Innere und äußere Kälte, Donnerstag 26.1.2023

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Schlechte Laune beim Aufwachen, außerdem den vierten Tag in Folge Ischiasbeschwerden, so langsam wurde es anstrengend. Keine Ahnung, ob es die Kälte, das fehlende Laufen oder die langen Tage waren (oder eine Mischung aus allem), auf jeden Fall nahm ich mir vor, wieder Laufen zu gehen, sobald die Temperaturen 5° plus erreichten. Egal wie das Wetter sonst war.
Lang hatte ich nicht zum Nachdenken, nach Müsli und Blitzdusche war ich um zehn vor acht am Schreibtisch. Seit Dienstag habe ich einen Einzelunterricht übernommen, der an den meisten Terminen von acht bis neun stattfinden wird, was für meinen Geschmack deutlich zu früh ist. Vor allem wenn ich am Abend davor bis kurz vor halb acht gearbeitet habe. Ich hatte allerdings wenig Grundlage, um mich zu beschweren, denn mein Unterrichtsteilnehmer war an diesem Morgen schon um drei Uhr (nachts!) losgefahren, um rechtzeitig in seinem Büro und damit in unserem Unterricht zu sein (er war die Tage davor im Ausland gewesen). Und er war trotzdem wach, gefühlt wacher als ich. Hm.

Nach dem Unterricht etwas Nachbereitung, dann packte ich meine Sachen und ging ins Büro (brauchte allerdings nicht mehrere Stunden für den Weg). Dort hatte ich einen relativ ruhigen Vormittag, was aber auch daran lag, dass ich überhaupt nicht produktiv war: Ich war müde, mir taten Arme, Schultern, Hüften, Hände weh, mir war kaltkaltkalt und meine Laune war unterirdisch. Ich machte bis kurz vor eins meine Büro-Sachen, die auf jeden Fall vor Ort erledigt werden mussten, begrüßte zwei Hunde (neben dem BABYHUND hatte eine Kollegin Hund Sam auch dabei, einen ganz fluffigen, wollknäueligen italienischen Wasserhund, der den Babyhund allerdings eher langweilig fand, weil doofes Baby und so) und besprach ein paar Sachen. Und als mir dann der Liebste schrieb, dass er wieder aus dem Büro heimgegangen war wegen schlimmer Kopfschmerzen, beschloss ich, ebenfalls einen halben Home Office-Tag zu machen, und ging mit kleinem Umweg über die Post nach Hause.

Daheim erst einmal Mittagessen, die zweite Hälfte Mie mit Spinat-Kokos-Gedöns. Ein bisschen langweilig und „suppig“, aber das machte nichts, denn am Abend davor hatte der Liebste zwei Becher Schokopudding geholt, und deshalb gab es als Nachtisch einen Becher Pudding. Für jeden.
Natürlich war es immer noch kalt, oder genauer gesagt ich war kalt, durchgefroren bis aufs Mark. Der Liebste hatte im Wohnzimmer ein Feuer brennen, ich legte mich zusätzlich unter eine Wolldecke aufs Sofa, und trotzdem fühlte ich mich wie ein Eiszapfen. Irgendwann drehte ich mich zur Seite und schlief ein, das half ein bisschen. Wenn auch nicht so richtig, mein Kreislauf war offensichtlich im Keller, es hatte etwas Zermürbendes.

Gegen halb vier (ich hatte mittags im Büro Bescheid gesagt, dass ich weniger arbeiten würde, um die Plusstunden der letzten Tage auszugleichen) ging ich noch einmal nach oben an den Schreibtisch und arbeitete ein wenig, beantwortete Mails, vereinbarte Termine, besprach mich mit Kolleg:innen, bereitete Unterricht für Montag vor. Bis fünf, dann hatte ich von dem Arbeitstag genug und entschied mich, etwas gegen die Friererei und schlechte Laune zu tun: Ich schnappte meine Sportsachen und ging ins Fitness.
Sehr anstrengend, ich hatte ziemliche Mühe mit den beiden Runden und musste dazwischen pausieren. Es war außerdem ganz schön voll, sodass ich mit Maske trainierte (in der Woche davor hatte sich die CWA mal wieder mit einer roten Warnung gemeldet – offensichtlich wird sie noch genutzt – und die einzige Gelegenheit, wo ich an dem entsprechenden Tag Menschenkontakt gehabt hatte, war im Fitness gewesen), was schon ok war, aber das Training nicht gerade leichter machte.
Interessanterweise war ich mal wieder die Jüngste. In dem Fitnessstudio, das ja eigentlich eine erweiterte Abteilung einer Physiotherapiepraxis ist, hat man eine ganz merkwürdige Mischung aus zwei Kund:innengruppen – natürlich alles ehemalige Patient:innen, und zwar die eine Hälfte Menschen Mitte 50 und älter (also etwas älter als ich, ich bilde von der Gruppe sozusagen den unteren Rand), die sich mit Altersbeschwerden und Zipperlein und Büroschäden herumschlagen, die andere Gruppe sehr junge, sehr sportliche Menschen (von den hiesigen Sportvereinen, vom Sportinstitut der Uni und so weiter), alle mit Sportverletzungen, kaputten Knien und Gedöns. Man könnte das Gefühl bekommen, dass zu viel Bewegung genauso problematisch ist wie zu wenig Bewegung.
Auf jeden Fall zog ich die zwei Runden durch, war sehr stolz, und weil ich motiviert war und endlich nicht mehr fror, ging ich danach noch ein bisschen auf den Skill Court und probierte dort ein paar neue Spiele aus (ich wechselte vom Beginner-Programm in den Skiller-Modus, wo eine ganze Reihe neuer Übungsformen angeboten werden). Unter anderem europäische Hauptstädte anlaufen, verschiedene Formen vergleichen und wegklicken und so Zeugs.

Um Viertel vor sieben war ich daheim: Endlich warm, endlich wach, deutlich bessere Laune. Auch beim Liebsten hatte sich das Kopfweh wieder ein bisschen verzogen, zum Glück. Wir nutzten die Gunst der Stunde und machten uns gleich ans gemeinsame Kochen. Ich hatte morgens schon die restlichen Schwarzaugenbohnen eingeweicht (wieder ein Punkt von der Aufbrauchliste weg, yay), vor dem Fitness noch Puy-Linsen, und daraus kochten wir jetzt eine Art gemischtes Dal mit Ingwer und Chili und Gedöns. Als Beilage dämpften wir ein paar Kartoffelwürfel und brieten sie dann in Albaöl an, ebenfalls mit diversen Gewürzen, was eine sehr schöne Mischung ergab.
Dazu Sofazeit mit Castle, und weil das Essen zwar lecker, aber etwas wenig war, machte der Liebste uns noch eine Schüssel Popcorn danach. Und tatsächlich war damit der Popcornmais auch weg und so langsam näherten wir uns der Zielmarke der Aufbrauchliste. 24 Positionen waren ausgestrichen, also nicht ganz zwei Drittel, aber egal, weiter gekommen als gedacht. Und wir hatten ja noch ein paar Tage bis Monatsende.

Am Abend hatte ich S in Berlin-jetzt-Siegen noch eine Mail geschrieben, weil ich wissen wollte, wie der Stand der Dinge so war. Um zehn, gerade auf dem Weg ins Bett, sah ich, dass er angerufen hatte (blöderweise hatte ich das Handy während des Fernsehens nicht gehört). Ich rief also zurück (Bettgehzeit hin oder her) und es endete damit, dass wir eine gute Stunde telefonierten und uns auf den neuesten Stand brachten. Leider steht dort ja jetzt eine Beerdigung an, und das ist alles mit Todesfall und schwieriger Familienkonstellation und langen Distanzen und Familienkonstellation und Eltern/Schwiegereltern-Gemengelage und Familienkonstellation und generell der Bewusstwerdung der eigenen Endlichkeit eine überhaupt gar keine einfache Situation. Und hatte ich schon erwähnt, dass die Familienkonstellation insgesamt schwierig ist.
Ich war auf jeden Fall sehr froh um das Telefonat. Wenn überhaupt, dann ist das mein Vorsatz fürs neue Jahr: Mich nicht mehr von der Arbeit so sehr auffressen zu lassen, dass innerhalb kürzester Zeit die Wochen verfliegen und bei den anderen Menschen das halbe Leben gelebt worden ist. Ohne mich. Und meins ohne sie.