Erinnerungsrunde durchs Städtchen, Sonntag 30.5.2021

Recht gut geschlafen, mit nur zwei kurzen Pausen – und lang, um 20 vor acht stand ich ganz allmählich auf. Der Kater war zwar leicht ungeduldig, hatte aber freundlicherweise gewartet und begann erst energisch zu miauen, als er mich auf der Treppe hörte. Er kommt zurzeit sowieso weniger ins Schlafzimmer, sondern wartet unten aufs Gefüttertwerden und verschwindet dann sofort wieder nach draußen. Sein Reich ist der Garten. Zumindest im Sommer.

Zum Glück hatte ich trotz Alkoholkonsum am Vorabend kein Kopfweh, war also mehr oder weniger handlungsfähig. Erst einmal brachte ich Küche und Wohnzimmer etwas in Ordnung (am Vorabend waren wir todmüde ins Bett gefallen und hatten alles mehr oder weniger stehen gelassen), dann setzte ich mich mit einer Tasse Tee an den Laptop, um zu schreiben. Etwas später kamen dann auch meine Schwester und schließlich der Liebste dazu. Das störte meine Konzentration beim Schreiben etwas, ich schloss es dann auch schnell ab, schließlich wollte ich mich unserem Besuch widmen.

Wir starteten den gemeinsamen Morgen nach etwas Unterhaltung und einer ersten Tasse Tee mit einem ausgiebigen English Breakfast mit gebratenen Pilzen und Tomaten, Baked Beans, etwas Räuchertofu, Toast und Orangensaft. Danach machten wir uns fertig für den Tag: Der Plan war ein gemeinsamer Friedhofsbesuch. Der Liebste buchte einen Kombi, wir duschten und packten die Sachen zusammen (meine Schwester gleich ihr Übernachtungsgepäck). Dann ging der Liebste das Auto holen, während wir für zwanzig Minuten den üppig blühenden und wachsenden Garten betrachteten (sehr zur Freude des Katers, der um uns herummarschierte und uns abwechselnd auf den Füßen stand) und um Viertel nach elf hatten wir alles eingeladen und fuhren ins Nachbarstädtchen zum Friedhof.

Da beim letzten Friedhofsbesuch ja fast alle unsere neu gesetzten Pflanzen erfroren gewesen waren (und da es auch der Todestag meiner Mutter war, also sowieso Anlass für eine Neubepflanzung), hatten wir dieses Mal einen kompletten Kofferraum voller Pflanzen dabei und brauchten dementsprechend (für beide Gräber) über zwei Stunden. Wir hatten ein Picknick aus Broten mit Aufstrich, Äpfeln und einer Flasche Wasser eingepackt und machten um eins eine kurze Pause auf einer Bank am Friedhofsrand. Um kurz nach zwei waren wir komplett fertig.

Das Wetter war total schön, ein richtig strahlender Spätfrühlingstag mit blauem Himmel und weißen Schäfchenwolken, angenehm warm, aber nicht heiß. Wir hatten alle drei Lust auf noch etwas Spazierengehen und Bewegung und fuhren deshalb vom Friedhof an den Altstadtrand, wo wir uns ins Gewühl stürzten (es war aber nicht zu voll). Die nächsten zwei Stunden mäanderten wir durch sämtliche Altstadtgassen, warfen einen Blick vom Kirchenvorplatz über die Dächer und entdeckten einen neuen Häuserblock mit vorgelagertem, neu gestalteten Platz (inklusive kleinem Bach). Die Architektur war interessant: im Erdgeschoss Läden und Praxen, direkt darüber ein luftig gestaltetes Parkhaus, darüber dann drei Aufsätze mit Stadtverwaltung, einer Kita und Wohnungen, verbunden von einer Art Parkfläche im zweiten Stock (quasi das Parkhausdach). Der Zugang war öffentlich, also schauten wir uns das ganze Gebäude ausführlich an und bewunderten den Aufbau. Der ganze Block steht auf einem Gelände, wo vorher Lagerhallen und Firmen standen (ich erinnere mich dunkel an einen Eisenhändler und eine Autowaage, auch der Wertstoffhof hat dort vermutlich einmal gestanden, bin nicht mehr sicher). Durch den neuen Block ist das Gebiet aufgewertet und sehr gelungen an den Altstadtrand angebunden worden.
Ansonsten schauten wir uns natürlich sämtliche Gässchen und Häuschen in der Altstadt an, an die wir irgendwelche Kindheitserinnerungen hatten (ich wohne mittlerweile lang genug weg, dass ich eine ziemliche Distanz habe, war auch schon einige Jahre nicht mehr in der Altstadt gewesen, sodass der alte und wieder neue Blick tatsächlich spannend war).

Dazwischen holten wir uns einen Kaffee zum Mitnehmen (nicht am Marktplatz, der komplett überfüllt war, sondern zwei Gassen weiter) und später noch zwei Kugeln Eis (der „veganen“ Auszeichnung misstraute ich allerdings, da die Bedienung es mit den Informationen nicht so genau zu nehmen schien, ich entschied mich für Fruchtsorbet).

Um fünf brachten wir meine Schwester zum Bahnhof des Städtchens, verabschiedeten uns und fuhren wieder heim. Es war ein sehr schönes, ausgefülltes Wochenende gewesen – im Endeffekt ein Besuch von knapp 24 Stunden, aber total dicht und gleichzeitig nicht stressig. Ich merkte erst durch den Besuch, wie nötig das war – nicht nur zur Kontaktpflege (das natürlich absolut auch), sondern auch einfach um wieder etwas Besonderes zu machen, mit anderen Menschen zu sprechen und ein paar neue Eindrücke zu bekommen. Ich hoffe sehr, dass es das in den nächsten Monaten wieder mehr geben kann.

Daheim angekommen, waren wir beide komplett kaputt und strebten nach dem Sofa. Ich setzte mich vorher noch an den Esstisch und machte den Wochenplan für die kommende Woche fertig, während der Liebste für das Abendessen sorgte (ein Kartoffel-Lauch-Gratin, sehr gut). Das Abendessen nahmen wir mit zum Sofa, mit einem Vanillequark mit Nüssen als Nachtisch und etwas TNG und Feuerwehrporno als Unterhaltung, dann bewegten wir uns früh ins Bett.