindung, Fitnessarmband, Gedöns) gab es ein ausführliches Anamnesegespräch, und darf ich nur sagen, dass meine sämtlichen Gelenke einfach eine blöde Großbaustelle sind. Achillessehne, Knie, Hüften, Lendenwirbelbereich, Nacken, Schulter, Ellenbogen, Handgelenke: Alles akut am Stress machen oder zumindest schon mal gehabt. In dieser Summe aufgelistet sah das ganz schön bitter aus. Es war aber auch zu sehen, dass einige Probleme aus der Vergangenheit (Hüfte, Lendenwirbelsäule, Knie) jetzt schon seit einiger Zeit überhaupt nicht mehr aufgetreten sind. Ein großes Hoch aufs Yoga.
Und dann ging es also an die Geräte, und für die nächste gute Stunde machten wir (ich hatte Einzelbetreuung durch eine Therapeutin) den Großteil der Geräte durch, zuerst Geräte zum Dehnen, dann zur Kräftigung. Das macht alles natürlich nun nicht direkt „Spaß“, aber das ist ja nicht die Motivation. Positiv fiel mir auf, wie anstrengend das alles war (meine Muskeln brauchen das Training dringend), und sich da auszupowern gab schon so ein bisschen einen Kick. Was dann doch fast so etwas wie Spaß war. Nun ja. In vier Wochen schauen wir mal, was ich dann sage.
Um kurz nach acht war ich daheim. Der Liebste hatte sich wieder beruhigt und Abendessen gekocht (Gagh, also eigentlich Grah – kroatischer Bohneneintopf mit Seitan und Pilzen – aber wir Raumschiffnerds nennen es halt Gagh). Leider ist bei unserem Dampfkochtopf der Deckel kaputt, schließt nicht mehr richtig und baut dementsprechend keinen richtigen Druck mehr auf, weswegen das Essen recht lang dauerte, aber um halb neun war es dann schließlich fertig. Der Ausflug nach Atlantis (Raumschiffe und so) klappte leider nicht, weil sich unser CD-Laufwerk nicht zum Abspielen bewegen ließ (es ist halt schon Jahrzehnte alt, lol), also blieben die nordenglischen Paramedics auf YouTube. Nach mehreren Wochen und fast zum Ende der ersten Staffel habe ich jetzt dann auch mal herausgefunden, wie die Serie heißt: 999 Rescue Squad. Und es gibt noch ein paar Staffeln mehr, hihi.