Um vier mit einem total ätzenden Hustenanfall aufgewacht – kein Wunder, die Heizung lief, die Luft war total trocken. Ich stand auf und machte die Heizung aus, konnte aber ewig nicht mehr einschlafen. Dementsprechend kaputt und mies gelaunt war ich am Morgen. Ich machte erst einmal den Wecker wieder aus und blieb noch etwas liegen. Doof, spät aufzustehen (es wurde Viertel nach sieben), aber ich hatte an dem Tag keinen frühen Termin und überhaupt keine Lust mich zu stressen. Auch wenn es natürlich genug zu tun gegeben hätte. Aber die Motivation war einfach vorbei und durch und ich fühlte mich so dermaßen mäh, also nein. Außerdem waren wir beide im Home Office (der Liebste war so halb krankgemeldet, er hatte immer noch Kopfweh und fror, die Nasennebenhöhlen vermutlich wieder, deshalb lief zwar sein Rechner und er plante zu arbeiten, aber nur so mit halber Kraft).
Nun ja. Auf jeden Fall Frühstück, ich schlug den letzten Kanten Brot getoastet vor, der Liebste holte aber stattdessen Brötchen vom Viertel-Lieblingsbäcker, denn wenn sonst alles grau und doof ist, dann braucht man wenigstens ein paar Laugencroissants und Seelen. (Das alte Brot gab es für ihn als zweites Frühstück später trotzdem.) Ab neun war ich am Schreibtisch und arbeitete so tranig vor mich hin, frierend. (Wobei in meinem Arbeitszimmer die Heizung manuell aufzudrehen ist – im Unterschied zu den anderen Räumen, die von einem automatischen, KI-gesteuerten Thermostat beheizt werden, mit sehr fragwürdigen Heizergebnissen, ich schrieb mehrfach davon – und ich dort als einzigem Raum in der Wohnung die Heizung einigermaßen hochdrehe und den Raum warmmache, denn klar, Gas sparen und so, aber wenn ich dort stundenlang sitze, dann kann ich nicht 17° haben und frieren, also nicht mehr als ich es ja sowieso tue.)
Übliches administratives Alltagsgeschäft, zwei wirklich wichtige Punkte hatte ich am blöden Donnerstag auf den Freitag geschoben, der sich – surprise – als auch blöd herausstellte, also versuchte ich es gar nicht erst und verschob nochmals auf Montag. Eine nette Beratung, eine nette Antwortmail vom Katastrophenlieferanten – unsere Beschwerden scheinen dort endlich Gehör gefunden zu haben und sie hatten außerdem einen Personalwechsel, wir haben jetzt also tatsächlich mal einen Ansprechpartner. Der auch ansprechbar ist. Und dann ein Kairo-Meeting, wo wir ein paar wichtige Sachen klärten, und so gaaanz ganz langsam habe ich die Hoffnung, dass wir vielleicht die nächsten Kairo-Prüfungen mit etwas weniger Stress für mich über die Bühne kriegen. Utopisch, ich weiß.
Mittags die restlichen Schwarzaugenbohnen und Linsen mit Kartoffelwürfeln, immer noch sehr gutes Essen. Der Liebste hatte sich mittlerweile im Arbeitszimmer nicht nur einen Schal um den Hals gewickelt (das war noch nicht so ungewöhnlich, Schal hatten wir beide in diesem Winter häufiger im Haus um), sondern auch eine Mütze aufgesetzt, was schon bizarr wirkte, aber: Es half den Kopfschmerzen tatsächlich etwas.
Ich machte eine etwas längere Mittagspause, schrieb einen Einkaufszettel und ging in den Supermarkt nebenan. Ich hatte nämlich Pläne: Der Geburtstag des Liebsten wartete, und dafür sollte es, wie jedes Jahr, eine von ihm ausgesuchte Geburtstagstorte geben. Wir machen uns ja sonst keine großen Geschenke zum Geburtstag, aber die Torte ist Pflicht. Ich hatte mir extra einen Zeitplan in meinen Kalender geschrieben, mit Rezept rechtzeitig raussuchen und nach Zutaten schauen und dann das Backen planen. Das Rezept war natürlich nach einem Wunsch des Liebsten, und er hatte sich dieses Jahr für eine „Schwedische Apfeltorte“ aus dem neuen Kochbuch von Nicole Just entschieden. (Natürlich gibt es jedes Jahr eine neue Torte, es geht nichts über ein bisschen Challenge zum Geburtstag, und schließlich bleibt es ja unter uns).
Ich hatte also schon am Mittwoch Boskop in der Biokiste bestellt, am Tag davor Kokosmilch in den Kühlschrank gestellt (man brauchte Kokoscreme, also den festen Teil der Kokosmilch, als Sahneersatz) und holte jetzt die restlichen noch fehlenden Zutaten aus dem Supermarkt, in erster Linie etwas Apfelsaft, Vanillepuddingpulver und Zucker. Und weil ich der Kokos-statt-Sahne-Idee misstraute, nahm ich noch eine Packung vegane Sahne von Alpro mit. Dabei entdeckte ich zu meiner Belustigung, dass es von Rama jetzt auch eine vegane Sahne zum Aufschlagen gibt, und nahm davon auch einen Becher mit. Die ganzen großen Konzerne (in diesem Fall Upfield) ziehen jetzt allmählich nach und bringen vegane Produkte heraus, und das halte ich generell für eine gute Tendenz. Unter anderem deshalb, weil sie halt einfach null ethisch, sondern ausschließlich profitorientiert sind, und deshalb ein Produkt erst dann auf den Markt bringen, wenn es auch wirklich etwas taugt und verkäuflich ist. Das sah man bei Alpro und das würde vermutlich auch bei der Rama-Sahne so sein. Nicht dass ich deshalb viel Konzern-Ware kaufen würde, eher im Gegenteil (wir sind nicht umsonst normalerweise Biomarkt-Kunden). Aber wenn die Mainstream-Konzerne mitziehen in Richtung Veganisierung des Marktes, dann ist damit einfach eine Menge gewonnen.
Belustigt war ich wegen der Rama-Sahne unter anderem deshalb, weil Upfield erst in der Woche davor bei einer Abstimmung der Verbraucherzentrale Hamburg den Negativpreis „Mogelpackung des Jahres“ bekommen hatte, weil sie die Originalrama seit diesem Jahr in der gleichen Verpackung zum gleichen Preis anbieten, aber mit nur noch 400 Gramm statt 500 Gramm Inhalt – eine versteckte Preissteigerung um 25% und eine knallharte Verarsche der Kund:innen (ich hatte mich erst am Dienstag mit meinem Unterrichts-Manager darüber unterhalten). Profitorientiert, ich sag’s ja.
Ach ja, und apropos große Konzerne, ich nahm noch eine Packung Mozartkugeln in vegan mit, die gibt es nämlich seit diesem Jahr. Alles mit Veganlabel (in diesem Fall von der Vegan Society), der Supermarkt hatte eine komplette Sonderfläche dem Veganuary gewidmet und da standen lauter solche Sachen herum. Ich will jetzt nicht wie „Opa erzählt vom Krieg“ klingen, aber das alles wäre vor zehn Jahren noch völlig undenkbar gewesen.
Wieder daheim gab es erst einmal einen Kaffee für uns und die Mozartkugeln (unfassbar gut), und dann hätte ich eigentlich mit der Torte schon anfangen müssen, denn sie sollte ja am Samstag fertig sein und brauchte natürlich eine Nacht im Kühlschrank (oder zumindest ein paar Stunden). Aber andererseits musste ich schon auch noch ein bisschen etwas arbeiten, und so hektisch zwischen Tür und Angel hielt ich das Tortenbacken für zu riskant. Der Liebste schlug vor, die Sache vielleicht gemeinsam am Abend anzugehen – das wollte ich zwar eigentlich nicht, also das Gemeinsame (es war ja meine Torte für ihn), aber Abend war in Ordnung. Ich arbeitete also bis halb fünf und ging dann los in den Yogakurs.
Guter Kurs, wenn auch anstrengend und natürlich schmerzhaft, also der blöde Arm halt. Aber es funktionierte ganz okay, und überhaupt Leute, meine leicht depressive Stimmung verschwand zwar nicht, trat aber etwas in den Hintergrund. Vor allem als sich die dauererkrankte Kollegin per Zoom zuschaltete und immerhin die knappe Hälfte des Kurses mitmachen konnte. So ganz, ganz langsam geht es bei ihr bergauf. Ganz langsam.
Um Viertel nach sieben wieder daheim, wir legten gleich mit dem Kochen los, geplant waren Summer Rolls. Das hatten wir noch nie gemacht, und eigentlich hätte es ein schnelles Essen sein sollen, aber es zog sich dann doch etwas. Nicht unbedingt das Schnippeln (Kraut und Karotte kamen in die Küchenmaschine, Paprika wurde schnell von Hand geschnitten) und die sonstigen Sachen (Tofu in Stiften anbraten, Erdnussdip anrühren), aber dann das Gedöns mit Reispapier einweichen und füllen und rollen und so. Um dann am Ende kalte, klebrige Rollen zu haben, gefüllt mit Salat. Ich weiß, dass in gewissen veganen Kreisen Summer Rolls der größte Hit sind, aber mein Fall sind sie wohl eher nicht. (Wahrscheinlich wären Frühlingsrollen besser gewesen, also die Rollen noch in Öl frittieren und heiß essen, aber wir frittieren eigentlich nie etwas.) Zumindest war danach aber die Packung Reispapier verbraucht, die schon ewig im Vorratsschrank herumlag und auf der Aufbrauchliste stand.
Nach dem Essen war es dann allerdings schon halb neun und wir hätten jetzt mit Backen anfangen müssen. Aber wir waren halt müde und es war kalt und bäh. Ich schielte trotzdem in Richtung Küche, denn die Torte musste schließlich fertig werden, am nächsten Tag war ja Geburtstag und überhaupt! bis der Liebste die Sache entschied mit der klaren Aussage, dass er lieber mit mir noch etwas Zeit auf dem Sofa hätte als ich müde und gestresst in der Küche. Und wir einfach am nächsten Morgen die Torte machen würden, egal, was sind schon Zeitpläne, das würde schon passen.
Ich hatte zwar ein furchtbar schlechtes Gewissen, denn die Torte hätte einfach fertig sein sollen zum Geburtstag, aber ich sah schon auch, dass das am Abend wahrscheinlich kein gutes Ende mehr genommen hätte. Also ließ ich es schließlich sein. Stattdessen ein paar Chips, Castle, ich schenkte mir den restlichen Riesling ein, der noch offen im Kühlschrank herumstand, und um halb zehn verschwand ich mit Krimi ins Bett. Ein irgendwie blöder, unfertiger Freitag mit vielen nicht abgeschlossenen, aufgeschobenen Sachen. Andererseits ist ja immer irgendetwas offen.