Schreiben lassen, Freitag 24.5.2024

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Was für ein Unterschied, wenn man ausgeschlafen ist! Ich wachte um kurz vor sechs auf, ohne Kopfweh und nicht aus merkwürdigen Träumen, und fühlte mich gleich ganz anders. Nicht dass ich wahnsinnig Lust auf den Tag gehabt hätte, und dass es schon wieder in Strömen regnete, half auch nicht sonderlich, aber die Voraussetzungen waren besser. Ich schaute gleich mal nach den Katern (schlecht gelaunt, wollten Futter aber dann doch nicht, wollten raus aber dann doch nicht aber dann doch), dann Morgenroutine mit Tee und Aufräumrunde, ich kochte ein paar frische Nudeln fürs Mittagessen. Vor mir ein Tag im Home Office, die Aussichten also ganz in Ordnung. Zum Frühstück machte der Liebste uns ein Porridge mit Apfelmus, dann ging er auf den Bus (nach einem Tag Fahrrad und einem Tag Laufen legte er einen Pausentag ein – Erfahrungswert nach der Trainingspause: Pausentage einplanen, ganz wichtig) und ich unter die Dusche. Vorher noch einen Blick in die Mails und Chatnachrichten, ein paar schnelle Antworten, und dann konnte ich mir Zeit lassen. Um halb zehn war ich „richtig“ am Schreibtisch.

Mein Freitags-Vormittagsunterricht fand nicht statt, die Teilnehmerin hatte sich nicht gemeldet – ich denke, sie war im Urlaub. Ich konnte also relativ in Ruhe Zeugs abarbeiten. Dazu ein Beratungstermin, ein paar Mails, ein bisschen Vorbereitung für den Nachmittag, ich kam ganz gut voran und war zufrieden. Kam sogar so weit in einen Flow, dass ich durcharbeitete bis zwei, weil ich damit den Unterricht für den Nachmittag und für den Montag komplett vorbereitet hatte.

Bei einer Unterrichtsvorbereitung mal wieder Rückgriff auf ChatGPT: Einmal wollte ich ein Interview, um damit den Transfer von direkter zu indirekter Rede zu üben, aber anstatt lang nach einem passenden Text herumzusuchen, ließ ich mir einfach eines schreiben: „Bitte schreibe ein fiktives Interview mit dem Mediziner Robert Koch. Stelle ihm Fragen nach seiner beruflichen Motivation, seinen größten Errungenschaften und zwei Dingen, die er bereut.“ Das funktionierte hervorragend, ein paar Sekunden später hatte ich einen Text, den man prima benutzen konnte (und bei dem man, da ich eine historische Figur gewählt hatte, auch nicht vermuten konnte, es sei ein „echtes“ Interview). Ich glich die Sachinformationen noch mit dem Wikipedia-Eintrag ab, änderte eine Jahreszahl und passte einen Satz an und fertig. Übrigens, der anzupassende Satz: „Was haben Sie in Ihrem Leben bereut? – Ich bedauerte es, dass mein Tuberkulin-Wirkstoff anfangs mehr Schaden als Nutzen brachte.“ Ähm nun ja, lol, der Wirkstoff killte halt einfach Menschen, da gab es überhaupt keinen Nutzen, und das blieb bis zum Schluss so. Aber der fiktive Robert Koch neigte offensichtlich zur Schönfärberei.
Auch sehr lustig: Ich habe mir ja angewöhnt, mich bei ChatGPT am Ende zu bedanken, einfach weil das Programm dann so enthusiastisch zurück-antwortet wie so ein beflissener amerikanischer Kellner. Ich ließ mir als zweiten Text eine Art Arztbrief schreiben (eine sehr kurze Variante, eher eine Art Überweisungs-Begleitschreiben vom Hausarzt an eine Klinik), weil ein Unterricht kommende Woche mit einer Medizinerin stattfinden wird. Und als ich am Ende „danke schön“ in den Chat schrieb, antwortete ChatGPT prompt: „Sehr gern! Wenn du noch weitere Fragen hast, bin ich hier und helfe dir gern weiter. Alles Gute für deine Patientin!“

Mittagspause mit den restlichen Linsen und ein paar frischen Nudeln dazu, und ab halb drei dann Unterricht, eine Beratung und einen weiteren Unterricht, alles online, klar. Und zwischenzeitlich auch noch Zeit für ein paar administrative Sachen, sodass ich so langsam den Boden meiner Inbox wieder sehen kann und auf einem okay-en Stand bin. (So richtig gut wird es vermutlich erst Mitte Juni wieder sein.) Dass ich so viel Zeit für Orgakram hatte, lag vor allem daran, dass ich einfach lang arbeitete, denn der letzte Unterricht fand von sechs bis sieben statt. Das vermeide ich ja normalerweise am Freitag, aber die Yogatrainerin hatte sich bereits in den zweiwöchigen Urlaub verabschiedet und ich war ganz froh, noch einen Unterrichtstermin unterzukriegen (wenn auch schade wegen des Yoga). Also Spätschicht, nur einmal unterbrochen vom Liebsten, der zwischenzeitlich natürlich heimgekommen war und dachte, während meines Meetings im Arbeitszimmer sei ein großartiger Zeitpunkt, im Untergeschoss die Schlagbohrmaschine auszupacken und Löcher in die Wand zu bohren. War es eher nicht so, wie ich ihm schnell (und nonverbal, man verstand sein eigenes Wort nicht mehr) klarmachte.

Den ganzen Tag hatten sich Sonnenstrahlen und Regenschauer abgewechselt. Als ich mit dem Arbeiten fertig war, regnete es gerade wieder ordentlich, aber schon zwanzig Minuten später ließ es nach, die Sonne kam heraus und so gingen wir in einem leichten Sprühregen mit Regenjacke und Sonnenbrille zum Essen in die Stadt (einen Regenbogen sahen wir trotzdem nicht).
Wir wollten nicht lang gehen (erstens schon spät, zweitens Wetter unbeständig), deshalb landeten wir in der Altmenschen-Lieblingsbar in Bahnhofsnähe, die nicht nur eine ordentliche Wein- und Spirituosenkarte hat, sondern auch eine gute Küche mit akzeptablem veganen Angebot. Das stellte sich als sehr gute Wahl heraus. Einzige Panne war die Vorspeise: ein italienischer Antipasti-Teller, den man vegan haben konnte, was bedeutete, dass Parmaschinken und Käse weggelassen und die Gemüse-Antipasti erhöht wurden. Wir bestellten ein Glas Crémant zum Start und bekamen direkt dazu die Antipasti gebracht, natürlich mit Schinken und Käse. Äh ne, vegan, sagten wir. Das war wohl eine Verwechslung, sagte der Kellner, verschwand mit dem Essen wieder, wurde längere Zeit nicht gesehen und brachte uns dann einen frischen Teller, ohne Parmaschinken. Aber immer noch mit Käse. Wir wollten nicht wieder reklamieren wegen der drei Käsescheiben und beließen es dabei. Aber ein bisschen schade war es schon und auch untypisch – eigentlich klappt das dort mit den Bestellungen immer alles super.

Davon abgesehen war auch alles sehr gut. Der Crémant: absolut fantastisch, danach ein Glas Wiener Gemischter Satz: wunderbar. Der Hauptgang war beim Liebsten der schon bewährte Beyond Meat-Burger mit Pommes, klassisch, aber gut umgesetzt, und bei mir eine gebratene Blumenkohlscheibe mit Bratreis, ein bisschen Nasi Goreng-mäßig gewürzt. Und wirklich sehr, sehr gut. Nur nicht so ganz billig: Wenn wir noch einen Espresso und/oder einen Schnaps genommen hätten, wären wir im dreistelligen Bereich gelandet. Wir verzichteten darauf (nicht wegen des Geldes, sondern weil ich keinen Kaffee wollte und wir den besten Schnaps der Stadt daheim haben) und gingen nach Hause, sehr zufrieden mit dem Essen und dem Abend und den Gesprächen (unter anderem haben wir die nächsten Wochen so ein bisschen durchgesprochen, was Wochenendpläne und Urlaub und all so etwas angeht, das war prima).
Daheim verzichtete ich dann allerdings auf den Absacker, weil mein Kopf so ganz leicht zu schmerzen begann und ich den nächsten Tag nicht mit Kater verbringen wollte. Auch die Nachrichten ließen wir bleiben (da rege ich mich sonst nur auf), stattdessen zwei Folgen bei der Bochumer Feuerwehr. Es gibt ja nichts Entspannenderes, als den Häusern anderer Leute beim Abbrennen zuzuschauen.