Eigentlich ganz gute Nacht, um halb sechs vorbei (aber nicht unausgeschlafen). Die zusätzliche halbe Stunde im warmen Bett nahm ich dankbar an (alte, schmerzende Knochen und so – momentan wieder merkwürdig in der rechten Nierengegend), die beiden Kater ließen mich netterweise gewähren. Während Katzenmaintenance und Küchenrunde der erste Blick aufs Handy, wo der Guardian etwas eskaliert war – aber es waren nur Nachrichten zu den ersten Auszählergebnissen in diversen US-Staaten, weder war etwas Außergewöhnliches passiert noch gab es schon aussagekräftige Resultate der US-Wahl. Ich legte das Handy erst einmal wieder weg. (Ganz ehrlich, ich lasse mich ja vom Guardian gern informieren und habe schon über die Push-Nachrichten einige wichtige Sachen schnell erfahren, aber etwas weniger kleinschrittig in ihren Updates wäre kein Fehler.)
Der Liebste ging früh aus dem Haus, ich machte mir ein schnelles Müsli (bei Müsli nur für mich allein zurzeit immer mit etwas Tonkabohne, sehr gut) und war ab acht auf der Yogamatte. Gutes Üben, das meinen zahlreichen Verspannungen ausgesprochen guttat, und ich war sehr froh, dass ich alles ganz okay hinbekam.
Sehr lustiger Moment: Magi war schon vor mir ins Schlafzimmer gekommen und hatte sich auf dem Bett schlafen gelegt, hatte mich zwar beim Reinkommen und Matte-Ausrollen wahrgenommen, sich davon aber nicht stören lassen. Wir hatten eine etwas längere Übe-Sequenz auf dem Boden, wo ich vom Bett aus nicht mehr zu sehen war, und als ich mich dann wieder aufsetzte und mein Kopf damit über der Bettkante auftauchte, erschrak Magi extrem und starrte mich mit aufgerissenen Augen an – „oh Gott, da ist jemand!“ – offensichtlich hatte er vergessen, dass ich da war. Die Quatschnase. Nun war er auf jeden Fall wach und legte sich die letzte Viertelstunde auf die Matte, sodass ich um hin herum üben musste. Ich sollte nur ja nicht auf den Gedanken kommen, ihm nicht sofort nach dem Üben etwas zu fressen zu geben. Was ich dann auch pflichtschuldigst tat.
Nach dem Üben und der Katzenfütterung in Ruhe ins Bad, ab zehn am Schreibtisch. Dort eine schnelle E-Mail-Runde, dann ignorierte ich für eine Weile Mails und Handy und alles und arbeitete konzentriert Zeugs ab, dazu etwas Unterrichtsvorbereitung. Sodass ich erst um elf den Guardian wieder wahrnahm, der geschrieben hatte, dass Georgia und Pennsylvania umgekippt waren. Und um halb zwölf dann die endgültige Gewissheit: Die USA haben, in vollem Bewusstsein, mit wem sie es zu tun bekommen, zum zweiten Mal eine katastrophale Wahlentscheidung getroffen. Und dazu gleich noch den Senat in republikanische Hand gegeben. Unfassbar. Wie es der Guardian schrieb: Zum ersten Mal wird ein verurteilter Verbrecher amerikanischer Präsident.
Ich war erst einmal wie vor den Kopf gestoßen. Zwar hatte ich etwas in der Richtung befürchtet, aber nicht in diesem Ausmaß, nicht in diesem Erdrutsch. Ganz, ganz schlimme Nachrichten für die ganze Welt, für die globale Sicherheit, für den Klimaschutz, für die Ukraine, für Europa.
Ich schrieb erst einmal ein bisschen mit dem Liebsten und arbeitete dann weiter (half ja nichts). Um eins Mittagspause mit den restlichen Krautnudeln, ein bisschen Handygedaddel, ein bisschen Chatnachrichten und Zeugs, Katzenmaintenance, Haushaltszeug (Wäsche wegräumen, Spülmaschine ausräumen, Gemüsekiste verräumen und Salat waschen – ziemlich verlaust und sehr klein, wir werden ab jetzt wohl wieder vom „normalen“ Salat auf die Wintersorten umsteigen). Um kurz nach zwei dann aus dem Haus in die Arztpraxis, wo ich einen Termin zur Grippeimpfung hatte. (…Covid brauche ich nach der Infektion im Oktober jetzt wohl eher nicht mehr für diese Saison.)
Alles gut mit der Impfung, mal abgesehen davon, dass ich Depp meine Maske vergessen hatte, was in der Erkältungszeit natürlich eine super Idee ist (auch sonst trug niemand eine, also niemand von den Patient:innen, alles Deppen). Impfung in den rechten Arm, für mich als Linkshänderin prima, ging schnell und quasi nicht zu spüren. Ich bekam den Rat, mich zwei Tage zu schonen, Sport erst ab Samstag wieder (nur halt nicht gerade Tennis mit dem Impfarm oder so – war ja aber sowieso nicht der linke, und überhaupt spiele ich kein Tennis). Dann blätterte die nette Ärztin noch meinen Impfpass durch, lobte mich für den gut ausgefüllten Pass (scheckheftgepflegt sozusagen) und empfahl mir, mich in den nächsten Monaten mal um eine FSME-Impfung zu kümmern. Das hatte ich sowieso schon länger auf dem Schirm gehabt, mal sehen, wann ich das einbauen kann.
Direkt von der Arztpraxis ins Büro, ab drei war ich am Arbeitsplatz. Dort ein bisschen administrativen Kram und ein netter Einzelunterricht, anschließend kurzer Austausch mit dem Chef und Räume aufbauen für kommende Termine. Letzte wichtige Sachen abhaken, nach Hause um sieben (niedrige einstellige Temperaturen). Durch den Impftermin und die dadurch resultierende längere Mittagspause tatsächlich mal ein Tag mit Minusstunden.
Der Liebste war daheim mit der Lichtwecker-Update-Bastelei beschäftigt, deshalb gemeinsames Kochen: „Lemony Chickpeas“ aus dem September-VF&L-Heft, mit gedünsteten Pilzen und Orzo. Wir waren beide ein bisschen geknickt und hatten ÜBERHAUPT keine Lust darauf, einen orangefarbenen Lügner und Verbrecher grinsend und jubelnd über den Kanal flimmern zu sehen, deshalb ließen wir die Nachrichten komplett aus (…verpassten so die Topmeldung über die Implosion der Regierung – das schaffte es nicht in die Pushnachrichten des Guardian). Stattdessen einfach eine Runde Blaulichtdrama (aktuell immer noch Notaufnahme Samstagnacht auf DMAX, wir haben mittlerweile ungefähr die Hälfte), und ordentlich früh ins Bett.