Uiuiui. Den Vorabend spürte ich schon SEHR, als ich am Morgen aufwachte, den Schlafmangel und die Bewegung und das Stehen und überhaupt alles (Kater ohne Alkohol, das sind so die Freuden jenseits der vierzig). Als der Wecker losplärrte, stand der Liebste auf und ich drehte mich noch einmal um, sehr matschig, sehr kaputt, mit latentem Kopfweh und überhaupt nicht aufsteh-willig. Ich dachte zuerst, ich würde wieder einschlafen und den Liebsten einfach so in den Arbeitstag gehen lassen, aber um kurz vor sieben stand ich dann doch auf. Aber alles mit deutlich verlangsamten Bewegungen.
Zum Frühstück das restliche Brot getoastet, dazu viel grünen Tee. Der Liebste ging um kurz nach halb acht aus dem Haus und ich beschloss, den Vormittag über einfach mal gar nichts zu machen, zumal das Kopfweh recht bald so schlimm wurde, dass ich schließlich eine Ibu dagegen nahm (die half dann aber zuverlässig). Ich saß den restlichen Morgen also im Schlafanzug am Esstisch, aß erst noch ein bisschen Brot, später dann Vanillequark mit ein paar Nüssen, las das Internet leer und schaute ein paar alte Big Fat Quiz-Folgen an, die ich schon kannte. Um elf war ich dann soweit wieder hergestellt, dass ich den restlichen Tag in Angriff nehmen konnte.
Nach einer kurzen Dusche ging ich aus dem Haus und marschierte wie schon am Mittwoch einmal quer durch die Stadt und dann den Berg hoch, den Liebsten zur Mittagspause bei der Arbeit besuchen. Es war ähnlich warm wie die zwei Tage davor und ich hatte wohlweislich wieder nur Übergangsjacke und wegpackbaren Schal und Mütze angezogen. Außerdem machte ich langsam, vor allem an den Steigungen (zu schnelles Gehtempo ist ja so ein typischer Anfängerfehler), und damit kam ich den Berg erstaunlich gut hoch.
Oben holte ich den Liebsten aus seinem Büro (und lief dabei seinem Chef über den Weg, der mich leicht konsterniert grüßte und sich wahrscheinlich fragte, was will diese fremde Frau auf meinem Stockwerk) und wir gingen ins Casino. Relativ wenig los, trotzdem eine Schlange vor der veganen Essensausgabe, denn die Rote-Bete-Puffer waren gerade alle. War aber egal, wir warteten ein bisschen (wie geduldig ich sein kann, wenn es nicht meine Mittagspause ist). Das Essen war dann überraschend gut, auch wenn die Beschreibung (Rote-Bete-Puffer mit Tomatenragout und Currykartoffeln) sich nicht so gut angehört hatte. Das Ragout war leider wieder versalzen, aber die Puffer waren extrem lecker (sie hatten eine Kruste aus gepuffter… Hirse vermutlich, das war eine großartige Idee), auch die Kartoffeln sehr gut, dazu ein bisschen Rohkostsalat und überhaupt alles prima. Sonnendurchflutete Räume, relativ leer (und deshalb nicht so laut), und sowieso hatte ich halt frei.
Nach dem Essen noch eine Tasse Kaffee (dieses Mal in der Cafeteria der Inneren Medizin), dazu aßen wir ein paar Weihnachtsplätzchen, die ich auf dem Hinweg beim Viertel-Lieblingsbäcker für 50% reduziert geholt hatte. Um kurz nach halb zwei machte ich mich wieder auf den Weg bergab, der Liebste arbeitete noch ein bisschen (der Chef war zu diesem Zeitpunkt übrigens schon gegangen).
Die Innenstadt war glücklicherweise weniger voll als am Mittwoch, was mich sehr freute, ich hatte mir nämlich ein paar Shopping-Punkte vorgenommen. Konkret wollte ich Pullover, und ich hatte schon ein doofes, normales, konventionelles Kleiderkaufhaus in Bahnhofsnähe angedacht (unter Protest des Liebsten, weil das alles halt so das Gegenteil von vegan und bio und fairtrade und nachhaltig war), aber dann lief ich in der Altstadt direkt an einem Second-Hand-Laden vorbei, der kürzlich aufgemacht hat. Lustiges Sortiment dort: Viele wirklich SEHR alte Sachen, davon einiges sehr bizarr (zum Beispiel jede Menge Trachtenmode), und viele Dinge, die ich nur „ironisch“ oder als Outfit für eine Mottoparty oder ein Kostümfest oder so tragen würde. Aber auch ein paar wirklich schöne Sachen. Die Kleider sind nicht nach Größe, sondern nach Farben sortiert (und nach Kleidungsstück, also zum Beispiel ein Kleidungsständer „Cardigans“ – und die dann halt farblich sortiert wie ein Regenbogen). Männer-Frauen werden auch nicht unterschieden, was ehrlich gesagt gerade bei z.B. Pullovern total Sinn macht. Ich suchte mich also durch und fand einen wunderschönen schwarzen Rollkragenpullover mit weißem Norweger-Muster, sehr warm, zu einem natürlich super Preis. Sehr gut.
Nächster Stopp war ein Juwelier, wo ich einmal die Uhr des Liebsten zum Batteriewechsel brachte (leider kein Swatch-Store in der Nähe) und dann die Juwelierin wegen meines Eherings fragte: Mittlerweile 11 Jahre alt, täglich getragen, wäre es an der Zeit, ihn mal polieren zu lassen oder irgendwie sonst „aufzuhübschen“? Sie riet mir ziemlich eindeutig davon ab: Größere Scharten bekam man damit nicht raus, und eine Polierung (oder auch Mattierung) würde nur wenige Wochen halten, bevor er wieder mehr oder weniger gleich aussehen würde. Dazu bei jeder Bearbeitung ein bisschen Materialverlust… Nein: Eheringe mussten individuell aussehen, ein Alter und eine Geschichte haben, ein bisschen Patina anlegen, und alles Aufpolieren wäre da eigentlich sinnlos. Das war eine Antwort, mit der ich sehr gut leben konnte. (Ich mag die „Patina“ an meinem Ehering ja eigentlich auch sehr, und so richtig schlimme Scharten hat er gar nicht. Wollte halt nur nicht, dass er als „schäbig“ wahrgenommen wird.)
Nach dem Juwelier merkte ich, wie ich Durst bekam, und machte mich deshalb auf die Suche nach einem Café (sinnlos, ungefähr ein Drittel hatte zwischen den Jahren zu und die anderen zwei Drittel waren komplett voll) und alternativ nach einer Flasche Wasser. Dabei kam ich am Vaude-Store vorbei, bog kurzentschlossen ab und kam eine Viertelstunde später mit einem sehr schönen flaschengrünen Fleece-Cardigan wieder heraus. (Und hatte damit, was Nachhaltigkeit und nicht-Kaufhaus angeht, zwei ganz hervorragende Einkäufe gemacht.)
Das Wasser bekam ich dann, neben ein paar anderen Kleinigkeiten, beim dm in der Innenstadt, der jetzt auch Selbst-Checkout-Kassen anbietet. Dadurch war mein Einkauf in 10 Minuten erledigt, obwohl der Laden knallevoll war und an beiden „normalen“ Kassen lange Schlangen. Warum nehmen die Leute die Selbst-Checkout-Kassen nicht, wollen die alle bar bezahlen…?
Egal. Ich war ausgesprochen zufrieden, holte noch eine Neujahrsbrezel bei einem Innenstadtbäcker (man hat Verpflichtungen) und wollte jetzt nur noch ein Café, um die Wartezeit zu überbrücken (die Uhr brauchte beim Juwelier ein bisschen Zeit). Schließlich hatte ich die geniale Idee, in ein kleines Kino mit angeschlossenem Café am Altstadtrand zu gehen, das fast leer war (das Kino/Café Arsenal, leider macht es im kommenden Jahr zu). Dort bestellte ich mir einen Hafermilchkaffee und las den Guardian, und weil ich dann so gut saß und der Liebste mir auf meine Threems antwortete, dass er jetzt Schluss machen würde und in einer halben Stunde zu mir dazukommen könnte, nahm ich dann noch ein kleines Glas Rosé. Und der Liebste, als er dann da war, auch: Für ihn begann jetzt ja schließlich die Urlaubswoche.
Um fünf nach Hause, mit kleinem Stopp beim Juwelier für die wieder laufende Uhr. Müde, Beine taten weh, aber beide sehr zufrieden.
Daheim schnelles Kochen, eine „toskanische Bohnensuppe“ – das war vermutlich der Rezepttitel des (englischen) Kochbuchs für eine Art Minestrone, mit Borlottibohnen, Grünkohl und, Tada, Orzo. Die gehen nämlich auch sehr gut in der Suppe. Dazu eine große Schüssel Feldsalat, und weil damit dann der Urlaub schon so prima eingeläutet war, ließen wir den Fernseher aus und packten stattdessen Arler Erde aus. Das Spiel hatten wir das letzte Mal an Ostern gespielt, ganz ehrlich: Was hatten wir die ganzen letzten Monate gemacht? (Gearbeitet und krank gewesen, das hatten wir gemacht.) Auf jeden Fall zwei gute Runden, einmal gewann der Liebste, einmal ich, und als wir dann doch noch für ein bisschen Blaulichtquatsch aufs Sofa wechselten, schlief ich nach einer halben Stunde ein. Guter Tag.