Tierarztgeschichten – Sonntag 6.2.2022

Das Sonntags-„Ausschlafen“ begann damit, dass irgendjemand im Schlafzimmer nicht daran gedacht hatte, den Wecker um 6:30 Uhr auszustellen. Der Lichtwecker funktioniert ja prima, steht auf meinem Nachttisch und ist am Wochenende ausgeschaltet, bevor wir ihm aber völlig vertrauen, haben wir unseren alten Wecker noch als Backup auf der Nachttischseite des Liebsten aufgestellt. Wo er wohl am Samstag um halb sieben schon klingelte, weil die Weckerverantwortung für den alten Wecker noch nicht vollständig angenommen worden war – das hörte ich allerdings nicht, es wurde schnell genug auf Stopp gedrückt. Und natürlich klingelte er am nächsten Tag morgens dann auch um halb sieben, weil jemand zwar Stopp gedrückt, aber den Wecker dann nicht komplett ausgemacht hatte. Hurra. Kaum ist man in diesem Schlafzimmer zehn Jahre lang für den Wecker verantwortlich, schon klappt das nicht mehr, wenn man ihn abgibt. Vielleicht brauchen wir den alten Wecker sowieso bald nicht mehr, der Lichtwecker funktioniert bis jetzt prima.

Wie auch immer, wir blieben noch ein bisschen liegen und standen um zehn nach sieben auf. Der Kater saß auf dem unteren Balkon, wollte aber nicht reinkommen, sondern verschwand in den Garten. Ich ging raus und schaute mir etwas die Grashalme an, bis er schließlich miauend aus dem Gebüsch kam und mich mit etwas Überredung nach drinnen begleitete. Dort dann Fressen mit Appetit, dann zog er sich ins Schlafzimmer zurück. Die Wunde am Hals sah kein bisschen besser aus, im Gegenteil, sie nässte ordentlich und schien noch größer geworden zu sein. Die Nummer des tierärztlichen Notdienstes lag schon auf dem Tisch, immerhin mussten wir nicht groß entscheiden, ob der Tierarzt wirklich nötig ist oder nicht.

Ein großes englisches Frühstück am Morgen, ich hatte mir am Vortag noch einmal eine Avocado mitgenommen, also gab es zu Pilzen und Tofuwurst noch Avocado auf Toast. Um kurz nach neun rief der Liebste dann beim tierärztlichen Notdienst an: Die diensthabende Tierarztpraxis war im benachbarten Stadtviertel, wir konnten um 12 Uhr kommen. Wir beschäftigten uns also den restlichen Vormittag etwas mit Lesen, sortierten die Schmutzwäsche, gingen ausführlich duschen und holten um halb zwölf das Auto (einen Corsa).
Der Kater hatte den ganzen Vormittag im Schlafzimmer geschlafen, wir mussten ihn wecken und in die Box packen – was uns das durchs-Haus-Jagen ersparte, er aber überhaupt gar nicht toll fand. Immerhin hatten wir ihn so schnell eingepackt und kamen mehr als pünktlich los.

In der Tierarztpraxis bekamen wir erst einmal einen Aufnahmezettel ausgehändigt und mussten dann vor der Praxis im Freien warten, weil schon Leute drin waren. Unseren Kater in der Box nahm sie uns aber schon einmal ab, zum Glück, denn es war ziemlich stürmisch und der Wind war empfindlich kalt. Um zehn nach zwölf war der Hamster vor uns (die Ratte? Das Chinchilla?) schließlich fertig behandelt und wir durften rein.
Die Tierärztin sah sich unseren Kater sehr gründlich an (und stellte dabei fest, dass er nicht mehr so gute Zähne hatte), räumte den Abszess aus und spülte ihn dreimal gründlich durch. Die gute Nachricht war, dass er alles sehr tapfer und geduldig mitmachte und es ihm so generell auch ganz gut ging. Die schlechte, dass das Schmerzmittel und das Antibiotikum, das er von ihr per Spritze verabreicht bekam, leider nicht ausreichte – die nächsten Tage müssen wir zweimal täglich beides verabreichen (eines als Flüssigkeit ins Maul, das andere als Tablette, super). Wenn man mit einrechnet, wie sehr ihn (und mich!) solche Zwangsmaßnahmen stressen, wie schwierig Tablettengaben bei Katzen generell sind und wie wenig Zeit ich in den nächsten Wochen habe, dann wird das bestimmt ganz toll.

Auf jeden Fall hatten wir es überstanden und konnten mit unserem armen Tier wieder heim. Während der Liebste das Auto wegbrachte, präparierte ich für den Kater das Schlafzimmer (die Wunde sabberte noch ziemlich, deshalb legte ich eine Katzendecke und zwei Handtücher aus). Der Kater begann währenddessen in der Box Rabatz zu machen und wollte dann überhaupt nicht im Schlafzimmer bleiben, sondern raste nach unten. Wir hatten nur als Tipp bekommen, das Tier lieber noch einen Tag drin zu lassen, solang er nicht fit war – deshalb hatte ich die Klappe unten zu gemacht. Das versetzte ihn aber erst recht in Stress, mit weit aufgerissenem Maul rannte er durch die Wohnung und kam gar nicht mehr zur Ruhe. Schließlich ließ der Liebste ihn in den Garten, wo er unter dem alten Ziegenstall verschwand.

Mittlerweile war es halb zwei und wir hatten nach dem riesigen Frühstück wieder etwas Hunger. Wir machten etwas Nudeln mit Pesto und dazu einen Chicoréesalat. Dann etwas Sofazeit mit Laptop, nur unterbrochen davon, dass der Liebste und ich abwechselnd in den Garten gingen und nach dem Kater schauten, der auch immer gleich angerannt kam und uns begrüßte, auch Köpfchen gab und freundlich war, aber vom Reinkommen wenig hielt. Er lief zwar mehrfach mit ins Haus und fraß zwei Häppchen, wollte aber gleich wieder raus (die Klappe hatten wir mittlerweile wieder aufgemacht). Dazu hatte der Wind sich zu richtig stürmischem Wetter ausgewachsen, es regnete, ständig klapperte irgendwo irgendetwas… als ich ihn einmal so weit hergelockt hatte, dass er schon auf der Terrasse stand und quasi bereit war, durch die Tür zu gehen, wehte eine Windbö eine Plastik-Gießkanne mit viel Gepolter von ihrer Befestigung an der Wand… und schon verschwand er wieder wie der Blitz unter dem Ziegenstall.

Um fünf hatte ich ein Treffen mit ein paar Kolleginnen, zum Quatschen und ein paar Dinge besprechen und überhaupt – eigentlich hatten wir das gemütlich mit Tee und Keksen bei einer Kollegin daheim machen wollen, aber die Infektionszahlen sprechen eindeutig dagegen und außerdem ist die besagte Kollegin tatsächlich momentan in Quarantäne, es wäre bei ihr also sowieso nicht gegangen. Wir hatten uns also zu einem Zoom-Schnack verabredet, was natürlich überhaupt nicht das Gleiche ist, aber trotzdem besser als nichts. Ich verschwand also in meinem Arbeitszimmer vor dem Rechner und kam nach zwei Stunden wieder heraus.

Der Liebste hatte mittlerweile mit Kochen angefangen. Irgendwie war er den ganzen Tag schon genervt und gestresst und hatte neben dem ganzen Katergedöns auch noch am Nachmittag festgestellt, dass irgendetwas mit seinem Ebay-Account falsch war, die Daten stimmten nicht mehr und seine Historie war weg – wenigstens bekam der Telefonsupport von Ebay das für ihn wieder hin.
Ich ließ ihn auf jeden Fall weiter kochen und putzte währenddessen das obere Stockwerk einmal gründlich durch. Eine Maschine Wäsche hatte der Liebste auch schon gewaschen und das Erdgeschoss durchgefegt, damit waren wir mit dem Haushalt einigermaßen „fertig“ und ließen den Rest sein. Dann Abendessen (panierter Tofu und Brokkoli mit einer Erdnuss-Tahin-Sauce und Ofenkartoffeln, danach eine Riesenportion selbst gemachter Schokopudding), dazu ein bisschen versnobte Engländer.
Der Kater kam endlich von selbst aus dem Garten wieder rein und wurde wieder zutraulich: Kam aufs Sofa, ließ sich streicheln, schnurrte und legte sich schließlich zu uns. Er wollte nur nicht mit hoch, als wir schließlich ins Bett gingen, sondern verschwand nach draußen in den Regen. Ich hoffe mal, er ist schlau genug und geht dem Wasser und sonstigem Stress aus dem Weg.