Baumstämme und Prügeleien, Samstag 30.9.2023

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Um kurz vor sieben zu einem tadellos funktionierenden Lichtwecker aufgewacht, leider nicht ausgeschlafen – in der Nacht hatte ich mich ziemlich herumgewälzt. Draußen dämmerte es gerade. In einem Monat ist die Zeitumstellung, und ich frage mich, wo der Sommer hin ist. Natürlich war er schon da, so was die Hitze und das Wetter und alles angeht, aber andererseits auch nicht so richtig. Schöne Sommerabende, Sommerfeste, Grillen, Wandern, so etwas. Was war eigentlich dieses Jahr? Ach ich weiß: Viel zu viel gearbeitet, keinen Urlaub gehabt und dann krank geworden. Harhar.

Was die Temperatur angeht, war der Spätsommer allerdings noch im vollen Gang, mit T-Shirt-Wetter jeden Tag und natürlich einem komplett trockenen Garten. Wenigstens kühlt es in der Nacht wieder einstellig ab, aber wir schlafen trotzdem noch mit offenem Fenster, und die Heizung muss auch noch nicht wieder angestellt werden. Was die Tagesaktion etwas ironisch wirken ließ: Wir hatten an dem Tag nämlich einen Termin zum Holz holen. Vier große Stämme, insgesamt knapp unter zwei Tonnen. Und leider noch unzerlegt, also in Stamm-Form (immerhin schon gefällt, haha). Wir hatten also einen Tag Arbeit vor uns.

Müsli zum Frühstück, Katerbespaßung, schnell in den Supermarkt nebenan, ein paar Brötchen und Seitanwurst fürs Mittagessen holen, dann holte der Liebste das Auto mit Anhängerkupplung (den Anhänger hatte er am Freitagnachmittag schon geholt, der zweite Anbieter hatte ja glücklicherweise geklappt, wenn auch einen Anhänger, der einen Meter kürzer war als der ursprünglich gebuchte). Wir packten Material und Essen ein und fuhren um zehn los.
Und drehten nach zehn Minuten auf der Bundesstraße wieder um, weil ich Honk nur so Slipper anhatte und vergessen hatte, meine dicken Stiefel zum Arbeiten mitzunehmen, was aber absolut unabdingbar war. Also wieder zurück, und beim Wenden kippte natürlich die mitgebrachte Thermoskanne Kaffee um und lief aus, sodass die Brötchen nass wurden und der Kaffee durch den Fußraum schwappte. Leicht genervt daheim erst einmal aufgewischt, Schuhe geholt, zweiter Versuch auf der Strecke, und mit einer halben Stunde Verspätung kamen wir schließlich am ausgemachten Platz an, eine Streuobstwiese mitten auf der Schwäbischen Alb, sehr idyllisch gelegen (wenn auch zwischen alter Bundesstraße, neuer – vierspuriger – Bundesstraße und Bahnlinie).

Nach dem holprigen Start lief der Arbeitstag dann eigentlich ganz gut. Der Liebste zersägte die Stämme mit der Kreissäge in Meterstücke, teilweise halbierte er auch, und dann zerlegte er sie mit Spaltaxt und Spaltkeilen in kleinere Stücke. Nach etwas Beobachtung ließ ich mir den Umgang mit Spaltaxt und Spaltkeilen zeigen, und ab da sägte er, während ich spaltete, und das machte das Ganze doch recht effizient.
Naja, bis ich nach zwei Stunden, also zur Mittagspause um eins, große Blasen feststellte, die sich an beiden Handinnenflächen gebildet hatten (trotz Arbeitshandschuhen). Wir machten erst einmal Pause, ich schnitt die Brötchen für den Belag auf, und natürlich rutschte mir auf dem letzten Zentimeter das Opinel ab und ich schnitt mir in den rechten Daumen. Nicht sonderlich tief, aber tief genug, dass es ordentlich blutete. Wir hatten logischerweise Pflaster vergessen und suchten erst einmal im Transporter nach dem Verbandskasten. Damit konnte ich mich dann einigermaßen verarzten.

Nach der Mittagspause war es dann mit dem Spalten allerdings schnell vorbei, denn schon nach wenigen Minuten ging die linke Blase auf, und obwohl ich ein Pflaster über die offene Stelle klebte, konnte ich die Spaltaxt quasi nicht mehr benutzen. Zumal die Erschütterung auch sehr im rechten, angeschnittenen Daumen wehtat. Der Liebste umwickelte mir also beide Hände mit Mullverbänden (wie so ein Boxer), und ab da zersägte er die Meterstücke in Viertel und spaltete diese in so kleine Scheite, dass ich sie tragen und auf den Hänger stapeln konnte. Das funktionierte ganz okay.

Zweite kleine Pause mit Apfel und Fitnessriegel, außerdem fuhr der Liebste in den Supermarkt im Ort und holte uns Wasser (wir hatten viel zu wenig mitgebracht, und es war zwar eigentlich perfektes Wetter – Sonne-Wolken-Mix, leichtes Lüftchen und 20 Grad, bei dem schwülen, heißen Wetter der letzten Tage hätten wir diese Aktion wahrscheinlich gar nicht machen können – aber trotzdem brauchten wir einfach eine Tonne zu trinken). Und dann sägten, spalteten und luden wir weiter, während an uns die Traktor- und SUV-Fahrer vorbeikamen und die Hundegassigänger und Fahrradfahrer (alle grüßten bis auf die SUVs).

Um halb sechs beschlossen wir Schluss zu  machen. Der Anhänger war bis zum Rand voll mit Holz, das letzte Viertel des letzten Baumstamms (das dicke Wurzelstück) bekamen wir leider nicht mehr aufgeladen – der fehlende Meter am Anhänger. Allerdings hatten wir auch keine Zeit mehr – wir überlegten noch, ob wir den Stamm schon klein machten, damit wir ihn am Sonntag holen konnten (sägen geht am Sonntag ja nicht), aber nach ein paar Sägeversuchen ließen wir es bleiben (dickes, störrisches Wurzelholz, das hätte viel zu lang gedauert).

Gegen sechs waren wir daheim und fingen mit dem Ausladen an – nach ein paar Minuten unterstützt von der Nachbarin, die gerade vom Gassigehen kam, zuerst ihren Teenie-Sohn zum Helfen dazu schickte und dann mit ihrer Schubkarre ebenfalls half. Das war von uns gar nicht so geplant, aber wirklich SEHR toll, denn es sparte uns locker eine bis anderthalb Stunden Arbeit. Teenie H war auf dem Hänger und lud die Schubkarren mit Holzstücken voll (teilweise allein, teilweise zu zweit, die großen Stücke waren sehr schwer), Mutter H und ich fuhren die Schubkarren den Kohleweg entlang in den Garten, und der Liebste stapelte dort alles zu einem beeindruckenden Ster. Gerade zur Dämmerung um sieben waren wir fertig und SO stolz. (Und Teenie H bekam von uns 20 Euro als Dankeschön, keine Ahnung, ob das komisch war oder nicht, er nahm es auf jeden Fall gern.)

Da wir ja beim teilAuto-Transporter den Verbandskasten geplündert hatten, gingen wir schnell zum Supermarkt nebenan, um erst in der Apotheke dort (leider erfolglos) und dann im Supermarkt direkt nach einem Verbandskasten zu schauen. Beziehungsweise ich schaute allein. Denn als wir gerade auf den Parkplatz gingen, sahen wir dort eine sich entwickelnde Schlägerei: Gebrüll, Geschubse, noch mehr Gebrüll, und dann flog plötzlich eine Flasche, und einer der Beteiligten, der im Rollstuhl saß, wurde aus seinem Rollstuhl geworfen und über ein kleines Mäuerchen geschubst. Das war der Moment, in dem der Liebste dazwischen ging und ich im Supermarkt verschwand, um an der Info Bescheid zu sagen, dass man bitte die Polizei rufen solle (natürlich hatten wir beide, für die paar Minuten Supermarkt, unsere Handys nicht mitgenommen, klar).
Nun ja, die Supermarktinfo war leider nicht besetzt und einen anderen Angestellten sah ich nicht, ich ging also wieder raus und sah dort, dass mittlerweile zwei Leute ihre Handys am Ohr hatten und mit der Polizei telefonierten und der Liebste sich einfach zwischen die beiden Gruppen gestellt und sie physisch getrennt hatte (wie im Kindergarten: „jetzt gehen Sie einfach mal nach links… und Sie stellen sich hier nach rechts…“). Ein anderer Mann, ein ziemlicher Schrank, hatte sich dazugestellt, und damit hatte sich die ganze Situation leicht beruhigt, das Gebrüll hatte aufgehört (wenn auch immer noch alle sehr aufgeregt waren). Drei Minuten später kam dann auch die Polizei mit zwei Streifenwagen, außerdem eine Notfallsanitäterin und eine Notärztin (die eigentlich im Supermarkt nur eben hatten Essen holen wollten, jetzt erste Hilfe leisteten und vermutlich gerade ihre Berufswahl überdachten) und wir konnten endlich den Verbandskasten holen gehen. Noch kurz mit einer ehemaligen Kollegin smalltalken, die mit ihrem Freund im Supermarkt war und ganz fasziniert von den Ghettozuständen in der Südstadt, haha. (…im Übrigen alle Beteiligten ziemlich zugedröhnt und zumindest teilweise der örtlichen Drogenszene zugehörig, das erklärte die niedrige Reizschwelle.)

Nach der Aufregung wollten wir dann nichts mehr wissen. Der Liebste brachte Auto und Anhänger weg, ich bestellte uns eine Pizza (bei einem neuen Anbieter, Pizza & Pasta, weil Domino’s bei uns ums Eck momentan „wegen technischer Probleme“ geschlossen hat), dann verbanden wir meine Schnittwunden und Blasen und Kratzer und alles, und den restlichen Abend verbrachten wir mit Bäckerdoku und Katzen auf dem Sofa. Sehr zufrieden mit dem Arbeitstag – wobei ich nicht weiß, ob wir das noch einmal so machen würden. Klar haben wir schon ordentlich Geld gespart, verglichen mit den Preisen, wenn wir uns das Holz vorgeschnitten und gespaltet liefern lassen würden. Aber eigentlich haben wir für so einen Arbeitstag nicht die nötige Fitness oder Muskelkraft (auch wenn mir das Jahr Fitnessstudio SEHR zugute kam). Das Holz muss jetzt erst einmal zwei bis drei Jahre liegen und durchtrocknen, dann wird es uns ungefähr zwei bis drei Jahre zum Feuern reichen, und dann sind wir ja schon Mitte fünzig beziehungsweise Anfang sechzig und vielleicht für so etwas zu alt. Vielleicht aber auch nicht.