Zweiter Urlaubstag daheim, und alle wichtigen Sachen (Tickets, Steuer, Gedöns) hatte ich schon erledigt. Hihi. Wieder früh aufgestanden (großartig geschlafen, trotzdem um kurz nach halb sieben wach und auf, warum klappt das während der Arbeitswoche nicht) und quasi noch währenddessen fiel mir ein, dass von wegen alles erledigt, wir waren schon ewig nicht mehr auf dem Friedhof in der Nachbarstadt gewesen (…wieder die Geschichte mit „an jedem Wochenende arbeiten“ und so). Tatsächlich hatten wir am Abend davor darüber gesprochen, und jetzt am Morgen buchte der Liebste kurzentschlossen ein Auto für den Vormittag. Dann Bananenbrot mit etwas Margarine zum Frühstück (sehr gute Kombi), schnelle Dusche, Sachen packen und um zehn saßen wir im Ums-Eck-Corsa (also dem Carsharing-Corsa, der momentan seinen Stellpatz in der Nähe hat).
Schöner, frischer Herbstmorgen, recht bewölkt, aber es sah nicht nach Regen aus. Wir fuhren erst einmal zum Baumarkt in der Nähe und holten uns dort ein bisschen Erika, Zierbüsche und Gedöns und außerdem ein Gesteck, denn wir sind zwar nicht katholisch, aber für den November sieht so ein Gesteck ja trotzdem schön aus. (Eigentlich hätten wir ein zweites Gesteck mitnehmen wollen, eher so eine Art Körbchen mit Deko und Gedöns, 50% reduziert, aber dann war die Kassiererin am Telefon, weswegen wir an den Selbst-Checkout gingen, und beim Einscannen war der Rabatt nicht über den Strichcode zu erfassen, man hätte ihn manuell eingeben müssen, was wir nicht konnten, weshalb wir auf „Storno“ drückten. Worauf „bitte warten Sie auf eine/n Mitarbeiter/in“ im Display erschien und die Checkout-Kasse sich nicht mehr bedienen ließ. Und da räumten wir das reduzierte Gesteck wieder ins Regal – Kassiererin immer noch am Telefon, mittlerweile Schlange an der Kasse – gingen zum zweiten Checkout-Terminal, scannten unsere Pflanzen und gingen. Genauso nervig und doof, wie es klingt.)
Und dann also zum Friedhof, wo wir mittlerweile beinahe drei Monate nicht mehr gewesen waren. Dafür sah es eigentlich ganz ordentlich aus: Zwar ein bisschen was an Unkraut und ein paar verblühte Sachen, aber es ging. Nachdem wir gejätet und die neuen Sachen eingepflanzt hatten (und noch ein bisschen Rindenmulch verteilt hatten, als Bodenschutz, statt Zweigen, was irgendwie fast niemand mehr macht), sah es wirklich wieder okay aus. Natürlich außer uns viele andere, meist ältere Menschen, die sich um die Gräber kümmerten, so vor Allerheiligen, aber auf dem riesigen Friedhof verläuft sich das doch etwas. Und der Parkplatz war recht leer, weil es wenige Wanderer gab (dafür war das Wetter vermutlich zu unbeständig, während wir oben waren, regnete es einmal kurz).
Klare, frische Luft, draußen sein, und kurz war ich sehr traurig, dass wir nicht wie geplant in unserem Herbsturlaub ein paar Tage wandern gegangen waren. Klar, war wegen des neuen Katers nicht gegangen, aber schade fand ich es schon.
Um kurz vor halb zwei waren wir wieder daheim und machten erst einmal ausgedehnte Mittagspause mit restlichem Linseneintopf, Kaffee, restlichem Bananenbrot und Espresso, ein bisschen Herumgelese im Internet, ein kurzer Mittagsschlaf.
Um halb vier gingen wir zum dm und Fressnapf, ordentlich Katzenfutter holen (die bekannten Sorten und noch drei neue zum Ausprobieren, denn gelegentlich muss man den Katzen ein bisschen Aufregung in ihrem Leben zumuten). Wahnsinnig viel Verkehr auf der Bundesstraße, es war komplett bizarr und ich war so froh, dass wir nicht mit dem Auto in die Stadt müssen (nur morgens wegen der Pflanzen, aber da war der Verkehr noch okay gewesen). Daheim stellten wir nur die Sachen ab und gingen gleich wieder los, zum Friseur und zu „unserem“ Spirituosenhändler.
Leider war mittlerweile das Wetter doch umgeschlagen, kaum waren wir beim Friseur angekommen, begann es richtig zu regnen. Ich machte schnell einen Haarschneidetermin aus (das hätte ich eigentlich gern im Urlaub noch erledigt, also das Haareschneiden, nicht das Termin-Vereinbaren, aber egal), und dann standen wir unter einem Dachvorsprung, schauten den Regen an und überlegten. Ich war mit Trekkingstiefeln und roter Jacke (mit Kapuze) einigermaßen okay ausgestattet, auch die Handtasche war als kleine Messenger-Bag okay, aber der Liebste hatte nur eine Softshell-Jacke und Turnschuhe an, und nach kurzer Überlegung joggten wir ins neue Altstadtrandcafé und warteten dort den Regen ab. Mit einem Bier für den Liebsten und einem Aperol für mich.
Nach einer Dreiviertelstunde war der Regen vorbei und wir konnten in die Stadt. Dort erst einmal zum Spirituosenhändler, ein paar Karten für ein kommendes Whiskytasting holen (das Tasting, das mich vom Herbstprogramm am meisten interessiert hätte, kollidiert leider mit dem Berlinbesuch, schade) und ein paar Kleinigkeiten als Gastgeschenk für Berlin. (Spezialitäten in die Großstadt tragen ist natürlich wie Eulen nach Athen, aber wir fanden halt so schwäbisches Zeugs.) Und weil wir gerade da waren und der Liebste daran dachte, fragten wir noch nach einem Birnenbrand, genauer gesagt einer Nägelesbirne. Die ist leider in der Region immer schwerer zu bekommen, weil sie einen etwas eigenwilligen Charakter hat, und tatsächlich hatte der Händler sie auch nicht mehr da – er hatte sie zugunsten von drei anderen, vielleicht „gefälligeren“ Bränden ersetzt.
Natürlich ließ er uns von allen drei probieren, alle drei lokal angebaut und gebrannt, alle drei ganz unterschiedlich. Zuerst eine Jägerbirne, die überraschend aromatisch in der Nase, aber dann doch eher flach im Mund war. Dann eine Oberösterreicher Weinbirne, eher ausdruckslos in der Nase, aber sehr angenehm herb im Mund, und als letztes eine Eierbirne, die sowohl in der Nase als auch im Mund nicht so wirklich überzeugte. Wir probierten vor uns hin, besprachen, überlegten und ließen uns schließlich ein kleines Fläschchen von der Weinbirne abfüllen. Nicht dass wir einen Birnenbrand dringend daheim gebraucht hätten (wir haben auch noch einen Williams daheim, unter anderem), aber andererseits, warum nicht?
Dementsprechend gut gelaunt mäanderten wir noch ein bisschen durch die Altstadt, machten einen kurzen Stopp für einen doppelten Espresso in einem alteingesessenen Stehcafé, für das ich seit ungefähr zweieinhalb Jahren einen Gutschein mit mir im Geldbeutel spazieren trage (wurde noch akzeptiert, hurra), und endeten schließlich in unserem Lieblings-Altstadtcafé. Dieses Mal ohne Terrasse, denn es war immer noch unbeständig, außerdem kühl und auch alles nass draußen. War aber egal, denn das Café/Bristro mit seiner original 80er-Jahre Einrichtung aus dunklem Holz war auch drinnen sehr gemütlich. Der Liebste bestellte sich ein Glas Primitivo, ich mir einen Prosecco, und dann teilten wir uns die aktuelle SZ und hatten einen sehr angenehmen Spätnachmittag.
Wieder daheim war es bereits zwanzig vor sieben und ich hatte gehofft, wir wären den nervigen Halloween-Kindern entgangen, aber von wegen, es klingelte trotzdem noch oft genug, obwohl wir bei uns im Hausflur kein Licht anhatten. Ich hatte mir ja tatsächlich überlegt, ob ich dieses Jahr mal außerhalb meiner Komfortzone Süßkram kaufen und die Tür aufmachen sollte, aber ich war ganz froh, dass ich es nicht gemacht hatte, denn es wurde so dermaßen aufdringlich mehrfach geklingelt und sogar an die Tür geklopft, dass ich echt genervt war. Es wäre dringend nötig, dass sich hier, wenn man diese beknackte Tradition schon übernehmen will, Verhaltensregeln etablieren wie in den USA, z.B. dass man nur dort klingelt, wo Licht brennt und ein Kürbis vor der Tür steht oder Ähnliches. (Und wer müsste das etablieren, und dementsprechend halt mitgehen, damit das klappt? Genau: die Eltern, so wie in den USA halt auch. Wenn schon Traditionen aneignen, dann richtig.)
Nun ja. Wir ignorierten, der Liebste ließ eine Playlist im Wohnzimmer laufen, ich machte das Abendessen, zwei Bleche Ofengemüse (wir hatten am Wochenende seit Ewigkeiten mal wieder einen Kürbis mitgenommen, einen Butternut, mit dem ich von allen Kürbissen noch am meisten anfangen kann) und eine große Portion Hummus dazu. Irgendwann übernahm der Liebste in der Küche, weil ich bei S in Berlin anrief, letzte Details für den Besuch klären (alles etwas komplizierter, weil ich vermutlich vor ihm in Berlin sein werde und wir eine Schlüsselübergabe organisieren müssen). Ich bin ein bisschen nervös, weil ich einfach schon länger nicht mehr allein verreist bin (und solche Sachen sind ja Übungssache). Aber freue mich auch.
Auf jeden Fall dann Ofengemüse mit Hummus, dazu ein bisschen Blaulichtquatsch und Comedy. Ich machte mir noch eine mentale Reise-Erlediliste und sprach sie mit dem Liebsten durch, und dann gingen wir früh ins Bett. Hätten auch beinah unsere Ruhe gehabt, wenn nicht irgendwelche jungen Männer auf der Straße ein Geschrei angefangen hätten und ich dann gehört hätte, wie jemand bei uns in der Garageneinfahrt verschwand. Der Liebste nahm sich eine Taschenlampe und ging nach draußen, mal schauen und so, und traf dort auf fünf sehr aufgeregte Teenager, die auf dem Weg von (oder zu?) einer Party mit irgendwelchen anderen Teenagern Stress gehabt hatten und jetzt am Weglaufen waren. Die Situation hatte sich schon mehr oder weniger geklärt, als er rauskam, und alle verliefen sich in unterschiedliche Richtungen, sodass wir dann irgendwann auch einschlafen konnten. Aber nun ja: Halloween, so ein schöner Tag im Jahr. Nicht.