Irland in modern, Samstag 16.3.2024

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch / Whiskey

Ich wachte um kurz nach sechs auf, nicht wirklich ausgeschlafen wegen Magi, dieser Nervkatze, der wieder kampfschnurrte und um uns herummarschierte. Außerdem war ich ziemlich nassgeschwitzt, was mich die endgültige Entscheidung treffen ließ, die Winterdecken jetzt wegzupacken. Um das gleich in die Tat umzusetzen, zog ich sie ab und packte sie weg (nachdem ich mich um die Katzen gekümmert hatte, denn die Prioritäten hier im Haus sind klar verteilt.)

Zum Frühstück toasteten wir das restliche Brot, und weil das ein bisschen wenig war, gab es noch einen Quark mit Ananas danach. Ansonsten sehr klassische Samstagsroutine: Harold fuhr oben, ich las das Internet leer (oder versuchte es zumindest), danach putzte ich das obere Stockwerk, ging duschen und stellte fest, dass es sowohl für Fitness als auch fürs Einkaufen mittlerweile zu spät war (also für den Vormittag). Deshalb sortierte ich stattdessen ein bisschen Wäsche und ließ eine Maschine durchlaufen, und der Liebste bezog währenddessen die Betten neu (es gibt nichts Nervigeres, als abends müde ins Bett fallen zu wollen und festzustellen, dass man erst noch frisch beziehen muss).

Zum Mittagessen kochte ich uns (endlich einmal wieder) eine Linsensuppe. Die fand ich eigentlich prima, aber der Liebste beschwerte sich den Nachmittag über über ein bisschen Magengrimmen. Dass mein Magen sich nicht beschwerte, lag eventuell daran, dass ich mich recht viel bewegte: Nach dem Essen nur ganz kurze Sofapause, und auf halb drei ging ich ins Fitness. Dort alles prima, sogar die nervige Frau war wieder da und nervte dieses Mal NICHT, sondern trainierte einfach vor sich hin. Nur sehr voll war es, fast alle Geräte besetzt. Aber es funktionierte ziemlich wie ein Uhrwerk, und ich war sehr zufrieden, dass ich jetzt im März (trotz der vielen Arbeit!) relativ regelmäßig zum Trainieren komme.

Um vier war ich daheim und wir gingen gleich zum Alnatura, außerdem Fressnapf (genug Katzenfutter, damit die Sitter während unseres Urlaubs versorgt sind) und dm (kleine Reisegrößen kaufen, all diese Dinge, die man so tut, wenn man wie so ein normaler Mensch auf Reisen geht). Dann Zeugs wegräumen, Wäsche aufhängen und ein bisschen bügeln, nebenher Lage-Podcast, und dann war ich plötzlich genug herummarschiert und legte mich noch ein bisschen aufs Sofa, während der Liebste uns das Abendessen machte, Spaghetti in einer sahnigen Soße aus Mandelmus und Zeugs, dazu geschmorte Pilze. Sehr lecker und die richtige Grundlage für das Whiskytasting, das auf uns wartete.

Um zwanzig nach sieben aus dem Haus. Die Stadt war merkwürdig leer (die Einkäufer waren wohl daheim, die Restaurantgänger gerade beim Essen und die Partygeher noch nicht unterwegs). Wir waren etwas zu früh da, aber egal, wir wurden recht bald hereingelassen mit einigen anderen und konnten uns schon einmal den Starter nehmen.
Der Starter war einer unserer Lieblinge, wenn auch vermutlich vor allem aus nostalgischen Gründen: ein klassischer Jameson, Triple Distilled, kein teurer Whiskey, ein bisschen ein Wald-und-Wiesen-Produkt, aber halt ein schöner Ire, und überhaupt waren wir während unserer Hochzeitsreise dort in der Destillerie gewesen und schon allein deshalb quasi Fans. Dementsprechend irritiert waren wir, als uns der Starter mit der Bemerkung in die Hand gedrückt wurde, wir würden dieses Mal mit etwas „eher einfachem“ anfangen und uns dann später qualitativ noch sehr steigern. Nun ja. Preislich ist der Jameson auf jeden Fall eher im unteren Segment (es ist halt auch eine große Brennerei).

Das Motto des Abends war Irland (passend am Vorabend des St. Patrick Days), da war es natürlich komplett klar, dass ich auf JEDEN Fall hatte kommen müssen. Die zweite Überraschung des Abends (nach der Starter-Bemerkung) war das Line-Up: Es wurden nämlich (abgesehen vom Starter) nur Whiskeys aus zwei Destillerien vorgestellt: Teeling in Dublin und Waterford, in, nun ja, Waterford. Von beiden hatten wir bei früheren Tastings schon etwas probiert und ich dachte mir, naja, so wirklich spannend ist das nun alles ja eher nicht.
…und das war dann die dritte Überraschung des Abends.

Die vier Whiskeys von der Brennerei Teeling: Erst einmal ein Blend aus gemälzter Gerste und einem anderen Getreide (einfach als „Grain“ bezeichnet, vermutlich Weizen?), Teeling Small Batch, im Bourbon-Fass gereift mit Rumfass-Finish. Zu diesem Zeitpunkt war meine Zunge noch nicht so richtig auf Whiskey eingestellt (dass ich mir mittags an der Linsensuppe die Zungenspitze leicht verbrannt hatte, half da auch nicht). Ich war eher unterwältigt, schmeckte zwar leichte Vanille und Süße, vermutlich vom Rum, aber ansonsten eher Salz, und fand ihn so generell recht flach.
Aber dann der nächste: Teeling Single Grain aus 95% Mais (Mais!), im Weinfass ausgebaut. Was für ein Aroma – für mich gar nicht fassbar, irgendwie nach… Zuckerrohr (dabei war da gar kein Rum im Spiel gewesen…) und süßem Brot? Klar, Mais macht den Whiskey süß, aber es war irgendwie noch etwas anderes. Sehr gut auf jeden Fall.
Der dritte toppte das Ganze noch: Teeling Single Pot Still (aus einer einzigen Brennblase destilliert, daher der Name), aus halb gemälzter und halb ungemälzter Gerste, aus Virgin Oak-, Bourbon- und Sherryfässern. Was für ein toller Whiskey, schon mit einer Nase nach Trockenfrüchten und Vanille (klar, Virgin Oak), und dann unglaublich leicht und angenehm fruchtig, mit einem sehr langen Nachklang.
Der vierte war dann ein getorfter Single Malt, Teeling Blackpitts peated. Der haute mich nicht so vom Hocker, er erinnerte mich irgendwie an Kaminrauch und Lagerfeuer (und überraschend anders als die schottischen rauchigen Vertreter, klar, der Torf ist anders, aber trotzdem erstaunlich, wie sehr das den Geschmack beeinflusst). Ich fand ihn wieder eher etwas langweilig, sehr scharf.

Als nächstes kamen nun also die vier Vertreter der Waterford-Destillerie dran, und um es gleich vorneweg zu sagen: Im Vergleich zu Teeling war ich dann nicht mehr so überzeugt. Vor allem nervte mich ein bisschen das pseudo-neue, pseudo-schicke Heitatei, von wegen „Single Farm Origin“, meine Güte, es ist mir reichlich egal, wie der Bauer heißt, auf dessen Feld die Gerste für den Whiskey wachsen durfte. (Jaja, ich weiß, man kann die Mineralstoffe des Ackerbodens im Whiskey schmecken, blablubb.) Auch das Gedöns, dass der Master Distiller Schotte ist und deshalb die Whiskys ohne „e“ auf dem Etikett stehen, nun ja, alles so ein kleines bisschen albern.
Wir probierten auf jeden Fall den Waterford Lakefield 1:1, der einen ordentlichen Geruch nach Holz und Wiese hatte, geschmacklich für mich aber eher flach war, und danach den Waterford Hook Head 1:1, der mich auch nicht sonderlich überzeugte. Vielleicht war ich zu diesem Zeitpunkt auch einfach schon übersättigt – die Teelings hatten alle 46% gehabt, die Waterfords alle 50%, und das war schon eine Hausnummer. Den dritten im Bunde, den Cuvée Argot, ließen wir deshalb auch beide aus, wir kannten ihn schon von einem früheren Tasting.
Der letzte Whisk(e)y des Abends war dann wieder ein Vertreter der Torf-Fraktion, Waterford Woodbrook peated, und dieser war ein schöner Abschluss. Auch hier: Völlig anders als die schottischen getorften Whiskys, aber durchaus positiv. Etwas irritierend war der krasse Geruch nach alten Turnschuhen, der Geschmack dann nach Asche und verbranntem Holz, aber durchaus nicht unangenehm. Auch dieser Whiskey hatte 50%, im Gegensatz zu den anderen profitierte er aber von drei Tropfen Wasser und wurde dadurch überraschend mild, irisch halt. Mild und trotzdem rauchig, das Kunststück kriegt nicht jeder hin.

Wir ließen ihn trotzdem stehen. Wie gesagt, heitatei: Das merkte man auch am Preis, da war für mich eine Schmerzgrenze überschritten. (Wir haben durchaus schon mehr als 75,- Euro für Whiskys ausgegeben, erst letztes Jahr für den 16jährigen Lagavulin, aber da war das Preis-Leistungs-Verhältnis ein anderes.) Stattdessen nahmen wir den Teeling Single Pot Still mit und ließen den Teeling Single Grain nur stehen, weil der Brotschrank keinen Platz mehr für ihn gehabt hätte. Und gingen damit sehr glücklich nach Hause, beide ordentlich angeschickert (man merkt, dass wir eigentlich mitten in der Fastenzeit sind, wir sind überhaupt nichts mehr gewöhnt) und sehr zufrieden mit dem Abend.