Die Zahl der gelesenen Bücher im vergangenen Jahr betrug… (Trommelwirbel) …14 Stück. Unfassbar. VIERZEHN! Zum Vergleich: 2020, das Jahr, das ich zu nicht unbeträchtlichen Teilen mit Fieberschüben verbrachte und in dem ich, als ich wieder einigermaßen geradeaus denken konnte, den Rückstand von drei Monaten Online- und Home Office-Arbeit aufholen musste, gelang es mir dennoch, 33 Bücher zu lesen. 2019 waren es 47 Bücher, inklusive Sabbatical und allem. Und in diesem Jahr, trotz weitestgehender Gesundheit und 80% Home Office-Arbeit: 14 Bücher.
Das ganze Dilemma zeigt sich gleich zu Jahresanfang, denn für das erste Buch brauchte ich unglaubliche zwei Monate. Und so ging es weiter, es gab neben den 14 gelesenen natürlich noch eine ganze Reihe gestarteter und abgebrochener Bücher – keine Muse, keine Konzentrationsfähigkeit, keine Möglichkeit, mich auf das Buch richtig einzulassen. Es fiel mir extrem schwer zu lesen in diesem Jahr. Ein wenig habe ich die Sorge, ob das Corona-Spätfolgen sein könnten (ich finde es generell schwer, mich zu konzentrieren, und ich bin definitiv auch vergesslicher geworden). Aber vermutlich ist es einfach das Alter. (Und das Blogschreiben mag auch etwas damit zu tun haben, der Tag hat schließlich nur 24 Stunden.)
Wie auch immer, da es nur so wenige Bücher sind, passen sie alle in einen Blogeintrag:
Carl Sagan: The Demon-Haunted World (3/5)
Gleich das erste Buch, in das ich große Erwartungen hatte, und das es mir dann schwer machte. Natürlich ist es einerseits ein Klassiker der wissenschaftsphilosophischen Literatur, aber es hat einfach unglaubliche Längen. Sagan schrieb an dem Buch zehn Jahre, und das merkt man. Einige Kapitel darin sind es aber absolut wert, von jedem gelesen zu werden, allen voran das zwölfte (The fine art of baloney dctection – es sollte Pflichtlektüre in jeder Schule sein).
Cheryl Strayed: Der große Trip (4/5)
Ein Wanderbuch, ein Selbstfindungsbuch – zum Glück hielt sich das Selbstfindungsgedöns in Grenzen, sonst hätte es mich genervt. So habe ich es gern gelesen und wieder ordentlich Lust auf längere Wandertouren bekommen. Nicht ganz überzeugt von der Übersetzung, auf Englisch hätte es mir vermutlich besser gefallen, deshalb keine volle Punktzahl.
Mai Thi Nguyen Kim: die kleinste gemeinsame Wirklichkeit (5/5)
Das nächste naturwissenschaftliche Sachbuch, es kommen noch ein paar. Wenn man Mai Thi auf YouTube folgt, dann kennt man einige der Themen schon – das Buch ist so eine Art best of der Videos. Sehr klar und locker geschrieben und ein Buch, das man vermutlich mehrmals in die Hand nimmt, wenn einem irgendwelcher Quatsch über den Weg läuft („Videospiele verursachen Amokläufe“ und ähnliche Dauerbrenner).
Nicola Kuhrt et al: Faktencheck Impfen (3/5)
Eigentlich ist meine Bewertung etwas unfair, denn ich war vermutlich nicht die Zielgruppe – ich weiß zu dem Thema einfach schon so viel, so dass das Buch für mich nicht wirklich etwas Neues bereit hielt. Das macht es aber nicht schlecht, es ist schön kompakt und sehr aktuell.
Tana French: The Searcher (5/5)
Bis jetzt noch von keinem Tana French-Roman enttäuscht worden, und auch hier wieder: Die Figuren begleiten mich, die Geschichte trifft ins Herz, die Emotionen bleiben noch tagelang, nachdem man es zu Ende gelesen hat. Große Kunst.
John Kampfner: Why the Germans Do it Better (4,5/5)
Insgesamt auf jeden Fall eine Empfehlung, eine schöne Mischung aus persönlichem Erfahrungsbericht und Zeitgeschichte, Zeitzeuge und Historiograph in einem – was natürlich methodisch ein No-Go darstellt und jeder Historikerin die Schuhe ausziehen müsste. Aber das Buch will kein historisches Fachbuch sein, es ist bewusst subjektiv geschrieben, hat einen freundlichen Blick auf Deutschland und einen desillusionierten Blick auf das englische Heimatland. Nur die Merkel-Verliebtheit nervt ein bisschen.
Sophie Passmann: Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch (3/5)
Eine Sammlung von locker-flockig geschriebenen Interviewzusammenfassungen mit männlichen Personen der aktuellen deutschen Kultur- und Medienlandschaft. Es liest sich prima, ist phasenweise wirklich lustig – aber irgendwie schleicht sich das Gefühl ein, dass außer ein bisschen haha nicht wirklich viel gedankliche Substanz dahinter steckt. Da wäre feministisch mehr rauszuholen gewesen, mehr kritisches Analysieren und Hinterfragen.
Nick Hornby: Just Like You (5/5)
Große Empfehlung, hat deshalb einen eigenen Blogeintrag bekommen.
Michael Butter: „Nichts ist, wie es scheint.“ Über Verschwörungstheorien (5/5)
Seit ich im November bei Michael Butter auf einem Vortrag war, bin ich ein bisschen „Fan“, wenn man von einem Kulturhistoriker (bzw. seiner Arbeit) Fan sein kann. Einfach der wichtigste Experte zum Thema, und er hat es auch noch geschafft, ein wirklich verständliches Buch zum Thema auf den Markt zu bringen, das sich in einem Rutsch wegliest, ohne oberflächlich zu sein.
Mai Thi Nguyen-Kim: Komisch, alles chemisch! (5/5)
Macht so viel Spaß wie ein Chemiebaukasten, den ich als Kind nie geschenkt bekam (aber der Nachbarsjunge hatte). Etwas wilde Zusammenstellung chemischer Fun Facts, aber war einfach spannend zu lesen.
Brigitte Harries: Warum lässt mein Hund mich nicht aufs Sofa? (5/5)
Nachdem ich mich so schwer tat, mich auf ein neues Buch (und ein neues Thema…) einzulassen, hier also ein altbekanntes aus dem Hundebuchregal. So gesehen müsste es hier gar nicht auftauchen, tut es aber trotzdem, denn ich habe es gern gelesen, Brigitte Harries schreibt einfach prima und diese Sammlung ihrer Ratgeberkolumnen ist auch nett zu lesen, wenn man selbst keinen Hund hat.
Brigitte Harries: Ich habe ihnen nicht immer gut getan (5/5)
Ähnlich wie beim vorherigen Buch ein Klassiker aus dem Hundebuchregal, hier die Memoiren der Hundeexpertin. Ein bisschen was für Fans, aber einfach sehr nett zu lesen. Brigitte Harries ist ein ähnlicher Jahrgang wie meine Mutter, ihre Erfahrungen stehen ein bisschen auch für diese (Nach-) Kriegsgeneration.
Elisabeth Tova Bailey: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen (5/5)
Bei diesem Buch hatte ich ein bisschen die Sorge, dass es in die vulgärphilosopische Ecke abdriftet, dem war aber nicht so, es blieb angenehm beobachtend – die Gedanken dazu kann man sich selbst machen. Ich werde auf jeden Fall Schnecken ab jetzt noch freundlicher ansehen als sowieso schon.
Volker Kutscher: Marlow (4,5/5)
Der siebte Band der Gereon Rath-Reihe. In der Reihe sind ja bei weitem nicht alle Bände gelungen, dieser aber durchaus, er machte mir großen Spaß zu lesen. Ein halber Punkt Abzug für den etwas nervigen Cliffhanger am Schluss. Liebe Güte, ich hätte mir den achten Band auch so gekauft.